Dümmlich grinsende Jugendliche und junge Erwachsene, die zur Melodie eines Party-Schlagers «Deutschland den Deutschen, Ausländer raus» grölen, versetzen die sozialen Medien in der Bundesrepublik in helle Aufregung und beschäftigen mittlerweile auch die Polizei.
Das entsprechende Video, das offenbar bereits an Pfingsten aufgenommen wurde und am Donnerstagabend auf X, dem früheren Twitter, auftauchte, zeigt nicht etwa Neonazis in der ostdeutschen Provinz, sondern augenscheinlich gut situierte junge Leute auf der Nordseeinsel Sylt, die sich auf einer Party befinden, für die sie laut «Bild»-Zeitung 150 Euro Eintritt bezahlt haben.
Die Stimmung ist ausgelassen; natürlich ist Alkohol im Spiel. Einer hält ein Glas Rosé-Wein in der Hand, ein anderer hat beide Hände frei, sodass er den rechten Arm ausstrecken und die Finger der linken Hand unter die Nase halten kann, vermutlich, um einen Hitler-Bart anzudeuten. Eine junge Frau scheint sich unwohl zu fühlen und wendet sich von der Kamera ab; damit bleibt sie unter dem guten Dutzend Personen, die im Video zu sehen sind, allerdings allein.
Der Nachtclub «Pony», in dessen Garten die Aufnahme entstanden ist, gilt als Treffpunkt von Reichen und Prominenten im Örtchen Kampen. Wer die grölenden jungen Leute sind, ist noch unbekannt; über die Urheberin des Videos weiss man mittlerweile, dass sie bis vor einigen Jahren Pressearbeit für ein Unternehmen machte, das Hundepflegeprodukte herstellt.
Dass der Vorfall eine solche Aufregung verursacht, dürfte dem Zusammentreffen von Reichtum und Neonazi-Parolen geschuldet sein; berechtigte Empörung und Sozialneid gehen ineinander über. Dass rassistische Sprüche auch in diesem Milieu von Kragenhochstellern und Porsche-Fahrern geklopft werden, scheint manche in ihrem Ressentiment zu bestätigen und viele zu schockieren.
Womöglich ist die Kombination aber weniger überraschend, als es zunächst scheinen mag: Dem Typus des AfD-nahen Zahnarztes begegnet man in Deutschland allzu häufig, um ihn noch als blosses Klischee abtun zu können. Dass auch Besserverdiener nach ganz weit rechts tendieren können, ist zudem durch Studien belegt.
Tim Becker, der Betreiber des «Pony», will von dem Treiben auf seiner Terrasse nichts bemerkt haben. Zeitweise hätten sich dort um die 500 Personen befunden, sagt er. Hätte er etwas mitbekommen, wären die jungen Leute sofort hinausgeworfen worden. Nun werde er ihnen lebenslanges Hausverbot erteilen.
Der absolut schlimmste Nazi, mit dem ich je zu tun hatte, war ein deutscher Unternehmer. Der hat Sachen gesagt, da würde manche Stammtischgesellschaft bleich.
Und genau diese Leute sind gefährlich. Arbeitslose, die auf der Strasse rumproleten, gefährden nicht die Demokratie. Die Gefahr kommt von Leuten mit Macht, Geld und Beziehungen.