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Argentinien

Javier Milei: So steht er zu Organhandel, Klonen und Abtreibung

FILE - Presidential hopeful of the Liberty Advances coalition Javier Milei brandishes a chainsaw during a rally in La Plata, Argentina, Tuesday, Sept. 12, 2023. During campaign stops and interviews Mi ...
Javier Milei bei seinem Wahlkampf am 12. September 2023. Er hatte Erfolg: Am 19. November gewann er die Präsidentschaftswahlen. Bild: keystone

Verkaufte Kinder, Kettensägen und Klone – die irre Welt des argentinischen Präsidenten

20.11.2023, 12:4620.11.2023, 13:19
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Der libertäre Populist und Oppositionspolitiker Javier Milei hat die Präsidentenwahl am Sonntag in Argentinien gewonnen. Der Kandidat der Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) lag mit 55,69 Prozent deutlich vor Wirtschaftsminister Sergio Massa von der linken Unión por la Patria (Union für das Vaterland) mit 44,30 Prozent.

Javier Milei erlangte im Laufe des Wahlkampfes sowohl mit seinem extravaganten Auftreten als auch mit seinen kontroversen Aussagen viel Aufmerksamkeit. Diese sechs Punkte haben für Schlagzeilen gesorgt:

Die Kettensäge ...

Argentinien befindet sich mitten in einer schweren Wirtschaftskrise. Diese will Milei beenden. Helfen soll eine radikale Kehrtwende: Der US-Dollar soll als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt werden, die Zentralbank sowie viele Ministerien sollen abgeschafft und Sozialausgaben gekürzt werden. Zum Symbol der Kehrtwende wurde die Kettensäge, mit der er bei Wahlkampfveranstaltungen immer wild herumfuchtelte.

Er klonte seinen Hund ...

Nachdem Milei bei den argentinischen Vorwahlen im Oktober überraschend den ersten Platz belegt hatte, bedankte er sich vor einer tobenden Menge bei Conan, Murray, Milton, Robert und Lucas. Dabei handelt es sich nicht etwa um Menschen, sondern um seine Hunde, oder seine – wie er sie nennt – «vierbeinigen Kinder».

Das sind allerdings nicht irgendwelche gewöhnlichen Hunde, nein, es sind alles Klone seines ersten verstorbenen Hundes Conan. Erschaffen wurden sie in einem Labor in New York. Solche Klon-Prozeduren ergeben üblicherweise nur einen Klon, bei ihm gab es aber ganze fünf – ganz zu Mileis Freude. Er benannte vier von ihnen nach drei konservativen Wirtschaftswissenschaftlern: Murray Rothbard, Milton Friedman und Robert Lucas (wobei ein Hund Robert, der andere Lucas heisst). Der vierte erhielt den Namen seines ersten «Original»-Hundes: Conan.

Der originale Conan sei buchstäblich wie ein Sohn für ihn gewesen, sagte Milei zu einer argentinischen News-Seite 2018, während die anderen fünf geklonten Hunde wie seine Enkel seien.

... und lässt sich von den Klonen beraten

Der originale Conan war 2017 gestorben, worauf er den Klon in Auftrag gegeben hatte. Gemäss mehreren argentinischen News-Seiten spreche Milei sowohl mit dem toten Conan als auch mit seinen anderen fünf Hunden. Die Gespräche seien aber alles andere als einseitig, denn Milei soll von seinen Hunden strategische Tipps erhalten.

Milei hat diese Spekulationen bisher weder bestätigt noch dementiert. Gegenüber der spanischen Zeitung El País sagte er darauf angesprochen lediglich:

«Was ich in meinem Haus tue, ist mein Problem.»

Im Gespräch mit Vertrauten aus dem Umfeld Mileis erfuhr die argentinische Zeitung LA NACION noch mehr über das Verhältnis zwischen dem verstorbenen Hund Conan und Milei. So soll Milei glauben, dass er und Conan sich in einem vorherigen Leben vor 2000 Jahren zum ersten Mal getroffen hätten. Und zwar nicht nur an einer Strassenecke, sondern im römischen Kolosseum. Er als Gladiator und Conan als Löwe. Sie hätten aber nicht gegeneinander gekämpft, weil sie dazu bestimmt gewesen seien, ihre Kräfte in Zukunft zu vereinen.

