«Ich werde morgen mein kleines Ding abziehen. Sie und meine politischen Gegner können ihren Spass haben», so reagierte Donald Trump auf die Nachricht, dass der Supreme Court die Verkündigung des Strafmasses nicht verhindern würde. Zur Erinnerung: Der wiedergewählte Präsident wurde von einem Gericht in Manhattan in 34 Punkten für schuldig befunden und ist seither ein ordentlich verurteilter Straftäter.
Für einmal hat der wiedergewählte Präsident die Wahrheit gesagt. Anders als alle anderen verurteilten Straftäter musste Trump nicht einmal persönlich zur Verkündung des Strafmasses nach New York reisen. Er erfuhr es im Beisein seiner Anwälte per Zoom in seiner Residenz in Florida. Der Trip nach New York hätte sich auch nicht gelohnt. Trump ist, wie erwartet, mit einer symbolischen Strafe davongekommen. Er muss einzig mit der Tatsache leben, dass er der erste US-Präsident ist, der strafrechtlich verurteilt wurde.
Trump weiss, dass ihm der Zirkus um diese Verurteilung und das Strafmass politisch nur nützen kann. In den Augen seiner Anhänger und auch eines guten Teils der unabhängigen Wählerinnen und Wähler war seine Verurteilung ohnehin bloss «lawfare», will heissen, eine rein politisch motivierte Angelegenheit.
Das gilt insbesondere im Fall von Manhattan. Trump bestreitet zwar nach wie vor, dass er Sex mit dem Pornostar Stormy Daniels hatte. Kaum jemand zweifelt daran, doch ein Verbrechen vermag die MAGA-Meute in den Schweigegeld-Zahlungen nicht zu erkennen, obwohl Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen für das gleiche Vergehen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde und stets erklärt hatte, im Wissen und im Auftrag von Trump gehandelt zu haben.
Schuld und Sühne sind für Trump ohnehin inhaltslose Begriffe. Sein Erfolgsrezept besteht im Gegenteil darin, dass er sich nie um Moral kümmert. Er gilt als «transaktional», will heissen, er tut stets genau das, was ihm im Hier und Jetzt nützt und kümmert sich keinen Deut um sein Geschwätz von gestern.
Diese Eigenschaft ermöglicht es Trump, «gleichzeitig mehrere widersprüchliche Dinge in seinem Umfeld zu managen und es allen recht zu machen, seien es evangelische Zionisten oder muslimische Anti-Zionisten; seien es konservative Juden oder konservative antisemitische Nationalisten, seien es gläubige Christen oder Libertäre, seien es Tech-Oligarchen aus dem Silicon Valley oder Gewerkschaftsmitglieder», stellt Yair Rosenberg in der Zeitschrift «The Atlantic» fest.
Für Trump sind daher Urteil und Strafmass etwas, was seine Anwälte in der Berufung regeln werden und was ihn nicht mehr weiter zu kümmern braucht. Zudem kann er sich darüber freuen, dass vier der neun obersten Richter seiner Einsprache gefolgt sind. Einer davon, Samuel Alito, hat vor dem Urteil gar mit ihm telefoniert und dabei einmal mehr bewiesen, dass seine Korruption keine Grenzen kennt.
Für den Supreme Court hat sich mit diesem Urteil eine günstige Gelegenheit ergeben, zumindest den Schein von politischer Unabhängigkeit zu wahren. Im Wissen darum, dass Trump ohnehin nichts zu befürchten hatte, konnte es ihm diesmal seine Wünsche abschlagen und damit ein bisschen Schadenkontrolle für das Skandal-Urteil in Sachen präsidialer Immunität leisten.
Zur Erinnerung: Im vergangenen Juli hatten die obersten Richter geurteilt, dass der Präsident für seine Handlungen im Amt niemals zur Rechenschaft gezogen werden kann, selbst wenn diese Handlungen gegen das Gesetz verstossen.
Ärgern dürfte sich Trump hingegen über ein Urteil eines Berufungsgerichtes in Atlanta. Dieses hat ein Urteil von Aileen Canon, einer extrem Trump-freundlichen Richterin in Florida, aufgehoben. Diese hatte entschieden, dass der Bericht des Sonderermittlers Jack Smith nicht veröffentlicht werden darf. Dieses Skandal-Urteil ist jetzt teilweise aufgehoben worden. Zumindest der Bericht über Trumps Rolle beim Sturm aufs Kapitol vom 6. Januar 2021 sollte in den nächsten Tagen das Licht der Öffentlichkeit erblicken.
In diesen Tagen ist man mit wenig zufrieden.
Ja, er kann sich alles erlauben, das hat er schon vor Jahren erkannt und herausposaunt.
Eine Bankrotterklärung des US-Rechtssystems.
Das ist sehr beängstigend.
Trump hat also recht, er könnte jemanden auf der Fifth Avenue erschiessen und würde keine Wähler verlieren...