«Trumps Siegeswochen»: So hat der rechtskonservative Sender FOX News die vergangenen Monate bezeichnet. Als wichtiger Meilenstein gilt dabei die Verabschiedung von Trumps «Big Beautiful Bill». Der US-Kongress hat das riesige Gesetzespaket pünktlich zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli angenommen, ganz nach Trumps Wunsch.
Für den US-Präsidenten läuft es also gerade richtig gut. Könnte man meinen. Doch offenbar gibt es Risse in der Fassade, dunkle Wolken über der scheinbar heilen Welt der Konservativen. Mit einigen aktuellen Entscheidungen sollen Trump und seine Regierung die MAGA-Fans verstimmt haben.
Die Geschichte ist bekannt: Financier Jeffrey Epstein beging (nach offizieller Darstellung) im Jahr 2019 in einer Gefängniszelle in New York City Suizid, während er auf seinen Prozess wegen Kinderhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und wegen Verschwörung wartete.
Sein Tod ist seither Gegenstand von Verschwörungstheorien. So soll Epstein angeblich über eine Liste seiner Kunden verfügt haben, mit der er wohlhabende und mächtige Mittäter erpresst haben soll. Aus diesem Grund hätten ihn diese im Gefängnis dann auch umbringen lassen.
Besonders Rechtskonservative pochten deshalb immer wieder darauf, dass die Akten zum Fall Epstein veröffentlicht werden sollen. Und als Trump gewählt wurde und sein neues Kabinett aufstellte, sah es ganz danach aus, als würde ihr Wunsch endlich in Erfüllung gehen.
Als Trump in einem Interview gefragt wurde, ob er die Akten veröffentlichen würde, zeigte er sich dazu bereit. Auch Pam Bondi, die Leiterin des Justizministeriums, kündigte an, die Veröffentlichung zu prüfen. Und mit Kash Patel und Dan Bongino setzte Trump zwei Männer an die Spitze des FBI, die in der Vergangenheit selbst mehrmals die Narrative der Epstein-Verschwörungen teilten und gegen den «Deep State» konspirierten, unter anderem in Podcasts oder auf Social Media.
Jetzt, wo sie selbst an der Spitze dieses «Deep States» stehen, scheint aber plötzlich alles anders zu sein. Patel und Bongino, die zuvor immer Zweifel an Epsteins Selbstmord geäussert hatten, ruderten zurück. Sie hätten alle Akten durchgelesen, es gebe keine Verschwörung, heisst es nun von ihrer Seite.
In einem nicht datierten, nicht unterschriebenen Memo, das der US-Newsplattform Axios zugestellt wurde, teilten das Justizministerium und das FBI mit, dass keine weiteren Ermittlungsergebnisse oder Akten des Epstein-Falles veröffentlicht würden. Dies, um die Opfer zu schützen und weil es sich grösstenteils um Kinderpornografie handle.
Eine sogenannte «Klientenliste», die mächtige Personen belasten würde, gebe es ausserdem gar nicht. Und um alle Zweifel an einer möglichen Ermordung von Epstein auszuräumen, wurden mit dem Memo auch die Aufnahmen der Überwachungskamera vor seiner Zelle veröffentlicht.
Doch das alles überzeugt die MAGA-Basis nicht. Zu viele Widersprüche gebe es. So habe etwa Generalstaatsanwältin Pam Bondi erst vor wenigen Monaten noch gesagt, die Klientenliste von Epstein liege auf ihrem Schreibtisch und warte darauf, von ihr begutachtet zu werden.
Und auch bei den veröffentlichten Videoaufnahmen, die den Selbstmord Epsteins beweisen sollen, gibt es eine Auffälligkeit: In dem über zehn Stunden langen Überwachungsfeed scheint um Mitternacht eine Minute herausgeschnitten worden zu sein.
Mittlerweile sagte Bondi, die Epstein-Akten als Ganzes hätten auf ihrem Tisch gelegen – sie habe damit nicht spezifisch die vermeintliche Klientenliste gemeint. Und zur verlorenen Minute auf den Videoaufnahmen sagt sie: Diese sei entstanden, weil um Mitternacht die Aufnahmen zurückgesetzt würden. Das sei bei den Aufnahmen von jeder Nacht so.
Nichtsdestoweniger stellen diese Erklärungen die konservative Community der USA nicht zufrieden. Die Comedians «Hodgetwins» etwa fordern Trump auf Social Media dazu auf, Generalstaatsanwältin Bondi zu feuern. Die rechtskonservative Aktivistin und Influencerin Laura Loomer verlangt dasselbe. Und Alex Jones, einer der einflussreichsten Verschwörungstheoretiker und Betreiber der Plattform «InfoWars», schrieb in einem Post auf der Plattform X sarkastisch:
Trump scheint die ganze Angelegenheit mittlerweile selbst unangenehm zu werden. Als er kürzlich bei einer Kabinettssitzung im Weissen Haus von einem Journalisten auf die Causa Epstein angesprochen wurde, platzte ihm der Kragen.
