Nach seiner Ankündigung für die Präsidentschaftskandidatur wurde es zunächst seltsam ruhig um Donald Trump. Seit ein paar Tagen ist der Ex-Präsident jedoch auf den sozialen Plattformen aktiv wie einst im Mai. Anlass dazu ist die Tatsache, dass auch bei Joe Biden Dokumente gefunden wurden, die eigentlich ins nationale Archiv gehören, und dass Justizminister Merrick Garland deswegen zur Untersuchung dieses Falles ebenfalls einen Sonderermittler eingesetzt hat.
«Werden sie (gemeint ist das FBI) nun ebenfalls das Weisse Haus durchsuchen?», schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. «Werden sie Biden mit dem gleichen Eifer verfolgen wie mich?»
Gleichzeitig nahm Trump die Gelegenheit wahr, mit Jack Smith, dem gegen ihn eingesetzten Sonderermittler, abzurechnen. Er tat dies in seiner gewohnt charmanten Art und Weise:
All dies könnte man abtun als idiotisches Gezeter eines älteren Herrn, der in seiner Festung Mar-a-Lago endgültig den Bezug zur Realität verloren hat. Dummerweise hat jedoch Präsident Biden mit seiner Schussligkeit Trumps Tiraden Gewicht verliehen. Seit bekannt geworden ist, dass auch bei ihm Geheimdokumente gefunden wurden, die nicht in seinem Besitz sein durften, befinden sich der Ex-Präsident, seine republikanischen Handlanger und Fox New in einem kollektiven Rache-Orgasmus.
Der neue Präsident des House Intelligence Committee Michael Turner verlangt von Justizminister Garland ultimativ eine Abklärung der Vorfälle. James Comer, der Vorsitzende des House Committee on Oversight and Accountability, kündigt eine Untersuchung an. Und Jim Jordan, der Vorsitzende des neu geschaffenen Ausschusses zu Abklärung des Verhaltens der Biden-Regierung, will dem Fall oberste Priorität einräumen.
Juristisch gesehen dürfte wenig Fleisch am Knochen sein. Das lässt sich mit folgendem Vergleich erläutern: Zwei Männer entwenden etwas aus dem Supermarkt. Der eine tut dies unbeabsichtigt und bringt den Gegenstand sofort wieder zurück, sobald er das Missgeschick entdeckt hat. Der andere vertuscht das Ganze und behauptet widerrechtlich, der entwendete Gegenstand würde ihm ohnehin gehören.
So dürfte es sich bei den beiden Fällen verhalten. Biden erklärt glaubwürdig, er habe nicht gewusst, dass sich die Dokumente in einem seiner Büros respektive seiner Garage in seinem Haus in Delaware befinden. Trump hingegen hat sich lange geweigert, die Dokumente herauszurücken, liess seine Anwälte falsche Erklärungen unterschreiben, behauptete, er habe in seiner Eigenschaft als Präsident die Dokumente freigegeben, und erklärte fälschlicherweise, die Dokumente seien sein Eigentum.
Juristisch gesehen dürfte sich der Schaden für Biden daher in Grenzen halten, zumal bei ihm nur wenige als geheim klassierte Dokumente gefunden wurden. Bei Trump waren es über hundert. «Ich glaube nicht, dass Biden sich rechtliche Sorgen machen muss», erklärt daher Brian Fallon, ein ehemaliger Beamter im Justizministerium, gegenüber der «Washington Post».
Politisch hingegen kommt der Fall zu einem für Biden denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Allgemein wurde erwartet, dass der Präsident die Gunst der Stunde nutzen und seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit ankündigen würde. Die Demokraten befinden sich derzeit in einem Hoch, während sich die Republikaner im Abgeordnetenhaus ein peinliches Schauspiel um die Wahl des Speakers geliefert haben. Zudem scheint auch der hartnäckigen Inflation endlich die Spitze gebrochen worden zu sein und die Zustimmung zur Politik Bidens ist erstmals wieder über 50 Prozent gestiegen.
Nun aber muss Biden für eine allfällige Kandidatur wohl das Resultat der Nachforschungen des Sonderermittlers abwarten. Bis es so weit ist, werden ihm seine politischen Gegner genüsslich seine Aussagen aus einem Interview mit der TV-Sendung «60 Minutes» um die Ohren schlagen. Dort hatte er Trumps Umgang mit geheimen Dokumenten als «unverantwortlich» gegeisselt.
Biden hat auch das Leben seines Justizministers nicht wirklich leichter gemacht. Bis anhin schien eine Anklage gegen Trump wegen seines Umgangs mit den geheimen Dokumenten eine fast todsichere Sache zu sein. Der Fall scheint glasklar: Die Dokumente wurden unrechtmässig entwendet, Trump wusste das und hatte dies auch mehrmals öffentlich zugegeben. Damit ist auch der Tatbestand der bewussten Absicht «über alle Zweifel» bewiesen und damit die höchste Hürde übersprungen.
Obwohl dies juristisch gesehen nach wie vor möglich ist, dürfte es angesichts der neuen Sachlage fraglich geworden sein, Trump deswegen noch zur Rechenschaft zu ziehen. Ein Freispruch Bidens mit einer gleichzeitigen Anklage von Trump wäre politisch mehr als heikel. Das Geheul der Konservativen über eine Zweiklassen-Justiz würde orkanartige Dimensionen annehmen.
Heisst dies, dass Biden mit seiner Schussligkeit Trump unfreiwillig den Kopf gerettet hat? Nein, und zwar aus Gründen. Erstens untersucht Sonderermittler Smith nicht nur den Umgang des Ex-Präsidenten mit Geheimpapieren, er untersucht vor allem auch dessen Rolle beim Sturm auf das Kapitol. Der Ausschuss zur Abklärung der Ereignisse vom 6. Januar 2021 hat dabei wichtige Vorarbeit geleistet. Sollten Sonderermittler und Justizminister zum Schluss kommen, dass Trump dabei Straftaten begangen hat, dann ist dies weit gravierender als sein Umgang mit Geheimdokumenten.
Dazu kommt, dass die Ermittlungen über Trumps versuchte Einmischung in die Wahlen im Bundesstaat Georgia vor dem Abschluss stehen und dass ihm auch in diesem Fall eine Anklage droht.
Der Wirbel um die Geheimdokumente beim amtierenden und beim Ex-Präsidenten kann man daher auf zwei Arten deuten: Einerseits zeigt sich einmal mehr, wie polarisiert die amerikanische Politik geworden und wie sich die politischen Auseinandersetzungen immer weiter von den Sorgen der Bevölkerung entfernt haben. Andererseits könnte das Resultat auch sein, dass den Amerikanern und der Welt erspart wird, was niemand will: eine Wiederholung des Duells zwischen Trump und Biden.
Ich glaube Donnie ist da etwas ganz heissem auf der Spur! Könnte es im Oval Office, dem Arbeitsplatz des US-Präsidenten, tatsächlich Geheime Dokumente haben? Dranbleiben!
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