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Analyse

Trumps Plan kommt der Unterwerfung Kiews gleich

Trumps Plan kommt der Unterwerfung Kiews gleich

Der «Friedensplan» von Donald Trump erwischt die Ukraine auf dem falschen Fuss. Noch nie stand Präsident Selenskyj so schwach da wie jetzt.
21.11.2025, 17:5921.11.2025, 19:16
Kurt Pelda / ch media
epa12308711 A handout photo made available by the Presidential Press Service shows United States President Donald J Trump (R) meets President of Ukraine Volodymyr Zelensky (L) in the Oval Office of th ...
Verlangt der Ukraine sehr viel ab: US-Präsident Donald Trump mit seinem Amtskollegen aus Kiew, Wolodymyr Selenskyj, im Weissen Haus.Bild: keystone

Wie schon früheren Versuchen Washingtons wird auch dem jüngsten russisch-amerikanischen «Friedensplan» kaum Erfolg beschieden sein. Diesmal lehnt sich der «Kompromissvorschlag» so eng an die Positionen Moskaus, dass kein Politiker der Ukraine ernsthaft in Erwägung ziehen kann, diesem Paket zuzustimmen.

In weiten Teilen kommt der Plan einer Unterwerfung Kiews gleich, denn die Ukraine müsste ihre Streitkräfte zum Beispiel deutlich verkleinern. Das Land würde die Kontrolle über die seit 2014 von Russland besetzte Halbinsel Krim definitiv verlieren und müsste auch die Oblaste Donezk und Luhansk abgeben, obwohl Russland grosse Teile von Donezk noch gar nicht erobert hat.

Warum nicht einfach nachgeben?

Dabei geht es vor allem um die Städte Kramatorsk und Slowiansk. Sie sind Putins wichtigste Kriegsziele im Oblast Donezk. Im Moment stehen die Russen weiter östlich und südlich davon, wobei vor allem die laufenden Schlachten um die Städte Kostiantiniwka und Pokrowsk grosse Beachtung finden.

Warum kann Kiew Kramatorsk und Slowiansk nicht einfach den Russen überlassen – im Austausch gegen Frieden? Erstens, weil niemand in der Ukraine ernsthaft glaubt, dass Moskau diesen Krieg wirklich beenden will – egal, welche Verträge der Kreml unterschreibt. Unvergessen ist das Moskauer Versprechen von 1994 in Budapest, die Unabhängigkeit der Ukraine zu garantieren – im Austausch gegen die ukrainischen Atomwaffen und Langstreckenbomber, die das Land von der Sowjetunion geerbt hatte.

Diese «Sicherheitsgarantien» hinderten Putin aber weder 2014 noch 2022, weite Regionen der Ukraine zu erobern. Konsens ist unter den allermeisten Ukrainern ausserdem, dass ein Frieden nur so lange von Dauer sein werde, bis Moskau wieder genügend Kräfte mobilisiert hat, um die Unterwerfung des Landes fortzusetzen. Denn das ist letztlich Putins wirkliches Kriegsziel.

Zweitens hiesse die Aufgabe der Grossstadt Kramatorsk, dass die Ukraine ihre letzte Festung im Osten verliert. In diesem Fall wäre der Weg für die Russen nach Norden in Richtung der zweitgrössten ukrainischen Stadt Charkiw frei – aber auch nach Westen zum Ufer des grossen Flusses Dnipro. Für die vorstossenden Russen gäbe es kaum noch Hindernisse in Form grösserer Ortschaften. Und es sind eben die Städte, an denen sich die Invasoren am meisten die Zähne ausbeissen.

Der Kreml kann jubilieren

Ein gutes Beispiel ist der Verkehrsknotenpunkt Pokrowsk, 50 Kilometer südwestlich von Kramatorsk. Seit rund einem Jahr versuchen die Russen, diese vergleichweise kleine Stadt zu erobern. Im Moment behaupten sie, rund 70 Prozent davon zu kontrollieren, was die Ukrainer bestreiten. Fakt ist aber, dass sich Moskaus Truppen in Pokrowsk eingenistet haben und die Ukrainer nur noch die nördlichen Quartiere halten.

Ausserdem ist die benachbarte Bergwerksstadt Mirnograd im Osten fast von den Russen umzingelt. Und dann stossen die Russen südwestlich von Pokrowsk in den nächsten Oblast, Dnipropetrowsk vor. Doch der Preis für diese «Erfolge» waren viele Zehntausend tote und verwundete Russen. Für die Eroberung des ungleich grösseren Kramatorsk wäre die Opferbilanz wohl noch vernichtender.

Doch Selenskyj steht unter Druck. Seine schwache Reaktion auf den bisher grössten bekannt gewordenen Korruptionsskandal dürfte ihn einen Teil seiner Beliebtheit im In- und Ausland gekostet haben. Das versuchen Washington und Moskau nun auszunutzen: Die USA wollen bis nächsten Donnerstag eine positive Antwort auf ihren Vorschlag, ansonsten drohen sie, jede Unterstützung der Ukraine einzustellen. Selenskyj sprach in einer Rede denn auch davon, dass die Ukraine nun vor der Wahl stehe, ihre Würde oder aber die amerikanische Hilfe zu verlieren.

Die Europäer sehen den 28-Punkte-Plan von Präsident Trump als eine faktische Kapitulation der Ukraine. Sie versichern zum hundertsten Mal, dass sie der Ukraine weiter helfen werden. Weil Europa seine Rüstungsindustrie nicht rechtzeitig hochgefahren hat, war der Kontinent bisher aber nicht in der Lage, die seit 2024 fast ganz weggefallene Unterstützung aus den USA zu kompensieren. Sowohl die Ukraine als auch Europa befinden sich nun in einer Zwickmühle. Lachender Dritter ist Russland.

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218 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Händlmair
21.11.2025 18:06registriert Oktober 2017
Das ist doch kein Friedensvertrag? Und warum soll die USA für Sicherungsgarantien bezahlt werden oder 50% am Profit der Gelder für den Wiederaufbau beteiligt werden? Das ist ein Totalversagen Trumps und ein Verrat an der Menschlichkeit!
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Holzvermöbler
21.11.2025 18:08registriert November 2020
Ich bin dafür, dass die USA New Mexico wieder den Mexikanern zurückgiebt. Obendrauf grad noch ein paar Gebiete mehr. An Kanada könnten sie eigentlich auch noch gleich was abtreten.
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Der Lette
21.11.2025 18:10registriert Juni 2024
Krasnov macht was Putin verlangt. 🤮
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