Anne Applebaum ist einer renommierte Geschichtsprofessorin. Sie ist amerikanisch-polnische Doppelbürgerin und galt lange als solide Konservative. Ihr Ehemann war Aussenminister in der liberalen Regierung Polens. Sie selbst hat sich mit Büchern über die Grausamkeiten in der UdSSR unter Stalin einen Namen geschaffen.
Applebaum hat einen ausgedehnten Freundeskreis im konservativen Lager. Mit Boris Johnson etwa hat sie im Magazin «The Spectator» zusammengearbeitet. Mit Maria Schmidt, der Direktorin des Museums «Haus des Terrors» in Budapest, war sie einst eng befreundet.
Inzwischen wird Applebaum dem linksliberalen Lager zugeordnet. Sie schreibt regelmässig im Magazin «The Atlantic» und für Zeitungen wie den «Guardian».
In ihrem jüngsten Buch «Twilight of Democracy» beschreibt sie, wie sich das ehemals antikommunistische Lager in zwei Lager aufgeteilt hat: In Liberale, die nach wie vor an Rechtsstaat und Demokratie glauben, und in Rechte, die beides überwinden wollen. Die Freunde von einst sind sich inzwischen spinnefeind. Applebaums ehemalige Kolleginnen und Kollegen begegnen ihr heute mit offenem Hass.
Rechtskonservative sind Nationalisten und haben ihre eigenen Mythen. In Ungarn etwa hat Viktor Orban den Milliardär George Soros zu einem teuflischen Monster erhoben. Er wolle das Vaterland mit muslimischen Immigranten überschwemmen, die christliche Kultur vernichten, und überhaupt sei er für alles Unheil auf dieser Welt verantwortlich.
In Polen ist der Tod des ehemaligen Präsidenten Lech Kaczynski zu einem Mythos geworden. Er starb am 10. April 2010 bei einem Flugzeugabsturz in der russischen Stadt Smolensk. Grund des Absturzes war dichter Nebel und die Weigerung des polnischen Präsidenten, entgegen dem Rat des Piloten nicht auf einen sicheren Flughafen auszuweichen. Kaczynskis Zwillingsbruder Jaroslaw – heute starker Mann in Polen – hat jedoch alle Hebel in Bewegung gesetzt, dieses Unglück als Machwerk einer Verschwörung gegen sein Land zu inszenieren.
Die einzelnen Verschwörungen verschmelzen zunehmend. Okay, es gibt Ausnahmen. Wegen der Tirol-Frage sind sich österreichische und italienische Rechte bis heute noch nicht wirklich näher gekommen. Doch so paradox es auch klingen mag: Inzwischen hat sich so etwas wie eine Internationale der Nationalisten gebildet.
Ein typisches Beispiel dieser internationalen Zusammenarbeit der Rechtsextremisten ist der Brand der Kathedrale Notre Dame in Paris. Kaum tauchten die ersten Bilder der brennende Kirche auf, wurden sofort auf den einschlägigen Kanälen die Meldung von angeblich vor Freude tanzenden Muslimen verbreitet. Es waren grösstenteils die gleichen Lügen und die gleichen gefakten Bilder.
Anne Applebaum stellt dazu fest:
Auch Donald Trump klinkt sich zunehmend in dieses internationale Netz der Rechten ein. So sprach er jüngst in einem Interview mit Fox News von «sehr dummen reichen Menschen», welche die Proteste gegen die Polizeigewalt finanzieren würden. Es war allen klar, wen er damit meinte: George Soros.
Ohne einen Hauch von Beweisen schwafelte der US-Präsident auch über mit «schwarzen Schlägern gefüllte Flugzeuge», die nach Washington oder Portland unterwegs gewesen seien.
Schliesslich behauptet er auch, sein demokratischer Herausforderer Joe Biden werde von dunklen Mächten kontrolliert, von Leuten, «von denen wir noch nie etwas gehört» hätten. Das tönt genauso wie die Verschwörungstheorien, welche die inzwischen leider sattsam bekannte QAnon-Bewegung verbreitet.
Kein Wunder also, wird Trump nicht nur in den USA als neuer Führer der Rechtsextremen verehrt. Das gilt etwa für Deutschland, wie die «New York Times» schreibt. Die renommierte Zeitung zitiert dabei Miro Dittrich, einen Experten für Rechtsextremismus, wie folgt:
Tatsächlich ist auffällig, dass bei der versuchten Stürmung des Reichstages bei der jüngsten Anti-Corona-Demonstration in Berlin nicht nur Reichsflaggen, sondern auch US-Fahnen zu sehen waren. Das rechtsextreme Magazin «Compact» übersetzt regelmässig Trumps Reden auf Deutsch.
Auf der Titelseite der letzten Ausgabe war ein grosses Q abgebildet, das Symbol der QAnon-Bewegung. Es war auch auf zahlreichen T-Shirts von Demonstranten zu sehen. Trump weigert sich bekanntlich, sich von den absurden Thesen dieser Bewegung zu distanzieren.
Bis vor kurzem war QAanon in Deutschland praktisch unbekannt. Heute hat sie dort ausserhalb der USA am meisten Anhänger. «Es gibt eine riesige Gemeinschaft in Deutschland», stellt Dittrich fest.
Die Reichsbürger hoffen derweil, dass Trump sie zusammen mit Wladimir Putin von der «Merkel-Diktatur» befreien werde. Der durchgeknallte Koch Attila Hildman hat gar einen Aufruf an den US-Präsidenten gerichtet, Deutschland vor Bill Gates und den Rothschilds zu bewahren.
In einem Interview erklärte Hildmann kürzlich: «Trump ist jemand, der seit Jahren gegen den ‹tiefen Staat› kämpft. Er ist die Lichtgestalt der Bewegung geworden, besonders für QAnon.»
Leider reicht es nicht, QAnon, die Rechtsextremen und auch Trump als Spinner abzutun. Zu Recht gibt Anne Applebaum zu bedenken:
Genau das ist der eigentliche Erfolg der autoritären Rechten und ihrem grossen Förderer Putin, ohne dessen Destabilisierung des Westens und seiner Unterstützung die europäischen, wie auch die amerikanischen Nazis nie derart bestimmend hätten werden können.
Ohne soziale Medien wäre die Welt ein viel besserer Ort...
... Und das schreibe ich in einem News Portal Kommentar... Ok... LOL