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Wie es der Name bereits verrät, zielt «Zero Covid» darauf, in einer Region, einem Land oder sogar in ganz Europa die Fallzahlen auf null zu reduzieren. In einer Gemeinschaftsaktion soll das Leben herunter gefahren werden – so lange, bis keine Neuinfektionen mehr nachgewiesen werden können.
Konkret heisst das: Alle Kontakte, die irgendwie vermieden werden können, sollen vermieden werden. Nebst Homeoffice und Restaurants umfasst die Idee auch geschlossene Fabriken, Handwerksbetriebe, Baustellen, Schulen und keine Treffen mit Personen aus anderen Haushalten. Nur die «absolut systemerhaltenden Jobs» sollen weiterhin ausgeführt werden. Dazu kommen Einreiseverbote, Reisebeschränkungen und reduzierte Bewegungsradien.
Hinter der Idee stecken Vertreter aus Gesundheitswesen, Journalisten, Künstler aber auch Ökonomen aus verschiedensten europäischen Ländern.
Nehmen wir die Länder unter die Lupe, welche von den «ZeroCovid»-Initianten oft als Vorbilder genannt werden. Dazu gehören die Inselstaaten Neuseeland und Australien, das chinesische Nachbarland Vietnam und die skandinavischen Länder Norwegen und Finnland. Im Vergleich zur Schweiz bewegen sich die Neuinfektionen bei allen auf deutlich tieferem Niveau.
Vorab gilt es allerdings zu sagen: Eine mehrwöchige komplette Stilllegung der Wirtschaft, wie es die Initianten bei uns vorschlagen, war bei allen erwähnten «Vorbildern» nicht in diesem Umfang nötig.
Beide Länder versuchen mit allen Mitteln, das Coronavirus fernzuhalten. So befand sich beispielsweise die Stadt Melbourne in einem 112-tägigen Lockdown, der Ende Oktober mit Beginn des australischen Frühlings endete.
Inzwischen hat sich das Leben wieder verhältnismässig normalisiert. Geblieben sind strenge Einreisebeschränkungen, die aktuell die Tennis-Spieler bei ihrer Vorbereitung auf die Australian Open zu spüren bekommen.
So antwortete beispielsweise eine Australierin auf Belinda Bencics Twitter-Post, in dem sie sich über ungleiche Trainingskonditionen beschwert: «Wir haben keine lokal übertragenen Fälle. Respektiere das. Wenn du das nicht magst, geh nach Hause. Wir schätzen unsere Null [Fälle].»
We have no community cases. Respect that. If you don't like it go home. We value our 0.
— Sharna Nicole 🍹 (@sbooth29) January 16, 2021
Beide Länder verzeichnen seit Oktober kaum mehr Neuinfektionen. Möglich macht diesen Erfolg auch die geografische Situation als Inselstaat: Wer nach Neuseeland reisen will, muss vor Abflug einen negativen Coronatest vorweisen können – und trotzdem sicherheitshalber zusätzlich 14 Tage in Quarantäne nach der Einreise.
In Vietnam hatte man – wie in vielen ostasiatischen Ländern – einen offensichtlichen Wissensvorsprung. Denn die Folgen der Pandemien in jüngster Vergangenheit, wie SARS 2003 oder der Vogelgrippe 2009, waren noch allgegenwärtig.
Noch bevor der erste Fall in Vietnam registriert wurde, hielt die Regierung die 100 Millionen Einwohner an, im gesamten öffentlichen Raum Masken zu tragen. Als eines der ersten Länder strich man alle Flüge aus China und verriegelte die gemeinsame Grenze. Sofort wurden die sorgfältig geplanten Testcenter in Betrieb genommen und aufgedeckte Fälle sorgfältig nachverfolgt.
Mit dem Remake eines bekannten Songs als Hygiene-Guideline landete die vietnamesische Regierung sogar einen viralen Hit auf YouTube: Er lief in öffentlichen Gebäuden, Liften und Einkaufszentren in der Dauerschlaufe.
Trotz der guten Vorbereitung stiegen im April und August die Fallzahlen an. Doch die Reaktion liess jeweils nicht lange auf sich warten: Die Regierung rief beide Male umgehend eine epidemiologische Notsituation aus, die das ganze Land in einen strikten Lockdown versetzte.
Finnland hat seit Beginn der Krise bemerkenswert tiefe Fallzahlen. Zu verdanken haben dies die Finnen unter anderem einem schnell in Kraft gesetzten zweimonatigen Lockdown im Frühling. Reisen von und nach Finnland wurden praktisch komplett unterbunden. Die weit fortgeschrittene Digitalisierung an Schulen ermöglichte auch ein verhältnismässig reibungsloses Homeschooling während vieler Wochen.
Auch das Contact Tracing funktionierte von Beginn weg hervorragend – nicht zuletzt dank der hohen Akzeptanz der finnischen Tracing-App: Rund die Hälfte der Bevölkerung hat die App auf ihrem Smartphone installiert.
Ausserdem führen Experten die positive Entwicklung auf das grosse Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zurück. Eine Umfrage zeigte: 73% der Finnen stehen voll hinter den Entscheidungen der Regierung und es gebe entsprechend kaum Widerstand gegen die Massnahmen.
Mitte März galt Norwegen noch als eines der stärker betroffenen Länder in Europa. Am 12. März vermeldete Norwegen den ersten Todesfall in Zusammenhang mit Covid-19 und ging noch am gleichen Tag in einen Shutdown über.
Im Sommer konnte wieder gelockert werden, die strengen Einreisebestimmungen behielt Norwegen aber bei. Wer in diesen Tagen einreisen will, braucht einen negativen Test und muss zusätzlich 10 Tage in Quarantäne.
Der strikte Vorschlag ist sehr umstritten. Zu berücksichtigen gilt es, dass die Schweiz als Binnenland im Vergleich zu den oben genannten Ländern einen grossen und wichtigen Grenzverkehr hat und solche Massnahmen ohne Absprache mit dem Ausland wenig Sinn ergeben würden.
Zu diskutieren geben dürfte auch die Bestimmung der «absolut systemrelevanten Jobs». In unserer komplexen Wirtschaft hängt vieles zusammen – sollte beispielsweise ein kaputter Lastwagen eine Ladung Masken in ein Spital bringen, kann dieser nicht repariert werden, wenn der Mechaniker im Lockdown ist.
Nichts desto trotz befinden sich im Initiativ-Komitee einige Schweizer Vertreter, so beispielsweise die Genfer Nationalrätin Stéfanie Prezioso («Ensemble à Gauche», Fraktion Grüne) und drei Kantonsparlamentarier aus dem Tessin.
Und dann kommt ein Grenzgänger, welcher in einem systemrelevanten Job arbeitet und alles war für die Katz.