Was haben die kleinsten Dörfchen und die grössten Metropolen der Welt gemeinsam? Graffitis! Manche davon sind lästige Kritzeleien und andere wiederum regelrechte Kunstwerke. Und einige dieser Graffitis sind offensiv regierungs- und autoritätskritisch.
Und genau ein solches regierungskritisches Graffiti ist nun in Nordkorea entdeckt worden, wie Daily NK berichtet:
Ein Bürger soll die Schmiererei an einer Hauswand in Pjöngjang im gehobenen Stadtteil Pyongchon entdeckt haben – am 22. Dezember um 4.20 Uhr morgens. Das Graffiti scheint also ein seltenes Zeichen der Unzufriedenheit unter der Elite in der Hauptstadt zu sein.
Nach der Entdeckung dieser Quasi-Majestätsbeleidigung sollen die örtlichen Behörden das Gebiet abgeriegelt und das Graffiti von der Wand geschrubbt haben.
Den Quellen von Daily NK zufolge würden Beamte nun von Tür zu Tür gehen, um Handschriftenproben zu sammeln. Zudem ist es wahrscheinlich, dass auch Kamera-Aufzeichnungen ausgewertet werden. Denn seit Kims Amtsantritt im Jahr 2011 wurden in der ganzen Stadt Tausende von Sicherheitskameras installiert.
Laut Gesetz ist jegliche Kritik an der Familie Kim oder der Partei verboten. Wer auch nur im Verdacht steht, das Regime zu kritisieren, kann wegen «Aufwiegelung» oder «Verbrechen gegen den Staat» angeklagt werden – was in der Regel einer Haftstrafe in einem der berüchtigten Lager für politische Gefangene gleichkommt.
Nach einem ähnlichen Graffiti-Vorfall im Jahr 2018 wurde ein Oberst des Militärs sogar öffentlich hingerichtet, nachdem er für schuldig befunden worden war, Parolen an eine Hauswand in Pjöngjang geschrieben zu haben.
Das Graffiti beschreibt die dramatische Situation in Nordkorea auf den Punkt genau, denn das Land ist mit einer schweren Nahrungsmittelkrise konfrontiert. Die Menschen im Land hungern aufgrund von Grenzschliessungen aufgrund der Covid-19-Pandemie sowie schwerer Überschwemmungen in den letzten Jahren. Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation (FAO) fehlten Nordkorea allein im Jahr 2021 860'000 Tonnen Lebensmittel – was 2,3 Monaten Nahrungsrationen entspreche. Die Regierung greift mittlerweile sogar zu seltsam anmutenden Strategien, um die Hungersnot auch nur ansatzweise in den Griff zu bekommen – und hat begonnen, schwarze Schwäne zu züchten, deren Fleisch laut Propaganda «köstlich schmecken» soll und «gesundheitliche Vorteile» mit sich bringe.
Selbst wohlhabende Menschen in der Hauptstadt leiden zunehmend unter einem Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten sowie Material, um ihre Häuser in den bitterkalten Wintermonaten zu heizen, sagt Toshimitsu Shigemura, Professor an der Waseda-Universität in Tokio.
Ob der Graffiti-Künstler dank der Handschriftenproben bereits gefasst wurde, ist zurzeit unbekannt.
(yam)
Ja ihr Glöcklibuben, trinkt lieber noch etwas Tee und geniesst eure Freiheit, "Diktatur" schreien zu dürfen.