Trump verbreitet Propaganda-Video aus Grönland – doch was wollen die Grönländer wirklich?
Ein Video, das Donald Trump auf seiner Social-Media-Plattform «Truth Social» veröffentlicht hat, suggeriert, dass die Bewohnerinnen und Bewohner von Grönland nichts lieber wollten, als von den USA annektiert zu werden. Es zeigt verschiedene Insel-Bewohner mit «Make America Great Again»-Kappen, die Trump lobpreisen und ihn bitten, Grönland zu «helfen». Auch der Sohn des nächsten US-Präsidenten, Donald Trump Jr., welcher Grönland gerade besucht hat, ist im Video zu sehen. Unterlegt ist das Ganze mit hoffnungsvoller Musik. Die perfekte Propaganda für Trumps Anliegen.
Ursprünglich war es nämlich seine Idee, die Insel, die zu Dänemark gehört, zu kaufen. Neuerdings schliesst er nicht einmal mehr militärische Gewalt aus, um die Kontrolle darüber zu erlangen.
Laut dem dänischen Nachrichtensender DR News soll es sich bei den «Trump-Unterstützerinnen und -Unterstützern» im Video aber nicht um überzeugte MAGA-Fans, sondern vielmehr um sozial benachteiligte Menschen und Obdachlose gehandelt haben. Diese sollen mit einem Abendessen zur Teilnahme im Video bestochen worden sein.
Tatsächlich dürfte die Einstellung der Grönländerinnen und Grönländer gegenüber Trump und den USA aber differenzierter, pluralisierter und vor allem komplizierter sein als im Video dargestellt.
Grönland ist begehrter als je zuvor
Um zu versuchen, die Grönländerinnen und Grönländer zu verstehen, muss man einen Blick auf die Geschichte der grössten Insel der Welt werfen. Sie gehört seit rund 300 Jahren zu Dänemark, bis 1953 war sie eine dänische Kolonie. Aktuell ist Grönland ein selbstverwaltetes Gebiet Dänemarks und erhielt 2009 durch eine Abstimmung das Recht, seine Unabhängigkeit zu fordern. Als Dänemark während des Zweiten Weltkriegs von Nazi-Deutschland besetzt war, besetzte die USA die Grönland. 1945 traten die USA die Insel wieder an Dänemark ab, haben aber noch eine Militärbasis im Nordwesten.
Das neuerliche Interesse Trumps und der USA an Grönland lässt sich geopolitisch erklären. Es liegt nahe an der Arktis, strategisch günstig für Militärstützpunkte und verfügt über wertvolle natürliche Ressourcen. Mit dem Klimawandel eröffnen sich zudem neue globale Handelsrouten in bisher unzugängliche Gebiete. Auch China, Kanada und Russland beobachten und interessieren sich für die Region. Und auch Dänemark scheint nicht daran zu denken, die Insel abzugeben. In einem symbolträchtigen Akt hat der dänische König erst kürzlich ein Wappen abgeändert und Grönland darauf prominenter platziert.
Der lange Weg in eine etwaige Unabhängigkeit
Inmitten dieses Spannungsfeldes wird auf der Insel mit rund 57'000 Einwohnerinnen und Einwohnern gerade über die eigene Unabhängigkeit von Dänemark diskutiert. Im Jahr 2019 wollten sich laut einer Umfrage der Universität von Kopenhagen 67,7 Prozent der Bevölkerung zu einem Zeitpunkt in der Zukunft von Dänemark lösen und auch der aktuelle Premierminister Múte Egede unterstützt die Unabhängigkeit.
Es bräuchte nur noch eine Abstimmung. Doch nun, so kurz vor dem «Ziel», droht Grönland also bereits der nächsten Macht in die Hände zu fallen.
«Grönland steht nicht zum Verkauf»
Ganz so willkommen, wie es in seinem Video wirkt, ist Trump mit seiner Idee aber nicht, wie in den letzten Tagen die Umfragen diverser Medien vor Ort ergeben haben. Die Meinungen gehen dabei weit auseinander. Viele wollen nichts von den USA wissen, sind aber auch mit Dänemark unzufrieden. Die grönländische Filmemacherin Aka Hansen schrieb im «Guardian» einen Gastbeitrag mit dem Titel: «Vergiss es, Trump: Grönland will nicht von den USA regiert werden – oder von Dänemark».
Ähnlich ist der Tenor bei vielen anderen Befragten. Der Hass auf Dänemark sei nie grösser gewesen, sagt etwa eine 22-Jährige zum «Guardian». Gleichzeitig sei man der USA dankbar für den Schutz während des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Krieges. Der Kolonialismus sei aber nicht vergessen und könne auch nicht verziehen werden. Ein 27-Jähriger meint: «Angesichts der jüngsten Diskussionen über eine mögliche Abstimmung über die Unabhängigkeit Grönlands wäre es sehr merkwürdig, wenn wir uns an ein anderes Land verkaufen lassen würden.» Weitere Stimmen erhoffen sich von den USA jedoch einen besseren Deal und den erneuten Schutz der Grossmacht.
