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Wie die Rechten sich mit Putin abmühen

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Wie die Rechten sich mit Putin abmühen

Der Krieg in der Ukraine spaltet die Konservativen.
22.02.2023, 13:5522.02.2023, 14:20
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Im Film «Und täglich grüsst das Murmeltier» befindet sich der Protagonist in einer Endlosschleife. Jeden Morgen steht er auf, nur um wieder genau das Gleiche zu erleben wie tags zuvor. Roger Köppel ist derzeit unser Murmeltier: Auch er steht jeden Morgen in aller Herrgottsfrühe auf, um uns mit seinem Video-Blog «Weltwoche daily» zu beglücken. Die ewig gleiche Botschaft, die er dort verkündet, lässt sich kurz und bündig wie folgt zusammenfassen: Wir müssen Verständnis aufbringen für Putins Krieg gegen die Ukraine.

Ob man in der SVP über Köppels aussenpolitische Eskapaden erfreut ist oder nicht, können nur Insider beurteilen. Tatsache ist, dass sich namhafte Vertreter – etwa der Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker – schon resolut dagegen ausgesprochen haben. Der stramm rechte Kolumnist Henryk Broder hat deswegen die «Weltwoche» verlassen.

Roger Koeppel, SVP-ZH, wartet vor dem Kommissionszimmer der Immunitaetskommission, am Mittwoch, 11. Mai 2022 im Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Buhlt täglich um Verständnis für Putin: Roger Köppel.Bild: keystone

Mehr Glück könnte Köppel jedoch bei unseren nördlichen und östlichen Nachbarn haben, die er neuerdings ebenfalls mit seinen Videos beglückt. Die rechtsradikalen Populisten der österreichischen FPÖ und der deutschen AfD machen aus ihrer Bewunderung für Putin schon lange keinen Hehl mehr. In Deutschland organisieren Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht eine als angebliche Friedensdemonstration verkleidete Kundgebung, in der um Verständnis für Putin geworben wird. Auch Rechtsradikale sind dabei willkommen.

Die Rechten stehen jedoch keineswegs vereinigt hinter Putin. Typisch dabei ist die Situation in Italien. Die neofaschistische Premierministerin Georgia Meloni ist soeben von einem Trip nach Kiew zurückgekehrt. Dort hat sie Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht nur die Unterstützung Italiens gegen Putin versichert, sie hat gar mit einer möglichen Lieferung von italienischen Kampfflugzeugen geflirtet.

Melonis Bündnispartner werden dies mit saurer Miene verfolgt haben. Silvio Berlusconi – schon lange mit Putin in einer Männer-Kumpanei verbunden – hat sich kürzlich verächtlich über Selenskyj ausgelassen. Das überraschte niemanden. Hingegen war erstaunlich und erfreulich zugleich, wie resolut Meloni deswegen den clownesken Greis Berlusconi in den Senkel gestellt hat.

epa10482248 Ukraine's President Volodymyr Zelensky (R) and Italian Prime Minister Giorgia Meloni (L) attend a joint press conference following their meeting in Kyiv, Ukraine, 21 February 2023. Gi ...
Auf Besuch in Kiew: Georgia Meloni.Bild: keystone

Der Dritte im rechtsradikalen Bündnis Italiens, Lega-Chef Matteo Salvini, hält sich derweil noch dezent im Hintergrund. Seine Sympathien für den russischen Präsidenten sind jedoch bekannt. Schliesslich pflegte er noch vor Kurzem in einem T-Shirt mit Putins Konterfei herumzuspazieren, und angeblich soll er auch Spenden aus Moskau angenommen haben.

Europas rechtsextreme Szene ist jedoch nicht matchentscheidend. Für das Schicksal der Ukraine weit relevanter ist, wie sich die Republikaner in den USA positionieren, denn ohne die amerikanische Hilfe stehen die Verteidiger der Ukraine bald auf verlorenem Posten.

Auch die Grand Old Party (GOP) ist gespalten. Die Mehrheit der Republikaner und auch das Parteiestablishment unterstützen Bidens Hilfe an die Ukraine, ja sie wollen sogar noch weiter gehen. Lindsey Graham, der aussenpolitisch einflussreiche Senator aus South Carolina, wirft seinem Präsidenten vor, zu wenig zu tun, und fordert ihn auf, endlich auch F-16-Kampfjets an die Ukraine zu liefern. Den gleichen Vorwurf erhebt auch der republikanische Kongressabgeordnete Mike McCaul. Er ist Vorsitzender der aussenpolitischen Kommission und hat wie Biden soeben Kiew besucht.

