Wie Omikron die chinesische Pandemie-Politik vor neue Herausforderungen stellt
In der chinesischen Provinzhauptstadt Xi'an wurden in den letzten Wochen 1600 Neuinfektionen registriert, so viele wie seit fast zwei Jahren nicht mehr. Im Vergleich zu den Fallzahlen in der ersten Welle bewegen sich die Neuinfektionen jedoch noch immer auf sehr tiefem Niveau.
Die Reaktion kam umgehend: Die chinesischen Behörden verhängten den strengsten Lockdown seit Wuhan: Der Alltag der 13 Millionen Bewohner Xi'ans wurde eingefroren. Niemand durfte die Stadt in den letzten zwei Wochen betreten oder verlassen. Menschen müssen in ihren eigenen vier Wänden bleiben – ausser für die obligatorischen Massentests und die nötigsten Besorgungen.
China fährt die «Null-Infektionen-Strategie»
Diese Massnahmen gehören zu Chinas «Null-Infektionen-Strategie». Sobald ein Ausbruch registriert wird, werden strikteste Massnahmen eingeleitet, um das Virus im Keim zu ersticken.
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Damit hat China erreicht, dass bisher gemäss den offiziellen Zahlen verhältnismässig wenige Personen an Covid-19 verstorben sind. Insgesamt dokumentiert das Land der Mitte bisher 4600 Todesopfer. Zum Vergleich: In der Schweiz mit 163-mal weniger Einwohnern sind es mehr als doppelt so viele, nämlich aktuell knapp 12'000 Todesopfer.
Auch bei den bestätigten Fällen muss die Schweiz die schlechtere Bilanz ziehen: Rund 13-mal mehr Fälle wurden hierzulande registriert im Vergleich zu China. Mit rund 87 Prozent ist die Impfquote etwas höher als in der Schweiz.
Warum China diese Strategie gewählt hat
Nachdem viele Länder anfangs – ähnlich wie China – sämtliche Infektionen vermeiden wollten, ist man inzwischen an den meisten Orten in einer Phase, in der das Coronavirus langsam endemisch wird.
China blieb als eines der letzten Länder bei der «Zero-Covid-Strategie». Ein möglicher Grund dafür könnte laut ZDF-Asienkorrespondent Ulf Röller sein, dass die Infrastruktur im Gesundheitssystem bei weitem nicht so gut ausgebaut ist wie in Europa. Während die Schweiz rund 11 Intensivbetten pro 100'000 Einwohner hat, sind es in China nicht mal deren fünf. So hohe Infektionszahlen, wie wir sie im Moment verzeichnen, würden in China entsprechend zu sehr vielen Todesfällen führen.
Nicht zuletzt sind die chinesischen Machthaber auch nervös, weil in weniger als einem Monat die Olympischen Winterspiele in Peking beginnen sollen.
Wie es um Omikron steht
Mit einer hochansteckenden Virenmutation wie Omikron wird die «Zero-Covid-Strategie» zunehmend schwierig umzusetzen. Das Virus wird immer schwieriger einzudämmen – auch, weil der chinesische Impfstoff CoronaVac laut ersten Analysen trotz Booster keinen ausreichenden Schutz vor Omikron bietet.
Forscher in Hongkong haben mithilfe von Blutproben von Geimpften die Wirkung von verschiedenen Impfstoffen gegen die neue Variante Omikron untersucht. Erste Resultate zeigen: Von den 25 Pfizer-Geimpften entwickelten rund 20 bis 25 Prozent Antikörper gegen die Omikron-Variante. Bei den 25 Probanden mit dem chinesischen Impfstoff CoronaVac war es kein einziger.
Eine Omikron-Welle wäre für China entsprechend verheerend – und damit auch für die Weltwirtschaft. Diese Sorge äusserte der deutsche Virologe Christian Drosten kürzlich in der «SonntagsZeitung». Die seit Monaten spürbaren Lieferprobleme in den Bereichen Elektronik, Autos, Gummi- und Kunststoffwaren und Möbel würden sich enorm verschärfen.
