International
Analyse

Norwegen sorgt sich: Macht Trump mit Putin in Arktis gemeinsame Sache?

Spitzbergen
Eisiges Naturparadies: Die Inselgruppe Spitzbergen ist für ihre Schneelandschaften, Abgelegenheit und Eisbären bekannt.Bild: Shutterstock
Analyse

Die Angst der Skandinavier: Trump könnte mit Putin in der Arktis gemeinsame Sache machen

Äusserungen von Donald Trump bezüglich der Ausweitung des US-Territoriums um etwa Grönland geben zu denken. Nun sorgt sich auch Norwegen um die Inselkette Spitzbergen. Auch die Russen und Chinesen haben in der Arktis Ambitionen.
15.01.2025, 09:4815.01.2025, 12:54
Mehr «International»

Wladimir Putin versucht seine Expansionsfantasien mit dem brutalen russischen Überfall auf die Ukraine aktiv umzusetzen, Donald Trump kokettiert offen mit der Annexion Grönlands und Kanadas und zu glauben, dass Xi Jinping langfristig die Finger von Taiwan lässt, benötigt eine gehörige Portion Optimismus (oder Naivität?). Die Liste liesse sich beliebig erweitern. Auch Länder wie Aserbaidschan deuten in jüngerer Vergangenheit immer unverfrorener Expansionspläne an.

Imperialismus gehörte im 21. Jahrhundert bisher vermeintlich der Vergangenheit an, doch anno 2025 scheinen entsprechende Anwandlungen wieder gross in Mode zu kommen. Kaum verwunderlich, dass sich weitere, kleinere Länder wegen des Gebarens der Weltmächte sorgen. So zum Beispiel Norwegen.

So hat sich Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Store im Zuge von Trumps Aussagen über Grönland vor kurzem genötigt gefühlt, vorsorglich eine Erklärung zur Inselgruppe Spitzbergen (Svalbard auf Norwegisch) abzugeben:

«Svalbard ist Norwegen, und Svalbard ist sicher»

Dass Gahr Store das Thema derart direkt adressiert, ist erstaunlich, denn Trump hat sich selbst gar nicht zu Spitzbergen geäussert. Die Norweger haben in Anbetracht der Aussagen des künftigen US-Präsidenten zu Grönland aber allen Grund, alarmiert zu sein.

Norwegian Prime Minister Jonas Gahr Store speaks to media during the Joint Expeditionary Force Leaders' Summit, at the Estonian Knighthood House in Tallinn, Estonia, Tuesday, Dec. 17, 2024. (AP P ...
Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Store gab vorsorglich ein Statement zu Spitzbergen ab.Bild: keystone

Denn der Spitzbergen-Archipel ist zwar massiv kleiner als Grönland, bringt aber ähnliche «Qualitäten» mit. Es gibt Rohstoffvorkommen und kann sowohl aus militärischer Perspektive als auch als Forschungsstandort in der Arktis ein strategisch wertvolles Gebiet sein.

Hier liegt Spitzbergen, östlich von Grönland und nördlich von Norwegen.

Und in dieser haben nicht nur die Amerikaner Ambitionen, wie diese mit ihren jüngsten Aussagen unverblümt unterstrichen haben. So erklärte Mike Waltz, den Trump für die Position des Nationalen Sicherheitsberaters vorgesehen hat, bei Fox News offen:

«Es geht nicht nur um Grönland. Es geht um die Arktis. Russland versucht, König zu werden … es geht um Öl und Gas. Es geht um unsere nationale Sicherheit. Es geht um kritische Mineralien»

Das sehen Xi Jinping und insbesondere Wladimir Putin in Bezug auf die Arktis ähnlich. Während China vor allem aus wirtschaftlichen Gründen Interesse am Gebiet rund um den Nordpol hat, steht für die Russen in Anbetracht der Spannungen mit dem Westen die militärische Bedeutung im Vordergrund. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte vergangene Woche in Bezug auf Trumps Grönland-Kommentare:

«Die Arktis ist auch eine Zone unserer nationalen Interessen, unserer strategischen Interessen.»

Man verfolge die Entwicklungen mit Interesse, sei aber daran interessiert, «die Atmosphäre des Friedens und der Stabilität in der Arktiszone zu bewahren».

Es sind genau diese Aussagen, die die Skandinavier oder auch die Finnen aufschrecken lassen.

Was, wenn die Grossmächte USA und Russland gemeinsame Sache machen und die Arktis und ihre Ressourcen quasi untereinander aufteilen wollen?

Dass diese Theorie keineswegs aus der Luft gegriffen ist, zeigen Aussagen im russischen Staatsfernsehen. In der Sendung von TV-Propagandist Wladimir Solowjow sprachen die Gäste jüngst offen über die Idee, dass Trump womöglich Grönland bereitwillig mit Russland aufteilen würde.

Andrej Guruljow, Duma-Abgeordneter und ehemaliger Kommandant in der russischen Armee, erklärte, dass Russland sich genauso wie die Amerikaner um Grönland bemühen müsse, wie «The Daily Beast» berichtet. Wenn Trumps Gefolge dort auftauchen und über einen Kauf oder Einflussnahme verhandeln könne, dann solle Russland das doch einfach auch tun.

