In ihrem Buch «Doppelgänger» macht Naomi Klein auf ein Paradox aufmerksam. Sie schreibt: «Es fällt auf, dass die beiden hartnäckigsten Vorwürfe gegenüber den Juden seit Generationen – sie sind einerseits die intriganten Banker und andererseits die intriganten Marxisten – sich vollständig widersprechen.»
Dieses Paradox macht es möglich, dass Antisemitismus gleichzeitig auf der rechten wie auch auf der linken Seite anzutreffen ist. Auch in der Wirtschaft ist der Hass auf Juden anzutreffen. Der bekannteste Antisemit war seinerzeit Henry Ford.
Ford hat nicht nur privat die Juden aufs Übelste beleidigt, er besass auch «The Dearborn Independent», eine Zeitung, welche grosse Ähnlichkeit zum «Stürmer» hatte. Adolf Hitler hat Ford in seiner Hetzschrift «Mein Kampf» ausführlich zitiert und soll ihn einst gar als sein Vorbild bezeichnet haben.
In den Dreissigerjahren zählte der Bankier JP Morgan Junior, der Sohn des legendären JPs, zu den bekannten Antisemiten. Heute reiht sich Elon Musk in diese unrühmliche Front ein. Was geht da ab?
Musk zofft sich seit längerem mit der Anti-Defamation League (ADL), einer einflussreichen jüdischen Lobby-Gruppe. Dieser Streit hat sich am vergangenen Mittwoch massiv zugespitzt. Angefangen hat es mit einem Tweet, oder wie auch immer man nun solche Posts auf X bezeichnet. Dort hat ein anonymer User einen Beitrag gepostet, in dem er den Juden vorwirft, sie würden helfen, nichtweisse Immigranten in die USA zu schleusen, um so den Anteil der weissen Bevölkerung zu reduzieren. Musk hat auf diesen Post geantwortet und hinzugefügt: «Du hast die Wahrheit ausgesprochen.»
Damit hat Musk in ein Hornissennest gestochen. Implizit unterstützt er nämlich die These des «grossen Bevölkerungsaustausches», einer Verschwörungstheorie, welche in rechtsextremen Kreisen weitverbreitet ist. So haben etwa die Fackel-Träger an der berüchtigten Faschisten-Demonstration in Charlottesville im Sommer 2017 gebrüllt: «Jews will not replace us.» (Juden werden uns nicht verdrängen.) Auch der Attentäter, der bei einem Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh am 27. Oktober 2018 elf Menschen tötete, berief sich auf das «Great Displacement».
Die ADL hat denn auch energisch auf den Post von Musk reagiert. CEO Jonathan Greenblatt schrieb ebenfalls in einem Tweet: «Zu einem Zeitpunkt, in dem der Antisemitismus in Amerika und rund um den Globus explodiert, kann es keinen Zweifel daran geben, dass es brandgefährlich ist, antisemitische Theorien zu bestätigen und weiterzuverbreiten.»
Die Empörung der jüdischen Organisation ist verständlich. Musk verfügt über ein riesiges Megafon. Auf seiner Plattform X hat er rund 160 Millionen Follower. Gleichzeitig entwickelt sich der reichste Mann der Welt immer mehr zu einem bedeutenden Player in der Geopolitik. So war er einer der Gäste beim Empfang des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in San Francisco. Mit seinem Satelliten-Internet Starlink kann er gar das Kriegsgeschehen in der Ukraine beeinflussen.
Der erwähnte Tweet kann Musk jedoch teuer zu stehen kommen. IBM hat deswegen bereits Werbung auf X im Wert von einer Million Dollar annulliert. Prominente jüdische Persönlichkeiten fordern Unternehmen wie Disney, Apple und Amazon auf, dem Beispiel von IBM zu folgen. «Nichts von dem kommt überraschend», halten sie in einer Mitteilung fest. «Musk verbreitet seit Jahren Antisemitismus. Überraschend ist einzig, dass die Tech-Unternehmen immer noch mit ihm im Geschäft sind.»
Nicht nur der Antisemitismus, die politische Gewalt ist generell auf dem Vormarsch. So hat soeben ein Gericht in San Francisco David DePape schuldig gesprochen. Dieser hatte vor rund einem Jahr den Ehemann von Nancy Pelosi mit einem Hammer angegriffen und dabei schwer verletzt. Er hat gestanden, dass das Motiv seiner Tat rechtsextreme Verschwörungstheorien waren.
Der Anschlag auf den 83-jährigen Paul Pelosi wurde von den Republikanern nicht etwa verurteilt. Im Gegenteil: Donald Trump hat sich mehrfach darüber lustig gemacht und die ehemalige Speakerin des Abgeordnetenhauses als «verrückte Spinnerin» bezeichnet. In den einschlägigen rechtsextremen Foren wurde gar behauptet, es habe sich nicht um einen politischen Anschlag, sondern um ein homosexuelles Beziehungsdelikt gehandelt. Trump hat dies implizit mit der Bemerkung «Wer weiss, was sich da abgespielt hat» bestätigt.
Allgemein wird Trump als der wichtigste Treiber der zunehmenden Gewalt angesehen. Nicht nur gleicht sich seine Rhetorik immer mehr den Hetzreden von Hitler und Mussolini an – kürzlich bezeichnete er seine politischen Gegner als «Ungeziefer» –, er fordert auch explizit zu «Rache» und «Vergeltung» auf und erklärt offen, er werde alle seine Feinde ins Gefängnis werfen, sollte er die Wahlen gewinnen.
Antisemitismus vom reichsten Mann der Welt, zunehmende politische Gewalt und ein Ex-Präsident, der zunehmend faschistische Züge annimmt: Die USA – und damit die gesamte westliche Welt – steuern auf ein gefährliches Jahr 2024 zu.
Trump ist ausser Kontrolle. Auch sein Wahlprogramm ist das eines Irren.
Sollte es in den nächsten Monaten zu einem Anschlag auf Trump kommen, dann, äh, ist es halt so.
x Artikel bewirtschaften den Antisemitismus und natürlich auch Rassismus, aber was geschieht genau?
Nichts, bzw. weniger als nichts. Die Seuche Antisemitismus und Rassismus verbreitet sich wieder mehr und mehr.
die Gesellschaft wehrt sich da nur mit "lauwarmen" Worten und Taten, aber so richtig eine Verurteilung mit Folgen gibt es nicht. Kein Wunder kann ein Musk sich da immer antisemitisch und rassistisch äussern, er weiss viel geschieht da nicht. Eine beispiellose Arroganz.