Rep. Marjorie Taylor Greene, R-Ga., talks with Rep. Matt Gaetz, R-Fla., in the House chamber as the House meets for the third day to elect a speaker and convene the 118th Congress in Washington, Thurs ...
Führende Köpfe der MAGA-Fraktion: Matt Gaetz und Marjorie Taylor Greene.Bild: keystone

Die sogenannte MAGA-Fraktion (Make America Great Again) innerhalb der GOP sieht dies jedoch ganz anders. Die «Fraktion der Durchgeknallten» – Marjorie Taylor Greene, Matt Gaetz, Lauren Boebert etc. – findet die US-Hilfe an die Ukraine verschwendetes Steuergeld. So quittierte etwa Greene Bidens überraschende Kiew-Visite mit folgendem Tweet: «Der Präsident der Vereinigten Staaten kümmert sich mehr um die Ukraine als um Amerika und zwingt das amerikanische Volk, für den Krieg der ukrainischen Regierung zu bezahlen.»

Angefeuert von Tucker Carlson haben sich auch andere Mitglieder der Durchgeknallten-Fraktion in gleicher Weise geäussert. Der Fox-News-Moderator ging gar so weit, Bidens Besuch in Kiew gegen ein Öko-Desaster in East Palestine auszuspielen. An diesem Ort im Bundesstaat Ohio hat sich kürzlich ein schweres Zugunglück ereignet, bei dem giftige Gase entzündet wurden. Der Präsident wäre besser nach Ohio gereist und hätte dort Hilfe versprochen, hetzte Carlson.

Zunehmend wird die Ukraine-Hilfe auch ein Thema im anlaufenden Rennen um die amerikanische Präsidentschaft. Die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley hat ihre Kandidatur bereits offiziell verkündet. Sie unterstützt die traditionelle Parteilinie. «Es geht nicht nur um die Ukraine, es geht um die Freiheit generell», erklärte sie letzte Woche an einer Wahlveranstaltung in Exeter (New York). «Sollten die Russen die Ukraine erobern, dann werden sie als nächstes Polen und die baltischen Staaten überfallen und einen Dritten Weltkrieg entfachen. Und sollte Russland gewinnen, dann können wir darauf wetten, dass China in Taiwan einfallen und der Iran die Atombombe entwickeln wird.»

Republican presidential candidate Nikki Haley smiles as she talks to an audience member during a town hall at Legacy Manufacturing in Marion, Iowa, on Tuesday, Feb. 21, 2023. (Jim Slosiarek/The Gazett ...
Befindet sich auf der traditionellen Parteilinie: Nikki Haley.Bild: keystone

Ron DeSantis hat seine Kandidatur zwar noch nicht verkündet, führt jedoch bereits einen Wahlkampf auf kleinem Feuer. Obwohl der Gouverneur von Florida einst ebenfalls ein erklärter Putin-Kritiker war, schwenkt er nun auf die Fox-News-Linie um. «Es kann nicht in unserem Interesse liegen, in einen Stellvertreter-Krieg mit China verwickelt zu werden und uns darum zu kümmern, wie die Grenze auf der Krim verläuft», erklärte er gegenüber dem Sender.

Und was ist mit Donald Trump? Die Bewunderung des Ex-Präsidenten für Putin ist sattsam bekannt, und dessen Einmarsch in die Ukraine bezeichnete er ursprünglich als «genial». Inzwischen äussert Trump sich kaum mehr zu diesem Thema, ausser dass er ebenfalls wie das eingangs erwähnte Murmeltier unablässig wiederholt: Wäre er Präsident, dann wäre dies alles niemals geschehen.

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Traurige Szenen – die Heldengräber in der Ukraine
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Traurige Szenen – die Heldengräber in der Ukraine
Ukrainische Soldaten begraben kurz nach Weihnachten 2023 ihren Kameraden Vasyl Boichuk im Dorf Iltsi.
quelle: keystone / evgeniy maloletka
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Das waren die «prägnantesten» Aussagen von Putins Rede
Video: watson
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183 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Amadeus
22.02.2023 14:50registriert September 2015
Schon seltsam. Einerseits bringt die SVP ständig Themen wie Freiheit, Sicherheit und Unabhängigkeit. Wenns aber um die Ukraine geht, sind diese Werte scheinbar nicht mehr wichtig. Dann lässt man einem Köppel freie Hand beim Diktatorenkuscheln und Krieg-Rechtfertigen.
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PetermitSchlüssel
22.02.2023 14:25registriert Juni 2020
Durchgeknallt im komfortablen freien Westen, mehr ist dazu nicht zu sagen
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JBV
22.02.2023 14:41registriert September 2021
Verlogene, machtgierige Politiker ohne Anstand und Moral. Nur Schein, kein Sein.
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