Nein, Nikki Haley kann Donald Trump nicht gefährlich werden. Die ehemalige UN-Botschafterin mag in den Vorwahl-Debatten gegen ihre inzwischen auf drei Männer geschrumpfte Konkurrenz punkten. Diese Veranstaltungen sind jedoch nicht einmal mehr Folklore, sie sind bedeutungslos geworden.
Dass Haley neuerdings Freunde und sehr viel Geld an der Wall Street gewonnen hat und dass ihr auch der Mäzenen-Kreis um Charles Koch seine Unterstützung zugesagt hat, nützt ihr ebenfalls nichts. Ja, es schadet ihr sogar: Trump kann ihr jetzt um die Ohren hauen, sie sei abhängig von der liberalen Elite und korrupten Geldsäcken.
Die Gefahr für Trump droht aus einer ganz anderen Ecke, nämlich von Liz Cheney. Seit der Ex-Präsident seine Wahlniederlage leugnet und am 6. Januar 2021 gar einen Putsch-Versuch unternommen hat, steht er unter Dauerbeschuss seitens der Tochter des ehemaligen Vize-Präsidenten Dick Cheney.
Das war alles andere als vorhersehbar: Liz Cheney hat Trump 2016 noch ausdrücklich unterstützt. Sie hat im Abgeordnetenhaus zu fast 100 Prozent mit ihm gestimmt, und sie ist wie ihr Vater – den sie kritiklos verehrt – konservativ bis in die Knochen. Gleichzeitig war sie bis vor zwei Jahren die dominante Frau in der Grand Old Party (GOP). Sie war die Nummer drei und hatte direkten Zugang zu allem, was in Washington Rang und Namen hat.
Nun aber hat Cheney ihre politische Karriere dem Kampf gegen Trump geopfert und soeben ein Buch mit dem Titel «Oath and Honor» veröffentlicht. Es handelt sich um eine gnadenlose Abrechnung mit dem Ex-Präsidenten und seinen Speichelleckern in der GOP – und es ist im Begriff, ein Bestseller zu werden. Bei der Amazon-Hitliste steht es an erster Stelle, die erste Auflage ist bereits ausverkauft.
So konservativ Cheney ist, so überzeugt ist sie auch von Demokratie und Rechtsstaat. Sie hat erkannt, dass der Ex-Präsident eine Bedrohung für beides darstellt. «Weil Donald Trump die Republikanische Partei nach wie vor fest im Griff hat, bin ich der Meinung, dass unsere Demokratie durch Donald Trump in Gefahr ist», sagt sie. «Auch international ist die Demokratie grossen Risiken ausgesetzt.»
Cheney ist derzeit Gast in sämtlichen amerikanischen TV-Shows, ausser bei Fox News. Dabei wiederholt sie unablässig ihre Kernbotschaft: «Wir haben die Wahl, entweder die Verfassung – oder Trump.»
Die Big Lie nach Trumps Wahlniederlage war der Augenöffner für Cheney. Sie hat in Echtzeit miterlebt, wie der Ex-Präsident und seine Gehilfen versucht haben, die Wahlniederlage in einen Sieg umzuwandeln, und hat erkannt, wie nahe diese dabei ihrem Ziel gekommen sind. Die Fake-Elektoren-Stimmen waren bereits gesammelt und die unberechtigten Wahlmänner standen bereit. Hätte Mike Pence sich am 6. Januar nicht als standfest erwiesen, wäre der Putsch geglückt und hätte die USA in eine Verfassungskrise mit unwägbaren Konsequenzen gestürzt.
Mit nachvollziehbaren Details unterstreicht Cheney ihre Botschaft. Sie schildert beispielsweise, wie ihr Kevin McCarthy – damals Minderheitsführer der Republikaner im Abgeordnetenhaus – erzählt habe, er sei zwei Wochen nach dem Sturm aufs Kapitol aus Sorge um Trumps Gesundheit nach Mar-a-Lago gepilgert. «Er isst nichts mehr», habe McCarthy als Grund für seinen beschämenden Canossa-Gang angeführt. Damit dürfte er in der Hitparade der absurdesten Ausreden für alle Zeiten einen Spitzenplatz errungen haben.
Wie weit sich die GOP von ihren Werten entfernt hat, belegt Cheney mit einer Reihe von Anekdoten, etwa mit folgender: Weil sie sich nicht der Big Lie unterordnen wollte, warfen ihr ihre ehemaligen republikanischen Kollegen vor, sie würde die Partei verraten. Mike Kelly, ein Abgeordneter aus dem Bundesstaat Pennsylvania, schrie sie gar an: «Du führst dich auf wie die Freundin eines Fussballspielers, die sich bei dessen wichtigstem Spiel zu den Fans des Gegners setzt.» Cheney musste ihn daraufhin sanft zurechtweisen: «Mike, ich bin nicht deine Freundin.»
Inzwischen ist Cheney zum Paria innerhalb der GOP geworden. Vor Jahresfrist ist sie in den Vorwahlen im Bundesstaat Wyoming gegen eine Trump-loyale Konkurrentin ausgeschieden. Doch was sie an politischer Macht verloren hat, hat sie an Ansehen gewonnen. Selbst liberale Politiker und Journalisten, die sich vor Jahren noch bei ihrem Anblick bekreuzigt haben, zollen ihr nun Respekt.
Cheney kann Trump nicht daran hindern, die Vorwahlen der Republikaner haushoch zu gewinnen. Im Duell gegen Joe Biden hingegen kann sie das Zünglein an der Waage spielen. Ihre Botschaft kommt bei den Frauen in den Vorstädten gut an, und diese Stimmen werden im kommenden November mitentscheiden über Sieg oder Niederlage.
Liz Cheney springt dabei über ihren Schatten und plädiert für einmal dafür, die Demokraten zu wählen, denn Trump strebt ein autoritäres Regime nach dem Vorbild von Wladimir Putin oder Viktor Orbán an. Das kann inzwischen selbst ein Blinder mit dem Stock erkennen. So hat der Ex-Präsident soeben in einem Interview mit Sean Hannity bei Fox News auf die Frage, ob er eine Diktatur wolle, wie folgt geantwortet: «Ja, aber nur für einen Tag.»
Man muss sehr naiv sein, um das als Witz zu betrachten – und sei er noch so schlecht.
Dieses Verhalten hat erschreckende Parallelen zu unsere Vergangenheit. Hindenburg hat damals Hitler nur zum Reichskanzler ernannt, weil konservative Parteien extrem viel Druck ausgeübt haben. Es ging dabei nicht um den Weg den Hitler einschlagen wollte, sondern nur um ihre eigene Macht zu festigen.
Macht es wie die Schweiz und lehrt den Dialog. Nicht dass wir fehlerfrei wären - aber ein Sturm aufs Stöckli geht bei uns nicht.
Weshalb alle vier Jahre Unsummen an Geld verschwenden, wenn man zwei Jahre politisiert und zwei Jahre Wahlkampf hat und das für EINE PERSON…
Kann alles detailliert auf über 800 Seiten* nachgelesen werden.
Und das Schlimme daran: Er hat nicht trotzdem fast 50% Wähleranteil - sondern (auch) deswegen!
Es ist glasklar: Trump will die Demokratie anschaffen - und das ist keine Übertreibung. Kann man hier detailliert nachlesen:
* https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/international/wie-donald-trump-amerika-umbauen-wird-ld.1765259