Wie beim Sport gibt es auch vor Gericht Niederlagen und Niederlagen. Die Klatsche, welche das Appellationsgericht von Washington Donald Trump verpasst hat, war eine der verheerenden Sorte. Die drei Richter der zweiten Instanz haben die Klage des Ex-Präsidenten nicht nur vom Tisch gewischt. Sie haben auch festgehalten, dass seine Argumente nicht einmal in die Nähe gekommen seien («not close to enough), wo man ernsthaft hätte darüber debattieren können.
Worum geht es?
Im Weissen Haus werden alle Vorgänge – Telefongespräche, E-Mails, Notizen, etc. – fein säuberlich festgehalten und im Archiv abgelegt. Das trifft auch für die Ereignisse rund um den Sturm auf das Kapitol zu. Der Ausschuss des Repräsentantenhauses, der abklären will, wie es zu diesem einmaligen Ereignis gekommen ist, wer welche Rolle gespielt und wer was finanziert hat, hat daher grösstes Interesse daran, an dieses im Archiv gelagerte Material zu kommen.
Donald Trump seinerseits hat grösstes Interesse daran, dass dieses Material unter Verschluss bleibt. Unter Berufung auf das «excecutive privilege» will er deshalb verhindern, dass das Archiv diese Dokumente dem Ausschuss zur Verfügung stellt. Dieses Privileg räumt dem Präsidenten das Recht ein, in spezielle Fällen Vorgänge im Weissen Haus geheim zu behalten.
Dummerweise für Trump kann nur der amtierende Präsident das präsidiale Privileg in Anspruch nehmen. Joe Biden hat jedoch klargemacht, dass er dies im vorliegenden Fall nicht zu tun gedenke. Deshalb hat der Ex-Präsident die Richter bemüht und Klage eingereicht.
Vergeblich. Schon in erster Instanz ist er sang- und klanglos abgeblitzt. Nun hat Trump auch vor zweiter Instanz verloren, und zwar krachend. Die drei Richter halten in ihrer Begründung des Urteils nicht nur fest, dass der Kongress ermächtigt sei, die Vorgänge rund um den 6. Januar abzuklären. Es sei sogar seine Pflicht. Sie schreiben in ihrer mehr als 50 Seiten umfassenden Urteilsbegründung:
Die Richter haben Trump einzig eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, um seine Klage beim Supreme Court weiterzuziehen. Das wird der Ex-Präsident aller Wahrscheinlichkeit auch tun. Doch ob die Obersten Richter überhaupt darauf eintreten, ist fraglich. In der Frage der absurden Vorwürfe der Wahlmanipulationen haben sie sich bekanntlich ebenfalls geweigert. Und selbst wenn sie es tun sollten, dürfte es ihnen schwerfallen, zwei so klare Urteile gegen Trump umzustossen.
Trump geht es denn auch nicht darum, vor Gericht Recht zu bekommen. Er will primär das Verfahren des Ausschusses behindern, in der berechtigten Hoffnung, dass die Republikaner bei den Zwischenwahlen die Mehrheit zurückgewinnen und den Ausschuss auflösen.
Der Ex-Präsident hofft auf einen zweiten Fall Don McGahn. Der ehemalige Anwalt des Weissen Hauses war einst vom Justizausschuss vorgeladen worden. Er weigerte sich ebenfalls, mit Berufung auf das präsidiale Privileg. Zu Unrecht, wie die Richter später entschieden. Doch sie taten dies mehr als zwei Jahre später. Zu diesem Zeitpunkt interessierten McGahns Aussagen niemanden mehr.
Diesmal scheint Trumps Rechnung nicht aufzugehen. Die Gerichtsmühlen mahlen zwar bekanntlich langsam, doch im vorliegenden Fall tun sie es geradezu mit Lichtgeschwindigkeit. Dass eine im Oktober eingereichte Klage bereits in zweiter Instanz behandelt wurde, ist mehr als ungewöhnlich. Die Gerichte sind offensichtlich nicht mehr gewillt, Trumps Verschleppungstaktik zu akzeptieren. Es ist daher gut möglich, dass auch der Supreme Court innert Wochen entscheiden wird.
