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Joe Biden und die neue «Achse des Bösen»

Joe Biden und die neuen Staate der Achse des Bösen.
US-Präsident Joe Biden hat China, Russland und den Iran im Fokus.Bild: shutterstock/imago/watson
Analyse

Joe Biden und die neue «Achse des Bösen»

Der US-Präsident will gleichzeitig Wladimir Putin und die Hamas in die Schranken weisen – ein verdammt schwieriger Job.
20.10.2023, 14:3220.10.2023, 15:23
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David Frum war einer der Redeschreiber für George W. Bush. Nach dem Attentat vom 11. September 2001 gegen das World Trade Center in New York legte er seinem Boss den Begriff «die Achse des Bösen» in den Mund. Gemeint waren damit die Staaten Iran, Irak und Nordkorea. Deren gemeinsames Ziel war die Vernichtung der Vereinigten Staaten.

Dieses Ziel verfolgen heute Russland, China und der Iran. Joe Biden verwendet zwar den Begriff «Achse des Bösen» nicht. In seiner Ansprache an die Nation vom Donnerstagabend sprach der US-Präsident jedoch Klartext:

«Hamas und Putin stellen zwar zwei verschiedene Bedrohungen dar. Aber sie verfolgen das gleiche Ziel: Beide wollen einen demokratischen Nachbarstaat vollständig zerstören. (…) Die Geschichte hat uns gelehrt, dass – werden Terroristen oder Diktatoren für ihre Taten nicht zur Rechenschaft gezogen – sie für noch mehr Tod und Chaos sorgen. Wir können deshalb weder Putin noch die Hamas gewinnen lassen – und ich weigere mich, das zuzulassen.»

Anders als Barack Obama ist Biden kein überragender Redner. Doch seine Ansprache zeigt: Da hat ein Präsident seine Aufgabe entdeckt. Michael Beschloss, ein auf amerikanische Präsidenten spezialisierter Historiker, erklärt denn auch in der «New York Times»: «Wenn ein Präsident seine Mission gefunden hat, dann hört und sieht man das in der Regel.»

Die Demokratie zu retten, ist Bidens Mission. Deswegen ist er 2020 gegen Donald Trump angetreten. Ausgangspunkt waren die Ereignisse von 2017 in Charlottesville, einer Stadt im Bundesstaat Virginia. Damals protestierten Neonazis dagegen, dass eine Statue des Südstaaten-Generals Charles Lee entfernt wurde. Dabei skandierten sie Sprüche wie «Die Juden werden uns nicht ersetzen.»

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Neonazis an der berüchtigten Demonstration von 2017 in Charlottesville.Bild: AP/AP

Heute kommt die Bedrohung von Rechtsstaat und Demokratie nicht nur von Neonazis, sondern vor allem von autoritären Staaten wie Russland, China und dem Iran. Diese setzen jetzt alles daran, das scheussliche Massaker der Hamas zu ihren Gunsten auszunutzen. Den ebenso scheusslichen Angriff auf ein Spital im Gazastreifen – er wurde höchstwahrscheinlich von einer defekten Rakete der Terroristen selbst verursacht – nehmen sie zum Anlass für antiamerikanische Propaganda.

Der «Economist» stellt dazu fest:

«Russland und China gehören zu den Gewinnern. Im Globalen Süden (dem inzwischen gängigen Begriff für die Entwicklungsländer, Anm. d. Red.) glauben die meisten Menschen, der komplexe Sachverhalt im Nahostkonflikt sei simpel: Die Palästinenser werden von den israelischen Kolonisten unterdrückt. China und Russland benutzen diese verzerrte Darstellung, um zu argumentieren, dass Amerika damit seine Verachtung für braunhäutige Menschen im Gazastreifen und die Heuchelei in Sachen Menschenrechte ausdrückt – genauso, wie sie behaupten, die Amerikaner hätten den Krieg in der Ukraine provoziert.»

In den Augen Bidens weist die aktuelle Situation eine grosse Ähnlichkeit zu der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg auf. Im Zuge des sogenannten «Appeasements» liess man Hitler viel zu lange gewähren und machte so den Zweiten Weltkrieg möglich.

