Knapp 21 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica ist der Ex-Serbenführer Radovan Karadzic dafür schuldig gesprochen und zu einer Gesamtstrafe von 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der 70-Jährige sei schuld an tausendfachem Mord, urteilte das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag am Donnerstag.
Der ehemalige Psychiater ist nach Ansicht des Gerichts einer der Hauptschuldigen des Massakers in der damaligen UNO-Schutzzone Srebrenica. Serbische Einheiten hatten im Juli 1995 nach der Eroberung der Enklave etwa 8000 muslimische Männer und Jungen abgeführt und in den umliegenden Wäldern ermordet.
Die Richter verurteilten Karadzic auch für schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Mord, Ausrottung, Deportationen, Terror und Vertreibung. Opfer waren bosnische Muslime und Kroaten. Der Schuldspruch des UNO-Tribunals bezog sich auch auf Karadzics Mitverantwortung für die 44-monatige Belagerung Sarajevos, bei der 10'000 Zivilisten getötet wurden.
«Er verfolgte gemeinsam mit anderen den Plan, alle Nicht-Serben dauerhaft von bosnischem Gebiet zu vertreiben», erklärte der Vorsitzende Richter O-Gon Kwon. Während des Bosnien-Kriegs wurden mehr als 100'000 Menschen getötet und mehr als 2,2 Millionen Menschen in die Flucht getrieben.
Karadzic verfolgte die Urteilsverkündung aufmerksam, aber mit versteinerter Miene. Karadzics Anwalt kündigte an, sein Mandant werde gegen das Urteil Berufung einlegen.
Der Prozess gegen Karadzic hatte sechseinhalb Jahre gedauert. Die Anklage hatte lebenslange Haft gefordert. Die Anklagevertretung dankte den «tausenden» Zeugen, die mutig über die damals begangenen Verbrechen Zeugnis abgelegt hätten.
Mehrere Dutzend Opfer des Krieges hatten vor dem Gericht eine Mahnwache gehalten. Sie waren enttäuscht, dass Karadzic keine lebenslange Haftstrafe bekommen hatte. Auch in Serbien und Bosnien verfolgten viele Menschen die Fernsehübertragung des Urteils.
Karadzic war nach dem Krieg in den 1990-er Jahren jahrelang untergetaucht. Er hatte sich in Belgrad als Heiler niedergelassen und hinter einem dichten Bart verborgen, bis er 2008 enttarnt und verhaftet wurde. 2009 wurde in Den Haag der Prozess gegen ihn eröffnet.
Karadzic verteidigte sich während der 497 Verhandlungstage selbst und führte dazu 248 Zeugen auf. Er bezeichnete sich selbst als unschuldig. In einem Interview vor der Urteilsverkündung sagte er, er habe sich immer für den Erhalt des Friedens eingesetzt und verdiene dafür Lob und keine Strafe.
Als ehemaliger Präsident der selbsternannten bosnisch-serbischen Republik ist er auch der ranghöchste Politiker, der jemals wegen des Völkermordes in Srebrenica schuldig gesprochen wurde. Auch der ehemalige bosnisch-serbische Militärchef Ratko Mladic muss sich in Den Haag verantworten, ein Urteil wird aber erst 2017 erwartet.
Die serbische Regierung berief für Freitag eine Sondersitzung zum Urteil ein. Karadzics frühere Partei SDS kritisierte das Urteil. Er hoffe, dass im Berufungsprozess «das Unrecht korrigiert wird», sagte ihr Vorsitzender Mladen Bosic in Sarajevo. «Karadzic wird in die Geschichte eingehen als einer der grössten Verbrecher», sagte dagegen der sozialdemokratische Parteichef Nermin Niksic.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüsste die Verurteilung. In einer Mitteilung sprach Ban von einem «historischen Tag für die internationale Strafjustiz». UNO-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad Al-Hussein sagte, das Urteil von Den Haag enthalte die «Botschaft, dass niemand über dem Gesetz steht».
Carla del Ponte, die frühere Chefanklägerin des UNO-Tribunals für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag, zeigte sich nicht zufrieden mit dem Strafmass. Für Völkermord müsse die Strafe lebenslänglich sein - das sei symbolisch wichtig für die Opfer, sagte die Tessinerin der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens SRF.
Das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wurde 1991 eingerichtet, ist jedoch bis heute umstritten. So wurde den Staatsanwälten in der Vergangenheit Parteilichkeit vorgeworfen, da sie hauptsächlich Serben anklagten. (sda/dpa/afp/reu)
Ansonsten ist das Urteil, genau wie die Haftstrafe von 40 Jahre, eine reine Farce. Beschämend, dass er nicht einmal lebslang bekommen hat.
Bevor einer motzt: 40Y ist zwar länger als seine Lebenserwartung, aber trotzdem eine Zahl. Der Fall hat viel Symbolik und so sollte das Urteil auch ein- bis eigentlich mehrfach lebenslänglich sein.
Und jetzt noch Madeleine Albright, Bill Clinton, George W. Bush, Donald Rumsfeld, Barack Obama, Javier Solana, und Vladimir Putin vor das Haager Kriegsverbrecher-Tribunal zerren...
Dann wären wir dem Weltfrieden schon ein bisschen näher und die Geschädigten bekommen ihre Genugtuung.
Ansonsten ist dieses Gericht für mich eine reine Farce, und in ein paar Jahren eine Randnotiz in den Geschichtsbüchern.