Endlich wieder raus, Freunde treffen, die Familie wiedersehen, Essen gehen und Urlaub im Hotel machen: Österreich geht mit dem Ende der Ausgangsbeschränkungen am 1. Mai grosse Schritte in Richtung Normalität. Wie in kaum einem anderen Land Europas scheint die Corona-Krise in der Alpenrepublik im Griff. Einem Hochfahren der Wirtschaft auf immer breiterer Front steht zumindest aktuell nichts im Weg.
Österreichs Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte am Dienstag in Wien, die Öffnung der Baumärkte und kleiner Geschäfte am 14. April habe den sehr guten Trend nicht ungünstig beeinflusst. Aus Sicht der Regierung ist dies ein klarer Hinweis, dass bei Beachten der weiter geltenden Hygieneregeln – Mindestabstand und ein Mund-Nasen-Schutz – Konsum und Gesundheit kein Widerspruch sein müssen.
«Wir können die Ausgangsbeschränkungen auslaufen lassen», meinte Anschober mit Blick auf den 1. Mai. Grundlage sind niedrige Infektionszahlen. In Österreich stecken sich nur noch wenige Dutzend Menschen pro Tag mit Sars-CoV-2 an.
Nur 700 Erkrankte liegen im Krankenhaus. Zigtausende Betten für Covid-19-Patienten sind leer. Der Reproduktionsfaktor liegt nach offiziellen Angaben bei 0,59 – so niedrig wie noch nie. Der Faktor gibt an, wie viele Andere ein Infizierter mit dem Virus ansteckt.
Bahn frei also für die Öffnung aller Geschäfte und die Angebote vieler Dienstleister ab 2. Mai. Ab 15. Mai sollen Restaurants und Lokale folgen. Dann sind vier Erwachsene pro Tisch erlaubt. Zwischen den Tischen muss ein Meter Abstand gehalten werden. Personal mit Gästekontakt muss Mundschutz tragen. Da die Lokale um 23 Uhr schliessen müssen, stehen Discos und Nachtclubs weiter vor einer ungewissen Zukunft.
Neuigkeiten gab es auch für die in Österreich wichtige Hotellerie. Alle Beherbergungsbetriebe dürfen vom 29. Mai an wieder Gäste empfangen. Die Hotels waren Ende März per Regierungserlass geschlossen worden. Prognosen verdeutlichen bereits den drohenden Einbruch. Der Tourismusberater Ennemoser Consulting befürchtet ein Abrutschen der Übernachtungszahlen auf das Niveau der 1970er Jahre – von zuletzt 153 Millionen auf nur noch 89 Millionen in diesem Jahr. Ob auch ausländische Urlauber kommen dürfen, ist unklar. Noch verhindern das die strikten Reisebeschränkungen.
Gesundheitsminister Anschober warnte sicherheitshalber auch, es sei verfrüht zu glauben, die Krise sei vorbei: «Wir können jederzeit Stopp sagen.» Diese Warnung fehlt bei Pressekonferenzen der österreichischen Regierung derzeit nie. Um eine zweite Erkrankungswelle zu vermeiden, setzt Österreich seit Beginn der Krise auch auf die Erfahrungen anderer Staaten. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigt sich sehr am Rat von Ländern wie Südkorea, Singapur oder Israel interessiert.