Präsident Biden will diesen Fehler nicht wiederholen. Deshalb plädiert er eindringlich dafür, dass sich die Amerikaner nicht aus ihrer geopolitischen Verantwortung stehlen dürfen und sich Putin, Xi Jinping und der Hamas entschlossen entgegenstellen müssen. Daher hat er angekündigt, dem Kongress ein wahrscheinlich rund 100 Milliarden Dollar umfassendes Hilfspaket zur Verabschiedung zu unterbreiten. Die Hilfe soll der Ukraine, Israel und Taiwan zugutekommen.

Biden will diese Hilfe keineswegs als Almosen verstanden haben. «Es ist eine kluge Investition, die noch während Generationen Dividenden für die Sicherheit Amerikas abwerfen wird», erklärte er. «Sie wird dazu beitragen, dass unsere Soldaten nicht in Kriege verwickelt werden, und sie wird dabei helfen, die Welt für unsere Kinder und Enkel sicherer und wohlhabender zu machen.»

epaselect epa10928543 A relative of one of the Palestinians killed in an Israeli army operation at Nur Shams refugee camp, mourns at the Thabet Hospital mortuary in the West Bank city of Tulkarem, 20  ...
Eine palästinensische Mutter trauert um ihr getötetes Kind.Bild: keystone

Die eigene Nation von dieser Mission zu überzeugen, dürfte für Biden dabei genauso schwierig sein, wie den Rest der Welt hinter sich zu scharen. Der Isolationismus, der Wunsch der Amerikaner, eine Insel der Seligen für sich zu sein, hat in den USA eine lange Tradition. Nach dem verunglückten Feldzug gegen den Irak und dem Desaster in Afghanistan sind zudem viele Amerikaner kriegsmüde.

Ein wachsender Teil der Republikaner macht seit einiger Zeit Stimmung gegen die Unterstützung der Ukraine mit der demagogischen Begründung, man würde mit diesem Geld besser die Grenze gegen Mexiko sichern. Die Putin-Versteher stossen damit auf wachsende Zustimmung, nicht zuletzt, weil ein Grossteil der Amerikaner die Ukraine nicht auf einer Weltkarte finden kann.

Erschwerend hinzu kommt, dass die Republikaner immer noch keinen neuen Speaker gefunden haben und daher das Abgeordnetenhaus gar nicht in der Lage ist, ein Hilfspaket zu verabschieden.

Die inzwischen verstorbene, ehemalige Aussenministerin Madeleine Albright hat die USA in den Neunzigerjahren als die «unverzichtbare Nation» bezeichnet. Das trifft auch heute noch zu. Auf Präsident Biden lastet eine unglaublich grosse Verantwortung: Er muss gleichzeitig Israel davon überzeugen, nicht zu brutal gegen die Palästinenser vorzugehen. Er muss die gemässigten, arabischen Staaten – Jordanien, Bahrain und vor allem Saudi-Arabien – bei der Stange und sich die «Verrückten» im Kongress vom Leib halten.

Die Last auf verschiedene Schultern abwälzen kann der US-Präsident nicht. «Mr. Biden ist der einzige Staatsmann, der die Sache zusammenhalten kann», stellt der «Economist» fest. «Scheitert er, und kracht die Sicherheit im Nahen Osten zusammen, dann wird dies auch eine Katastrophe für Amerika.»

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53 Kommentare
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Grobianismus
20.10.2023 14:45registriert Februar 2022
Die Weltpolitik macht den Amis zu schaffen, aber wenn einer damit umgehen kann, dann Joe Biden und seine Berater. Wäre Trump im Amt, gäbe es die Ukraine wohl gar nicht mehr.
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N. Y. P.
20.10.2023 15:37registriert August 2018
Noch nie war es so wichtig, dass die Demokraten weiter den US Präsidenten stellen.

Trump wäre für die globale Sicherheit eine gewaltige Hypothek.

Gut, haben wir die Amerikaner.

Team USA 🇺🇸

Und die Schweiz: Schicken Protestnoten in der Gegend herum. Beobachten die Lage. Sind besorgt oder sehr besorgt.
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Martin Baumgartner
20.10.2023 14:58registriert Juni 2022
Dafür wurde doch einmal die UNO gegründet. Aber die können nichts tun, so lange die Vetomächte im Sicherheitsrat alle Beschlüsse verhindern, vor allem wenn sie an den aktuellen Konflikten beteiligt sind.
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