International
Afrika

Massenprotest in Tunesien – politische Krise spitzt sich zu

Massenprotest in Tunesien – politische Krise spitzt sich zu

27.02.2021, 16:4828.02.2021, 13:25
epa09023875 Employees of the Tunisian national airline Tunisair shout anti-government slogans during a rally to protest after freezing Tunisair accounts over a debt dispute with a Turkish airline comp ...
Bild: keystone

Massenhaft Anhänger der stärksten Partei Tunesiens haben sich am Samstag in Tunis zu einem der grössten Proteste seit Jahren versammelt. Laut Augenzeugen zogen Tausende Anhänger der islamisch-konservativen Ennahda aus verschiedenen Teilen des Landes durch die Hauptstadt. Sie forderten «nationale Einheit» und «politische Stabilität», wie die Staatsagentur TAP berichtete. Die Partei hatte für Samstag zum «Marsch zur Verteidigung demokratischer Institutionen» aufgerufen. Die Proteste blieben zunächst friedlich.

Hintergrund des Protests ist eine sich zuspitzende politische Krise in dem kleinen Mittelmeerland. Präsident Kais Saied weigert sich dabei, einer von Ministerpräsident Hichem Mechichi vorgeschlagenen Umbildung des Kabinetts zuzustimmen. Das Parlament hat diese bereits abgesegnet. Der Konflikt lähmt die Regierung, die neben der Corona-Pandemie auch mit einer schweren Wirtschaftskrise ringt.

Das tunesische Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte 2020 um schätzungsweise 8,2 Prozent – nach Angaben des Internationalen Währungsfonds der stärkste Abschwung seit der Unabhängigkeit Tunesiens im Jahr 1956. Die Arbeitslosigkeit lag im letzten Quartal des vergangenen Jahres bei rund 17 Prozent.

In vergangenen Wochen war es in Tunesien bereits zu mehreren Protesten gegen die Regierung gekommen, die sich unter anderem gegen Korruption und Polizeigewalt richteten. Dabei wurden dem Innenministerium zufolge Hunderte Menschen festgenommen. Tunesien hat als einziges Land der arabischen Welt nach den Aufständen von 2011 den Übergang in die Demokratie geschafft. Es kämpft aber weiter mit schweren wirtschaftlichen Problemen und sozialen Unruhen.

Mit dem Marsch vom Samstag scheint die Ennahda-Partei ihre Macht demonstrieren und Mechichi stärken zu wollen. Tunesien habe über mehrere Monate «unverantwortliches Verhalten» erlebt, das den «demokratischen Prozess stören» solle, schrieb die Partei in ihrem Aufruf zum Marsch am Samstag. In der Bevölkerung sei eine «Atmosphäre von Zweifel und Unsicherheit» mit Blick auf staatliche Einrichtungen entstanden. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Anschlag in Sousse, Tunesien
1 / 11
Anschlag in Sousse, Tunesien
Zwei Hotels in der tunesischen Stadt Sousse sind am Freitag Ziel eines Anschlags geworden.
quelle: amine ben aziza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Menschenschmuggel zwischen Tunesien und Sizilien aufgeflogen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Israel und Hamas einigen sich auf Freilassung der Geiseln – das Wichtigste in 6 Punkten
Im Ringen um eine Beilegung des Gaza-Kriegs haben sich Israel und die islamistische Hamas in indirekten Verhandlungen auf erste wichtige Punkte geeinigt. Demnach werden die in den Gazastreifen verschleppten Geiseln freigelassen und Israel wird seine Truppen auf eine vereinbarte Linie zurückziehen, wie US-Präsident Donald Trump für die Vereinigten Staaten als Vermittlerland auf seiner Plattform Truth Social bekannt gab. «Alle Parteien werden fair behandelt», schrieb er dort.
Zur Story