Seine enge Beziehung zu seinem Hund hat gemäss einer unautorisierten Biografie einen traurigen Hintergrund: Als Kind sei er von seinem Vater verprügelt und in der Schule gemobbt worden. Später habe er unter tiefer Einsamkeit gelitten, weshalb er eine so enge Beziehung zu seinem Hund aufgebaut habe.

«Organhandel ist ein Markt wie jeder andere»

Als Milei 2022 in einem Radiointerview über die Legalisierung des Organhandels befragt wurde, sagte er, dass der Organhandel ein «Markt wie jeder andere» sei.

«Warum muss alles vom Staat geregelt werden? Mein erstes Eigentum ist mein Körper.»

Die Entscheidung obliege alleine der betreffenden Person. Er argumentierte weiter:

«Wer bin ich, dass ich mich in den Körper eines anderen Menschen einmische? Die Person, die beschlossen hat, Ihnen das Organ zu verkaufen, inwiefern hat sie das Leben, das Eigentum oder die Freiheit anderer beeinträchtigt? Wer sind Sie, um zu bestimmen, was er mit seinem Leben zu tun hat? Wenn es sein Leben ist, sein Körper, sein Eigentum ...»

Beim Thema Abtreibung kommt diese Denkweise hingegen nicht zur Anwendung: Milei möchte die 2020 legalisierte Abtreibung wieder verbieten.

Verkauf von Kindern nicht ausgeschlossen

Als er wenige Tage später gefragte wurde, ob er denn auch den Verkauf von Kindern gutheisse, antwortete er mit:

«Es kommt darauf an.»

Als der Journalist nachhakte, ob denn die Antwort darauf nicht «Nein» sein sollte, präzisierte Milei:

«Wenn ich ein Kind hätte, würde ich es nicht verkaufen.»

Die Antwort hänge von den Begriffen ab, in denen man denke. In 200 Jahren könne man darüber diskutieren.

Der Papst ist ein «Schwachkopf» und «Vertreter des Bösen»

Obwohl sich Milei selbst als Katholik identifiziert, hat er für den Papst keine lobenden Worte übrig. 2020 bezeichnete er ihn etwa als einen «Schwachkopf» und als «Vertreter des Bösen». Der Papst werde immer auf der Seite des Bösen stehen, weil er Steuerabgaben unterstütze.

epa10984102 Pope Francis leads a holy mass for the seventh annual World Day of the Poor in Saint Peter's Square, Vatican City, 19 November 2023. EPA/RICCARDO ANTIMIANI
Papst Franziskus ist Argentinier und seit dem 13. März 2013 im Amt.Bild: keystone

Das sind mutige Worte in einem Land, in dem sich zwei Drittel als Katholiken identifizieren und in dem der argentinische Papst für viele einen Nationalhelden darstellt.

Die argentinische Bevölkerung hat sich davon offensichtlich nicht irritieren lassen. Am 10. Dezember wird Javier Milei als Präsident vereidigt.

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115 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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_kokolorix
20.11.2023 13:28registriert Januar 2015
Die Argentinier sind von Sinnen.
Es wird zwei Generationen benötigen um das Chaos dieses Spinners aufzuräumen. Dabei weiss er nicht mal wie man eine Motorsäge in der Hand hält.
Aber auch das ist Demokratie. Vielleicht kollektiver Masochismus? Bei eingefleischten Katholiken ja nichts aussergewöhnliches.
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Schlaf
20.11.2023 13:01registriert Oktober 2019
Wer hätte gedacht, dass es noch wirrere Menschen als Trump an die Macht eines Landes schaffen.
Der ist ja fast Trump hoch 2🤦🏼‍♂️.
Dann nennt er seine Partei, die Freiheit schreitet voran. Nimmt mich wunder, wessen Freiheit da gemeint ist..
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Snowy
20.11.2023 13:06registriert April 2016
Ein Mensch, der als Kind von den Eltern keine Liebe, sondern Schläge erhielt, keine Freunde hatte um dann als Erwachsener gegen alles und jeden zu kämpfen in grenzenloser Wut.

Dazu noch noch einen Schuss Exzentrik, viel Libertarismus, Populismus gewürzt mit viel Selbstvertrauen und wenig Intelligenz: Fertig ist der Präsident des Grauens.

Und das tragische daran: Gewählt haben ihn va arme Menschen. Milei, der als Erstes die Konzerne + die Infrastruktur verstaatlichen will... Etwas, was direkt im Portemonnaie der Armen schmerzen wird. Überhaupt ist Libertarismus nur im Interesse der Reichsten.
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