Kurz nachdem Russland Ende Februar seinen Angriffskrieg auf die Ukraine startete, sperrte der Kreml die Social Media-Plattformen Facebook, Twitter und kurze Zeit später auch Instagram. Der Angriff sollte von der russischen Bevölkerung nicht als Krieg, sondern als «militärische Spezialoperation» angesehen werden.
Der Kreml wird bei dieser Verdrehung der Tatsachen durch Putin-treue Influencer unterstützt. Die scheinbar unabhängigen Reporter sind auf den verschiedensten Social Media-Kanälen unterwegs und in ganz Europa verteilt. Sie verbreiten die russische Propaganda im Netz.
Das prominenteste Sprachrohr des Kremls im deutschsprachigen Raum ist die 28-jährige Alina Lipp, die sich selbst als «Deutsch-Russische Friedensjournalistin» bezeichnet. Sie «berichtet» unter anderem aus den Städten Donezk und Mariupol und war mit dem russischen Verteidigungsministerium auf «Pressereise».
Die gelernte Nachhaltigkeitswissenschafterin betreibt ihre eigene Website, einen YouTube-Kanal und einen Account mit dem Namen «Neues aus Russland» auf Instagram – sowie einen gleichnamigen Telegram-Kanal mit rund 178’000 Mitgliedern. Dort verbreitet sie Posts und Berichte zur angeblichen Überlegenheit der russischen Truppen und False-Flag-Operationen der USA mit Massenvernichtungswaffen in der Ukraine.
Über den brutalen Raketenangriff der russischen Armee auf ein Einkaufszentrum in der Stadt Krementschuk, dem mindestens 18 Menschen zum Opfer fielen, verbreitete sie auf Telegram die Version des russischen Verteidigungsministeriums, wonach das Einkaufszentrum nicht geöffnet gewesen sein soll – und das Feuer darin durch die Detonation westlicher Waffenmunition verursacht worden sei.
Die in Norddeutschland geborene Halbrussin begann ihre Social Media-Karriere mit einem eigentlich harmlos anmutenden Youtube-Kanal «Glücklich auf der Krim». Weniger harmlos geht es auf ihrem Telegram-Kanal «Neues aus Russland» zu und her: Lipp, die im Donbass lebt und von dort aus als angeblich unabhängige Journalistin berichtet, verbreitet mit täglichen Posts, das ungefilterte Narrativ des Kremls zum Krieg in der Ukraine.
Am 12. März sprach sie in einem Video von der Befreiung der von einem «Genozid» betroffenen Regionen durch russische Truppen. Weiter verbreitet Lipp die Leseart, die Ukraine müsse «denazifiziert» werden. Denn 2014 hätten «Faschisten» das Land übernommen. Dies brachte Mitte Juni auch die Staatsanwaltschaften aus Lüneburg und Göttingen auf den Plan, welche die Ermittlungen gegen die selbst ernannte Journalistin wegen Hasskriminalität im Internet aufgenommen haben.
Lipp, ehemaliges Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, malt das Bild eines düsteren Deutschlands. Demnach würden russischstämmige Menschen gejagt wie die Juden zu Zeiten des Nationalsozialismus. Als «Deutschland-Expertin» wird sie darum regelmässig in russische Talkshows eingeladen und berichtet bei Russia Today über die «militärische Spezialoperation».
Auch der Italiener Vittorio Rangeloni (30) von Beruf eigentlich Vermessungsingenieur, verbreitet russische Propaganda direkt aus dem Donbass, wo er seit 2015 wohnt. Er behauptet, dass die ukrainische Armee ständig Zivilisten als Schutzschilder missbrauchen würde – und dass Präsident Wolodymyr Selenskyj sein eigenes Volk bombardiere.
Rangeloni ist beim Ministerium für Information der sogenannten Volksrepublik Donezk angestellt. Auf seinem Instagram-Account bezeichnet er sich als «Kriegskorrespondent». Unter den Bildern von Opfern von Raketen- und Artillerieangriffen, die er da teilt, befinden sich indes nur solche aus der «Volksrepublik Donezk».
Seine Berichte werden unter anderem bei Russia Today und auf Youtube veröffentlicht. Aus Mariupol zum Beispiel, wo er Zivilisten auf der Flucht befragt – und wobei der Eindruck entsteht, dass nicht Russland die Stadt angegriffen hat, sondern die ukrainische Armee.
Russland wird bei Rangeloni in jeglichen Berichten als der «Befreier» dargestellt. «Die Menschen haben jetzt keine Angst mehr, auf die Strasse zu gehen», schreibt er zu einem Bild von sich vor einem Gebäude, in dem sich zwei Tage vorher noch ukrainische Kämpfer verschanzt haben sollen.
Und so verbreitet Rangeloni die Botschaft, dass Nazis die Ukraine unter ihrer Kontrolle hätten.
Neben etablierten Influencern mit grosser Reichweite, nutzt der Kreml auch die Menschenmassen in sozialen Netzwerken für den Informationskrieg. Und so auch auf Tiktok, der am schnellsten wachsenden Social Media-Plattform mit weltweit mehr als 1.6 Milliarden Nutzerinnen und Nutzern.
Russian "influencers" on TikTok defend the invasion of Ukraine by giving the same exact propagandist speech as each other pic.twitter.com/dJo3lIdhT5
— Fifty Shades of Whey (@davenewworld_2) March 4, 2022
Bereits im März erschien ein Zusammenschnitt verschiedener Tiktok-Videos, in denen russische Nutzerinnen und Nutzer die russische Staatspropaganda mantraartig wiederholten: «Wir sind für Frieden, aber der Genozid an Russen im Donbass muss gestoppt werden.»
Der Glaube an einen angeblichen Genozid der russischsprachigen Bevölkerung des Donbass verbindet sie mit Alina Lipp – obschon Letztere, angesichts des Leids, das sie in der Ostukraine hautnah miterleben kann, es besser wissen müsste.
(aargauerzeitung.ch)
Ich hoffe, dass diese Propagandisten nach dem Kriegsende genauso als Kriegsverbrecher abgeurteilt werden, wie der Rest dieser Verbrecherbande im Kremel.