Liz Cheney ist intelligent, tüchtig, fokussiert – und sehr konservativ. Sie stammt aus dem vielleicht konservativsten Bundesstaat der USA, aus Wyoming. Sie ist die Tochter von einem der konservativsten amerikanischen Politiker der Nachkriegszeit, von Dick Cheney, dem Vizepräsidenten George W. Bushs.
Cheneys konservativer Leistungsausweis ist makellos. Daher ist es nicht weiter erstaunlich, dass sie in der konservativen Hierarchie weit oben stand. Sie war die Nummer drei in der Grand Old Party (GOP). Das hätte noch nicht das Ende der Fahnenstange bedeuten müssen. Doch dann kam der 6. Januar.
Liz Cheney besitzt etwas, was den allermeisten Republikanern abhanden gekommen ist: ein Gewissen. Sie anerkannte das Offensichtliche: dass der eigentliche Rädelsführer des Sturms auf das Kapitol Donald Trump war – und handelte dementsprechend. Als eine der wenigen Abgeordneten der GOP stimmte sie für ein Impeachment des Ex-Präsidenten.
Die Rache der Partei folgte auf dem Fuss. Cheney verlor ihren Sitz in der Rennleitung der GOP. Sie wurde in Wyoming von ihrer Partei zuerst abgemahnt und dann rausgeschmissen. Sollte sie überhaupt noch antreten, muss sie damit rechnen, dass sie bei den nächsten Wahlen auch ihren Sitz im Abgeordnetenhaus verliert, denn sie wird in den Vorwahlen Konkurrenz von einer Trump-Anhängerin erhalten.
Innerhalb der Partei ist Cheney längst abgeschrieben. Sie hat in der konservativen Hasshierarchie die üblichen Verdächtigen, Nancy Pelosi und Alexandria Ocasio-Cortez, überholt und ist zur einsamen Nummer eins geworden. Doch nun erlebt diese Hassorgie eine weitere Steigerung.
Bei Fox News haben die Starmoderatoren Tucker Carlson, Sean Hannity und Laura Ingraham ihr gestern den gesamten Abend gewidmet. Dabei haben sie keine Beleidigung, keine Unterstellung und keine Diffamierung ausgelassen. Cheney soll angeblich für die Präsidentschaft kandidieren, sie habe die Wahrheit verdreht – kurz: Sie habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Was ist geschehen?
Cheney hat nicht nur für das Impeachment von Trump gestimmt, sie sitzt auch im Ausschuss zur Abklärung der Vorfälle von 1/6. Dort ist sie nebst dem Vorsitzenden Bennie Thompson zur prominentesten Figur geworden. «Sie schreckt vor nichts zurück und steht daher im Mittelpunkt», stellt die «New York Times» fest.
Nun hat Cheney auch eines der letzten Tabus konservativer Politiker gebrochen: Sie hat die Stars von Fox News blossgestellt. Aber der Reihe nach:
Mark Meadows, Trumps ehemaliger Stabschef, ist vom Ausschuss aufgefordert worden, Dokumente abzuliefern und als Zeuge zu erscheinen. Das Letztere verweigert er mit Berufung auf ein vermeintliches «executive privilege». Doch inzwischen hat Meadows tatsächlich mehr als 6000 Dokumente geliefert. Und die haben es in sich.
Cheney hat am Montag genüsslich aus Text-Botschaften zitiert, welche dem Ex-Stabschef während des Kapitol-Sturms zugestellt worden waren. Darunter waren auch solche von Fox-News-Stars. «Mark, der Präsident muss den Menschen im Kapitol sagen, sie müssen nach Hause gehen», lautete die Botschaft von Ingraham an Meadows. «Das schadet uns allen. Er zerstört sein Erbe.»
Hannity forderte derweil, dass Trump vor die Kameras trete und die Leute zum Verlassen des Kapitols auffordere. Das Gleiche tat auch Brian Kilmeade, ein Co-Moderator der Morgensendung «Fox and Friends».
Aus zwei Gründen ist die Veröffentlichung dieser Text-Botschaften für Fox News ein schwerer Schlag. Sie zeigen, dass der Sender mit Trump unter einer Decke steckt, dass er stets ein Propaganda-Sender für den Ex-Präsidenten war und immer noch ist.
Schlimmer noch: Sie zeigen den grenzenlosen Zynismus von Fox News auf. Während sie diese Botschaften an Meadows schrieben, behaupteten Carlson, Hannity und Ingraham am Bildschirm genau das Gegenteil: Der Sturm aufs Kapitol sei gar nicht so schlimm und wahrscheinlich ohnehin von als Trump-Fans verkleideten Antifa-Aktivisten angeführt.
Auch seit 1/6 unternehmen die Stars des Murdoch-Senders alles, um den versuchten Staatsstreich zu verharmlosen. Am weitesten geht dabei Tucker Carlson. Er stellte jüngst in einer Dokumentarserie die absurde Behauptung auf, wonach der Sturm aufs Kapitol vom FBI organisiert worden sei und dazu diene, die wahren Patrioten als Staatsfeinde ins Gefängnis zu werfen.
Die veröffentlichten Text-Botschaften zeigen nun auf, dass Hannity & Co diese Thesen wider besseres Wissen in die Welt setzen. Kein Wunder, hat Chris Wallace, einer der letzten integren Journalisten bei Fox News, soeben verkündet, den Sender zu verlassen und zu CNN zu wechseln.
Die Text-Botschaften zeigen auch, wie tief der Ex-Präsident in die Vorfälle verwickelt war. 187 Minuten hat er genüsslich zugeschaut, wie der Mob das Kapitol verwüstet und die Kongressmitglieder verfolgt hat. Cheney hat angedeutet, dass Trump sich damit möglicherweise strafbar gemacht hat.
In grössten Schwierigkeiten steckt auch Mark Meadows. Sein Verhalten ist entweder genial – oder idiotisch, die Grenze ist bekanntlich fliessend. Der Ex-Stabschef hat zuerst eingewilligt, mit dem Ausschuss zusammenzuarbeiten. Er hat die Dokumente geliefert, er hat ein Buch veröffentlicht, in dem er im Detail Gespräche mit Trump schildert. Und nun hat er sich geweigert, vor dem Ausschuss auszusagen. Er muss deswegen wie Steve Bannon mit einem Strafverfahren des Justizministeriums rechnen.
Rational lässt sich dieses Verhalten nicht erklären. Warum will Meadows nicht Auskunft über Dokumente geben, die er bereits geliefert und von denen er explizit erklärt hat, sie würden nicht dem präsidialen Privileg unterliegen. Warum veröffentlicht er am selben Tag ein Buch, in dem er ausführlich über seine Gespräche mit Trump berichtet, um dann eben dieses Privileg anzurufen?
Eine mögliche Erklärung ist Geldnot. Meadows hat es mit allen verscherzt. Trump, die GOP und Fox News sind sauer auf ihn. Sie werden ihn fallen lassen wie eine heisse Kartoffel. Sein Buch ist ein Flop. Für den Kampf gegen den Ausschuss braucht er jedoch teure Anwälte. Meadows hat den Ruf einer Windfahne. Niemanden würde es daher erstaunen, wenn er einmal mehr die Seiten wechseln würde.
Ja welches Erbe denn genau? Das Erbe der Trump-Politik? da kann man nichts zerstören denn es ist nicht einmal eine Idee oder gar etwas vererbbares, es ist einfach purer Egoismus durch und durch ein Haufen Dreck.