Es ist ein schlimmer Anblick. Das kleine Hotel in Kröv an der Mosel im Westen Deutschlands ist in sich zusammengesackt. Eine Etage ist verschwunden, Fenster, Balken und Giebel sind verschoben. Etliche Urlauber hielten sich zum Zeitpunkt des Unglücks am späten Dienstagabend in dem Hotel auf. Nach einer stundenlangen Rettungsaktion dann die traurige Nachricht: Eine Frau und ein Mann sind in den Trümmern getötet worden.
Doch bei der Rettungsaktion gibt es auch ein kleines Wunder um eine Familie: Unter den sieben teils Schwerverletzten werden vier bereits am Morgen gerettet – unter ihnen auch ein zweijähriges Kind. Als es nach Stunden des Bangens in einem Kinderschlafsack aus dem Haus getragen wird, werden viele vor Ort emotional. «Ich habe mich noch nie so gefreut, ein fremdes Kind zu sehen. Wir hatten alle Tränen in den Augen», sagte der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises Bernkastel-Wittlich (Rheinland-Pfalz), Jörg Teusch.
Zu den Geretteten gehört auch die Mutter des kleinen Kindes. Der Vater war zunächst noch eingeklemmt und schwerer verletzt. Er wurde schliesslich gegen Mittag aus den Trümmern geholt. Vorher hatte Einsatzleiter Teusch noch gesagt: «Wenn wir das schaffen, die Familie am heutigen Tag wieder zusammenzuführen, ist das Balsam auf die Seele.» Auch bei den anderen noch im Haus verbliebenen Menschen hoffte er auf baldige Rettung.
Anfangs hatte die Lage noch schlimmer ausgesehen. «Wir sind davon ausgegangen, alle, die dazwischen liegen, sind tot», sagte Teusch, als noch die ersten Helfer eintrafen. Die Rettungsaktion gestaltete sich von Beginn an extrem schwierig, da das Gebäude völlig instabil war und sich anfangs noch etliche Zentimeter bewegte. Stundenlang versuchte man, sich Zugang zu verschaffen, mit Deckenbohrungen und Richtmikrofonen nahmen die Retter Kontakt mit den Verschütteten auf. Sensoren wurden an dem Gebäude angebracht, die messen, ob es weitere Bewegungen gibt.
Die gesamte Gebäudestruktur gleiche einem Kartenhaus, sagte Teusch. «Wenn man dort an einer falschen Karte zieht, dann stürzt dieses Gebäude mit Sicherheit ein.» Für die Rettungskräfte bedeute dies ein grosses Risiko – sie müssten vorsichtig sein.
Nach dem Unglück steht der idyllische Moselort unter Schock. «Ich kann es gar nicht glauben», sagte eine Anwohnerin mit Tränen in den Augen. Und eine andere: «Ich bin einfach nur schockiert.» Der Unglücksort war abgesperrt, Betonteile lagen am Haus.
Zwei Frauen berichteten von dem Moment des Einsturzes: Sie seien im Dachgeschoss des Hotels gewesen: «Es war ein richtig grosser Knall. Wie, wenn ein Flugzeug in ein Gebäude kracht», schildert eine der beiden. Das Treppenhaus sei weg gewesen, sie seien über den Balkon gerettet worden. Ihre Freundin war zunächst noch eingeschlossen. Sie war mit ihrem Hund dort, der auch gerettet wurde.
Die Unglücksursache ist laut Polizei noch völlig unklar. Ein Sachverständiger solle beauftragt werden, teilte der leitende Trierer Oberstaatsanwalt Peter Fritzen mit. Ermittelt werden könne erst, wenn die Rettungsarbeiten abgeschlossen seien.
Insgesamt wurden den Angaben zufolge nach dem Unglück 21 Menschen aus drei Häusern in der Nachbarschaft evakuiert. Im Hotel selbst seien 14 Personen gewesen, von denen fünf schnell gerettet wurden.
Kröv liegt an der Mittelmosel im Landkreis Bernkastel-Wittlich in Rheinland-Pfalz. Gerade jetzt zur Sommerzeit sind in der für Weinbau bekannten Region viele Touristen unterwegs. Die Grundsubstanz des teilweise eingestürzten Hotels mitten in der Ortschaft ist laut Teusch wohl aus dem 17. Jahrhundert.
Darauf seien 1980 noch einmal zweieinhalb Geschosse aufgesattelt worden. Dabei sei «eine Grundkonstruktion über Hohlkammerdecken mit entsprechenden Tragkonstruktionen» gebaut worden, auf denen dann alles lag. Gutachten müssten nun zeigen, «ob da irgendwas in der Unterkonstruktion der alten Bausubstanz versagt hat». Fakt sei, dass es am Dienstag noch Bauarbeiten an dem Gebäude gegeben habe. Ob die in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Einsturz stehen, würden die Ermittlungen zeigen.
(hah/sda/dpa)