Die Debatte rund um die Epstein-Files ist nicht die einzige «Baustelle» in der MAGA-Sphere. Vor Kurzem hatte das Weisse Haus bekannt gegeben, dass das Pentagon keine weiteren Waffen und Munition mehr an die Ukraine liefern würde, um diese bei der Verteidigung gegen den Aggressor Russland zu unterstützen. Dies stiess in der MAGA-Welt auf Anklang.
Viele Trump-Anhängerinnen und -Anhänger verlangen eine Politik des Anti-Interventionismus – ganz im Sinne von «America First». Das heisst: keine fremden Kriege. Ein grosser Teil der MAGA-Bewegung sah Trumps Angriff auf den Iran deshalb sehr kritisch. Dass er dann aber verkündete, die Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen, stiess auf Zuspruch, wie etwa dieser Post des rechten Influencers Jack Posobiec auf der Plattform X zeigt:
America FIRST https://t.co/wFr301YA0l
— Jack Poso 🇺🇸 (@JackPosobiec) July 1, 2025
Am Dienstag vollzog Trump nun aber erneut eine komplette Kehrtwende. Plötzlich verschärfte er seine Kritik an Russlands Angriffskrieg und bekräftigte seine Pläne, weitere Waffen an die Ukraine zu liefern. Die Entscheidung kommt bei der MAGA-Basis nicht gut an. Das deutet zumindest eine Umfrage, ebenfalls von Jack Posobiec, an:
MAGA Poll:
— Jack Poso 🇺🇸 (@JackPosobiec) July 8, 2025
Do you support the US sending more weapons to Ukraine?
Zuletzt hat auch Trumps Entscheidung, die Abschiebung von Migranten zu vermeiden, die auf Bauernhöfen, in Hotels und möglicherweise auch in anderen Branchen arbeiten, prominente MAGA-Stimmen alarmiert.
Der US-Präsident hatte zuvor angekündigt, dass derzeit Gesetze ausgearbeitet würden, um einige Migranten davor zu schützen, bei den Razzien gegen illegale Einwanderer «rausgeworfen» zu werden.
Er räumte dabei ein, dass «ernsthafte Rechtsradikale» in seiner politischen Basis «vielleicht nicht ganz so glücklich» über diese Entscheidung seien, dass er aber glaube, dass sie letztlich Verständnis dafür haben würden.
Diese Äusserungen führten zu heftigen Reaktionen von MAGA-Persönlichkeiten wie etwa Steve Bannon. Trumps ehemaliger Wahlkampfstratege und Berater im Weissen Haus äusserte auf X seinen Unmut und warnte davor, illegalen Immigranten egal welcher Art eine «Amnestie» zu gewähren.
Ben Bergquam: “Illegal Aliens Have Infiltrated Everything And The Only People That Want Them To Stay Here Are People That Abuse Them For Cheap Labor" @BenBergquam pic.twitter.com/wP3meLSrzH
— Bannon’s WarRoom (@Bannons_WarRoom) July 7, 2025
Als Trump von einem Journalisten damit konfrontiert wurde, relativierte er: «Es wird keine Amnestie geben. Was wir tun, ist, Kriminelle loszuwerden. Aber wir führen ein Arbeitsprogramm durch.» Laut Quellen der Washington Post stand der Präsident in letzter Zeit wegen der Situation der Wanderarbeiter unter anhaltendem Druck von Wahlkampfspendern.
Er erhalte viele Anrufe von wohlhabenden Branchenführern und Bekannten, die sich Sorgen darüber machten, ob sie ihre Arbeiter behalten können. Nachdem sein Gesetzespaket, die «Big Beautiful Bill», nun verabschiedet worden sei, sei es an der Zeit, die Politik in Bezug auf Abschiebungen zu mässigen und sicherzustellen, dass Unternehmen, die auf Arbeitsmigranten angewiesen sind, weiterhin funktionieren können, fordern sie.
Eine anonyme Person aus der MAGA-Community sagte gegenüber der Washington Post, Trump werde bald feststellen, dass «es keine wirkliche Möglichkeit gibt, diesen Spagat zu schaffen» und beide Seiten zufriedenzustellen. Es sei eine existenzielle Bedrohung für die Koalition. Wenn man eine Amnestie auch nur ansatzweise ins Spiel bringen würde, egal unter welchem Namen, würde die Basis revoltieren.
Von offizieller Seite will man von einem ernsthaften Konflikt innerhalb der MAGA-Welt aber nichts wissen. Abigail Jackson, eine Sprecherin des Weissen Hauses, sagte, dass Trump «bei der republikanischen Basis beliebter ist als jeder andere Republikaner zu diesem Zeitpunkt seiner Amtszeit».
Kaum zu fassen, dass es immer noch Popcorn auf dem Planeten gibt.
Ich wette bald Geld darauf, dass Trump während seiner Amtszeit irgendetwas passiert, was von einem von ihm gezüchteten MAGA-Spross ausgehen wird...
Das Einzige, was helfen würde, wäre eine Verschwörungstheorie gegen Trump aufzustellen und zu verbreiten. Die Wahrheit wird seine Jünger nicht vom Glauben abbringen.