Das zügige Vorgehen der Gerichte ist ganz im Sinne des Ausschusses. Dessen Vorsitzender, Bennie Thompson, hat bereits angekündigt, er wolle die Untersuchungen im Frühjahr abschliessen. Material hat er in Hülle und Fülle. Bereits jetzt haben mehr als 300 Zeugen vor dem Ausschuss ausgesagt. Mehrere Mitglieder des Ausschusses erklärten daher öffentlich, sie hätten inzwischen ein ziemlich klares Bild von den Ereignissen rund um den 6. Januar.
Für Steve Bannon und den Ex-Stabschef Mark Meadows ist das Urteil des Appellationsgerichts ebenfalls bad news. Sie haben sich geweigert, vor dem Ausschuss auszusagen und werden deswegen strafrechtlich verfolgt. Nun müssen sie damit rechnen, auch verurteilt zu werden.
Die Demokraten werden alle Hebel in Bewegung setzen, um die Resultate des Ausschusses gebührend auszuschlachten. Nur zu gut erinnern sie sich, was ihnen die Republikaner seinerzeit mit Benghazi angetan haben.
Am 11. September 2012 wurde die amerikanische Botschaft in der libyschen Stadt Benghazi von Terroristen angegriffen. Der Botschafter und zwei Soldaten wurden dabei getötet. Die Republikaner versuchten darauf, die damalige Aussenministerin Hillary Clinton für den Tod dieser Männer verantwortlich zu machen. Sie riefen ebenfalls einen Ausschuss ins Leben und veranstalteten Hearing um Hearing.
Clinton wurde nie eine Schuld nachgewiesen, doch ihr Ansehen wurde massiv beschädigt. Im Laufe dieser Hearings kam auch die unsägliche Geschichte mit den verschwundenen E-Mails ans Tageslicht.
Die Demokraten haben daher allen Grund, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. So schreibt Eugene Robinson, ein renommierter Kommentator der «Washington Post»: «Man muss es ja nicht übertreiben wie seinerzeit bei Benghazi. (…) Aber am 6. Januar hat es massive Verfehlungen gegeben. Diese Verfehlungen waren nicht zufällig, sie waren geplant und die Planer müssen nun auch zur Verantwortung gezogen werden.»
Trump steckt nicht nur in Washington in Schwierigkeiten. Letitia James, die Justizministerin des Bundesstaates New York, will ihn als Zeugen vorladen. Es geht dabei um ein ziviles Verfahren, in dem abgeklärt wird, ob der Ex-Präsident seine Immobilien wissentlich massiv unterbewertet hat, um im grossen Stil Steuern zu hinterziehen.
Dieses Verfahren ist nicht zu verwechseln mit einem strafrechtlichen Verfahren, das in gleicher Sache vom Staatsanwalt von Manhattan, Cyrus Vance, geführt wird. James und Vance arbeiten jedoch eng zusammen.
Die Aufforderung, vor Gericht zu erscheinen, bringt den Ex-Präsidenten in eine Zwickmühle. Seine Aussagen können nämlich auch im Strafverfahren verwendet werden. Er könnte daher die Aussage mit Berufung auf den 5. Zusatzartikel der Verfassung verweigern. Dieser besagt, dass sich niemand selbst anklagen muss.
Sollte sich Trump jedoch auf den 5. Zusatz berufen, dann bekennt er sich implizit auch schuldig. Das wiederum kann im Zivilprozess gegen ihn verwendet werden. Und das wiederum könnte ihn teuer zu stehen kommen. Es geht um einen Betrag von 21 Millionen Dollar.
Beim weiteren Vorgehen des SCOTUS bin ich mir nicht so sicher wie Hr. Löpfe. Ich könnte mir vorstellen, dass sie das Verfahren einfach verschleppen. So als letztes "Merci" für die schönen Posten auf Lebenszeit.
Trump darf nie wieder Präsident der USA werden, denn dann wäre die Autokratie nicht mehr weit und der Orangene würde alle Reste von Moral über Bord werfen- frenetisch gefeiert von seiner Entourage...