Vielleicht sei es das erste Mal, dass man jetzt von diesem Thema höre, sagt John Oliver zu Beginn seines kürzlich veröffentlichten Videos. Aber: «Im Westen Chinas werden derzeit ungefähr eine Million Menschen in Internierungslagern gehalten. Die meisten davon sind Uiguren, aber betroffen sind auch Kasachen und andere ethnische Minderheiten.»
Dass man so wenig davon höre, habe eine guten Grund, meint der HBO-Mann, denn «China hat wahrscheinlich alles gegeben, damit diese Story nicht rauskommt.»
Oliver, dessen Sendung «Last Week Tonight» in den USA aufgezeichnet wird, weist auf humorvolle Art immer wieder auf nationale – Trump kann ein Lied davon singen – und internationale Missstände hin. Er kann als Comedian bezeichnet werden, seine journalistische Arbeit ist indes nicht zu unterschätzen.
In seinem letzten Video rollt er in 20 Minuten auf, was im Westen Chinas derzeit abgeht. Die chinesische Führung betreibe derzeit nichts anderes als eine «kulturelle Auslöschung». Oliver zeigt Videos von betroffenen Uiguren, die gegen ihren Willen in die Internierungslager gesteckt wurden. Etwa von einer Mutter, welche ihre Tochter zwei Jahre nicht mehr sehen konnte.
Die Menschen in der Xinjiang-Provinz würden ohne konkretes Vergehen in diese Lager gebracht, so Oliver. Die Uiguren, welche oft muslimischen Glaubens sind, stünden unter Generalverdacht. «Uiguren werden alle so behandelt, als seien sie potentielle Terroristen.»
Diese Punkte sind nicht neu. Vergangenen November beseitigten die sogenannten China Cables die letzten Zweifel, dass die Volksrepublik China für eine der grössten Menschenrechtsverletzungen der Gegenwart verantwortlich ist.
Oliver geht in seinem Video jedoch auch auf Punkte ein, welche erst in den vergangenen Monaten mehr und mehr an die Öffentlichkeit gelangten. So kam ein australischer Think Tank im Frühling dieses Jahres zum Schluss, dass in den vergangenen zwei Jahren über 80'000 Uiguren (konservative Schätzung) in zahlreiche Fabriken im ganzen Land gebracht wurden, wo sie Zwangsarbeit verrichten mussten. Grosse globale Marken haben von dieser Arbeit profitiert: Insgesamt brachte der Think Tank 83 Firmen mit uigurischer Zwangsarbeit in Verbindung. Etwa mit Nike oder Apple.
Vergangene Woche hat nun eine weitere Recherche für Aufsehen gesorgt. Die New York Times hat herausgefunden, dass Uiguren dazu gezwungen werden, Hygienemasken anzufertigen, die jetzt über den ganzen Globus exportiert werden. «Einige der Produkte, welche die Uiguren herstellen, könnten also direkt vor deiner Nase sein», so Oliver.
Zum Schluss meint Oliver, dass jetzt endlich etwas geschehen müsse. Die Zustände im Westen Chinas seien «schrecklich». Die UNO müsse unabhängige Ermittler in die Region entsenden. Regierungen um den Globus müssten die Behandlungen der Uiguren anprangern und grosse Unternehmen wie Nike müssten endlich ihren finanziellen Einfluss ausspielen, damit China endlich diese Missbräuche beende.
All dies werde aber erst passieren, wenn man darüber zu sprechen beginne, so Oliver. Deshalb sei es wichtig, ein Bewusstsein für die Menschenrechtsverletzungen im Westen Chinas zu schaffen. Oliver scheint da seinen Teil beizutragen: Das Video geht momentan viral und hat in noch nicht einmal 72 Stunden bereits fünf Millionen Views auf Youtube gesammelt.
Übrigens: Die Journalistin Haley Willis, welche an der Masken-Recherche der «New York Times» beteiligt ist, sagt auf Anfrage, dass man bis jetzt keine Kenntnis über eine Lieferung von Masken, die von uigurischer Hand angefertigt wurden, in die Schweiz habe. Ihre Nachforschungen seien allerdings nicht umfassend gewesen, da es zu viele Firmen gebe. Eine Verbindung in die Schweiz sei also durchaus möglich. (cma)
Und China muss sich den Ruf als Billiglohn Land bewahren. Wenn wir den zerstörerischen Konsumzwang nicht überwinden, wird die Rechnung katastrophal.