Polizeihubschrauber kreisen in der Luft, geschlossene U-Bahn-Stationen, gesperrte Hauptverkehrsachsen: Die 3.2 Millionen Madrilenen taten gut daran, sich den Rat der Stadtverwaltung zu Herzen zu nehmen und diesen Mittwoch und Donnerstag lieber von zu Hause zu arbeiten. Denn nach dem Corona-Lockdown des vergangen Jahres wird die spanische Hauptstadt nun von der Nato lahmgelegt.
>> aktuelle Entwicklungen in der Ukraine im Liveticker
Unter den wachsamen Augen von über 10'000 Sicherheitskräften trafen sich die 30 Nato-Staats- und Regierungschefs mit US-Präsident Joe Biden an ihrer Spitze auf einem zur Hochsicherheits-Festung umfunktionierten Messegelände.
Polizisten, Panzerfahrzeuge, Personenkontrollen - keine Frage: Die Nato beherrscht den martialischen Auftritt. Sicherheit ist ihr Geschäft. Um das Gipfel-Areal zu erreichen, mussten die über 1000 akkreditierten Journalisten denn auch unzählige Schleusen und Checks überwinden.
Drinnen hingegen herrschte hingegen emsiges Gewusel. Alle wollten wissen: Wie reagiert die mächtigste Verteidigungsallianz der Welt auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine? Die Forderung der Klitschko-Brüder Vitali und Wladimir, die inoffiziellen Gesandten des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj, war jedenfalls klar: Offensivwaffen, Defensivwaffen, die Ukraine brauche jetzt alles, was ihr der Westen irgendwie zur Verfügung stellen kann, so die ehemaligen Boxchampions.
Wladimir Putin, den die Klitschkos geradeaus einen «Terroristen» nannten, begehe in der Ukraine Völkermord. «Wacht auf, ihr werdet die nächsten sein», mahnte das Brüderpaar, bevor es so schnell wieder aus dem Pressesaal verschwindet, wie es aufgetaucht war.
Bei den Staats- und Regierungschefs schien der Weckruf angekommen zu sein. Nach der Sinnkrise der vergangenen Jahre und einem US-Präsidenten Donald Trump, der die Allianz bloss als Kostenfaktor sah, erlebt die Nato gerade ihre Wiedergeburt.
Ironischerweise ist es Russlands Präsident Wladimir Putin, der die Nato aus Ost-Europa herausdrängen wollte und sie stattdessen nun zum grossen Schulterschluss bewegt. Russland wird in der neu verabschiedeten Nato-Strategie als der «wichtigste und direkteste» Gegner für die Sicherheit der Bündnismitglieder benannt. Vorbei das Tauwetter der 1990er und 2000er Jahre, als Moskau noch als Nato-Partner gesehen und sogar zu Gipfeltreffen eingeladen wurde.
Putin hat es auch fertiggebracht, dass mit den bislang neutralen Staaten Schweden und Finnland jetzt zwei neue, kampfstarke Mitglieder der Nato beitreten wollen und die Allianz ihr Machtgebiet dadurch im Ostseeraum ausweiten wird. Der Widerstand durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wurde unter Vermittlung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kurz vor dem Gipfel abgeräumt.
«Putin wollte die Finnlandisierung von Europa. Jetzt kriegt er die Natoisierung Europas», bilanzierte US-Präsident Joe Biden.
Ohnehin hielt sich Biden nicht mit weitreichende Ankündigungen zum US-Engagement in Europa zurück. Die mittlerweile rund 100'000 in Europa stationierten US-Truppen werden weiter aufgestockt. In Polen wollen die USA ein neues Hauptquartier aufschlagen, eine zusätzliche US-Brigade wird nach Rumänien verlegt, nach Grossbritannien schickt Biden zwei neue US-Geschwader an F-35 Kampfjets, der Luftabwehrschirm in Deutschland und Italien wird ausgebaut und insgesamt sechs Zerstörer in spanischen Häfen stationiert.
Und auch die europäischen Alliierten fahren ihre Anstrengungen hoch: Die in den ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts stationierten Nato-Kampftruppen sollen auf Brigade-Stärke von jeweils 3000 bis 5000 Mann anwachsen. Insgesamt will die Nato die Zahl ihrer kurzfristig mobilisierbaren Truppen von heute rund 40'000 auf über 300'000 ausbauen. Die Botschaft ist klar: Angesichts der russischen Aggression wappnet sich die Nato für das Schlimmste und geht allmählich auf Gefechtsstation.
Trotz der demonstrativen Zurschaustellung von Einheit und Entschlossenheit bleiben an diesem Madrider-Gipfel aber auch viele offene Fragen zurück. Putin hat den Westen für den Moment vielleicht zusammengeschweisst. Die internen Spannungen bleiben, zum Beispiel mit dem strategisch wichtigen, aber ebenso schwierigen Mitglied Türkei.
Laut Experten ist die Nato zudem unfähig, ihre Truppen im Ernstfall wirklich von West nach Ost zu verlegen. Es fehlt nicht nur an Logistikkräften, sondern an der nötigen Infrastruktur.
Und ob Deutschland unter Kanzler Scholz wirklich seine Versprechen einlösen und seiner Verantwortung als europäische Ordnungsmacht gerecht werden wird, bezweifeln viele. Aussenministerin Annalena Baerbock, die sich ebenfalls am Gipfel herumtrieb und Scholz mit Sätzen wie «Putin hat unser Vertrauen in die Luft gesprengt» die Show stahl, sehen manche mittlerweile als sicherer Wert an als ihren Chef.
Über allem thront aber die Angst, was passieren wird, wenn in den USA in zwei Jahren wieder Präsidentschaftswahlen anstehen. Wird Donald Trump den altersschwachen Joe Biden dann von der Macht verdrängen und die transatlantische Beziehung erneut ins Elend stürzen? Über diese Frage äussern sich hohe Nato-Diplomaten in Hintergrundgesprächen beunruhigt. Und auch Putin dürfte hoffen, dass die Nato-Wiedergeburt nur eine Auferstehung auf Zeit gewesen könnte. (aargauerzeitung.ch)
Die NATO ist nicht wiederbelebt worden, die waren immer schon da, nicht erst seit dem russischen Angriff. Wenn jetz sogar noch Schweden und Finland dazustossen, kann sich Putler darauf einstellen dass es für die nächsten 10 bis 15 Jahren Russland als Gefahr gesehen wird von den grössten Teil der Allianz.
Die Zeiten des Appeasment sind für Russland und China vorbei.
Vergessen wir nicht dass der krieg auf verschiedene Ebenen geführt wird, wirtschaftlich, militärisch wie auch ideologisch.
Jeder will der grösste sein aber echte Grösse besteht darin die Dinge zu tun welche die Welt ein Stück besser macht.
Jetzt wird die Kreativität dazu genutzt um Krieg zu führen.
Das wars Leute. Die nächsten Jahren werden sehr schwierig denke ich. Viel Glück.