Dass das Gebiet eigentlich Dänemark gehört, spielt bei Guruljows Überlegungen offensichtlich nur noch eine Randnotiz:

«Wenn alles andere scheitert, können wir einen Deal mit Trump machen und Grönland in zwei Teile teilen. Natürlich wird Dänemark nie wieder einen Fuss dorthin setzen.»

Es ist genau diese Nonchalance, diese Unverfrorenheit auf beiden Seiten, die auch in Norwegen Sorge bereitet. Tore Wig, ein norwegischer Politikwissenschaftler der Universität Oslo, erklärte gegenüber dem US-Magazin «Politico» in Bezug auf Spitzbergen:

«Wir sollten uns Sorgen machen, dass Spitzbergen als Verhandlungsmasse bei Verhandlungen über die Arktis eingesetzt werden könnte.»

Trumps Äusserungen haben in Bezug auf die Arktis, aber auch generell, eine weitere gefährliche Dimension: Sie legitimieren es nicht gerade, aber sie senken die Hemmschwelle für die imperialistische Idee, das eigene Territorium auf Kosten von kleineren, schwächeren Akteuren zu vergrössern. Andreas Osthagen, Politforscher am Osloer Fridtjof Nansen Institut, erklärt gegenüber Politico:

«Das ist genau das, wogegen die USA und die vom Westen angeführte Ordnung seit Ende 70 oder 80 Jahren argumentieren.»

Bei Trumps Aussagen mag es sich womöglich um bekannte und nicht wirklich ernstgemeinte Prahlereien in dem ihm eigenen Stil handeln, doch die Signalwirkung an die anderen Grossmächte ist definitiv gross, weil sie die jahrelange Position der USA und des Westens massiv unterminiert.

Politwissenschaftler Wig führt aus, weshalb er glaubt, dass auch all die internationalen Verträge, das Völkerrecht und die langjährige Zusammenarbeit der westlichen Staaten womöglich am Ende wirkungslos sein könnten – wenn Trump und Co. es eben doch ernst meinen.

«Wenn die Vereinigten Staaten internationale Verträge nicht respektieren – was Trump in seinen Kommentaren zu Grönland zeigt –, dann steht alles auf dem Spiel.»

Auch wenn es in den vergangenen Tagen wieder ruhiger um das Thema geworden ist – Trump hat mit seiner Rhetorik womöglich etwas ins Rollen gebracht, was für Skandinavien und ganz Europa weitreichende Folgen haben könnte.

Wie es ausgehen kann, wenn Grossmächte gemeinsame Sache machen und Gebiete in scheinbarer Einigkeit aufteilen, hat die Geschichte bereits auf übelste Art und Weise gezeigt.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
113 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
banda69
15.01.2025 10:12registriert Januar 2020
Ich habe den kalten Krieg erlebt. Das war kein gutes Gefühl. Aber die aktuelle Situation mit den Russen, Trump und all den rechtsextremen Zerstörern von SVP, AfD, Orban, usw. und die ungewisse Zukunft, machen mir mehr Angst. Die Abhängigkeit, Schwäche und Untätigkeit Eruopas beängstigend. Habe zero Vertrauen in die Politik und in die Medien. Und ich denke auch das ist/war eines der Ziele der Rechten. Und jetzt noch 4 Jahre Trump. Nöd lustig.
15517
Melden
Zum Kommentar
avatar
Voraus denken!
15.01.2025 10:00registriert März 2022
Typen wie Trump zerstören aktiv den Wohlstand im Westen.

Durch Instabilität in der Politik müssen alle Länder massiv aufrüsten um entweder durch Abschreckung oder dann durch aktive Kampfhandlungen die Souveränität zu erhalten.

Unter anderem aus diesem Grund müssen wir endlich Lüge, Faktenverdrehung und Propaganda unter Strafe stellen.
12412
Melden
Zum Kommentar
avatar
YvesM
15.01.2025 10:30registriert Januar 2016
Europa muss endlich eine gemeinsame Strategie und ein geeintes Auftretten finden. Im Moment verkaufen wir uns in Europa extrem unter Wert, weil wir keine Verandwortung übernehmen und niemand harte und unliebsame Entscheide fällen will.
994
Melden
Zum Kommentar
113
    Milei zieht Anhänger mit Krypto-Empfehlung ab – jetzt wird seine Absetzung gefordert
    Nach bestem Vorbild seines US-Kumpels Donald Trump hat Javier Milei eine Kryptoempfehlung empfohlen, die danach abgestürzt ist. Nun fordert die argentinische Opposition seine Absetzung.

    Dem argentinischen Präsidenten Javier Milei droht ein Amtsenthebungsverfahren. Hintergrund ist eine Empfehlung Mileis für eine Kryptowährung. Diese war kurz nach einem Beitrag von ihm auf X, in dem er einen Kauf empfahl, zusammengebrochen. Viele Käufer verloren dabei Geld.

    Zur Story