Speichellecker ist ein hässliches Wort. Wie aber soll man William Barr sonst bezeichnen? In seinem Abschiedsbrief an den Präsidenten schrieb der scheidende Justizminister Sätze wie: «Sie haben die Militärmacht Amerikas wieder hergestellt. Indem Sie einen historischen Friedensdeal im Nahen Osten herbeiführten, haben Sie etwas erreicht, das niemand für möglich hielt.» Oder: «Ihr Leistungsausweis ist als historisch einzustufen, denn sie haben all dies angesichts eines nie enden wollenden, nicht zu besänftigenden Widerstands erreicht.»
Barrs schleimige Sätze sind umso widerlicher, als ihr Adressat Donald Trump heisst und sich herumgesprochen hat, dass eben dieser Trump den Justizminister aus dem Amt gedrängt hat. Verschiedene Gründe waren für Barrs Rausschmiss – oder seinen Rücktritt, es ist nicht klar – verantwortlich:
Spätestens nach diesem Interview war allen Washington-Insidern klar, dass Barr wie schon sein Vorgänger Jeff Sessions werde gehen müssen. Das ist nun geschehen. Dass auch der Präsident das Schmierentheater mitmachte, ist kaum verwunderlich. Trump schrieb zwar keinen Brief. Aber per Twitter liess er Barr und die Öffentlichkeit wissen: «Unsere Beziehung war sehr gut, er hat einen herausragenden Job gemacht.»
Diesen schäbigen Tweet hat sich Barr mehr als verdient. Obwohl er als Justizminister als Diener des Volkes gewählt worden war, hat er sich stets als persönlicher Anwalt des Präsidenten verstanden.
Das hat er mehr oder weniger am ersten Tag seiner Amtszeit klar gemacht. Da hat er nämlich nicht nur eine irreführende Version des Berichts des Sonderermittlers Robert Mueller vorgetragen. Er hat auch eine langjährige Freundschaft verraten. Die Muellers und die Barrs waren gute Freunde gewesen.
Wider aller Tradition hat Barr politische Kumpels von Trump aus juristischen Nöten befreit. Er hat dafür plädiert, das Verfahren gegen den ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn fallen zu lassen und die Strafe von Roger Stone zu vermindern. Beide sind inzwischen vom Präsidenten begnadigt worden.
Damit der Präsident ein billiges PR-Foto vor einer Kirche machen konnte, liess Barr den Platz vor dem Weissen Haus gewaltsam von friedlichen Demonstranten räumen. Und er hat eine grosse Zahl von Juristen, die nicht bedingungslos hinter Trump standen, aus dem Justizministerium vertrieben.
Barr ist ein Überzeugungstäter. Der gläubige Katholik befand sich auf einer Mission gegen Linke und Progressive. «Sie wollen die Macht des Staates dazu missbrauchen, die Gesellschaft nach einem abstrakten Ideal eines perfekten Menschen umzugestalten (…) Dazu ist ihnen jedes Mittel recht (…), ohne Rücksicht auf schädliche Folgen und Implikationen für das gesamte System», erklärte er einst in einer Rede vor der Federal Society, einem einflussreichen Verein von konservativen Juristen.
Mit dieser kruden Logik ist es Barr gelungen, die mafiösen Machenschaften Trumps in einen heiligen Krieg gegen Sozialisten und Progressive umzudeuten. Er stellt ihm so einen Freibrief für seine Schandtaten aus.
Trumps plumper Versucht eines Staatsstreichs war offenbar selbst mit Barrs christlicher Überzeugung nicht mehr in Einklang zu bringen. Oder er wollte schlicht das Schicksal eines weiteren Vorgängers vermeiden. John Mitchell wollte seinerzeit als Justizminister Präsident Richard Nixon im Watergate-Skandal den Rücken freihalten. Er wurde zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.
So weit wird es mit Barr kaum kommen. Aber die Verachtung seiner juristischen Kollegen ist ihm sicher. Neal Katyal, ein ehemaliger United States Solicitor General, erklärte auf dem TV-Sender MSNBC: «Dieser Justizminister (Barr) hat der Gerechtigkeit ins Gesicht gespukt. (…) Er wird als der schlimmste Justizminister unserer Generation in die Geschichte eingehen. Das passt, denn er hat unter dem schlechtesten Präsidenten unserer Generation gedient, unter Donald Trump.»