Lange war unsicher, ob er überhaupt kommen würde: Erst am Samstagnachmittag bestätigte die deutsche Regierung, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag Berlin besuchen würde. Dort traf er den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz.
Selenskyj hat seit dem russischen Überfall auf sein Land im Februar letzten Jahres Washington, London, Brüssel, Warschau, Oslo, Den Haag und Rom besucht; die deutsche Hauptstadt hat er bis zum Sonntag gemieden.
Die Beziehungen zwischen Berlin und Kiew galten lange als gespannt - wegen der russlandfreundlichen Politik, die Deutschland in der Vergangenheit betrieben hatte, vor allem aber wegen Scholz' zögerlicher Haltung in der Frage der Waffenlieferungen: Erst Ende Januar hatte sich Berlin dazu durchgerungen, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern.
Kurz vor Selenskyjs Visite hatte der Kanzler Militärhilfe im Wert von 2.7 Milliarden Euro angekündigt. Diese soll unter anderem Kampfpanzer vom Typ Leopard 1, Flugabwehrkanonenpanzer vom Typ Gepard, Schützenpanzer vom Typ Marder und Flugabwehrsysteme umfassen.
Entsprechend dankbar äusserte sich Selenskyj, als Scholz und er am Sonntagvormittag vor die Presse traten: Die «sehr wichtige Hilfe» zeige den Willen des deutschen Volkes, die Freiheit zu verteidigen, sagte der Präsident, der auch in Berlin sein charakteristisches Tenue trug: schwarzes Sweatshirt, olivgrüne Hose.
Scholz versprach weitere Hilfen und forderte von Russland, aus der Ukraine abzuziehen. Einen ukrainischen Sieg wollte er auch weiterhin nicht zum Ziel erklären. Dieses müsse darin bestehen, den russischen Angriff «zurückzuweisen». Zudem rechtfertigte sich der Kanzler: Auch aufgrund seiner «behutsamen» Politik sei die Unterstützung für die Ukraine in der deutschen Bevölkerung «ungebrochen hoch».
Einfach dürfte Selenskyj es Scholz auch in Zukunft nicht machen: Seine Besuche in mehreren europäischen Hauptstädten hätten auch das Ziel gehabt, eine «Kampfjet-Koalition» zu bilden, sagte der Präsident am Sonntag. Scholz lehnt die Lieferung von Kampfflugzeugen ab. Daran scheint auch Selenskyjs Besuch nichts geändert zu haben.
Der ukrainische Präsident deutete an, auch in Zukunft Druck auf Berlin ausüben zu wollen: Bei der Militärhilfe stehe Deutschland auf Platz zwei hinter den USA, lobte er, um hinzuzufügen: «Wir werden daran arbeiten, Deutschland an die erste Stelle zu bringen.» Diese Bemerkung quittierte sein Gastgeber mit einem Lachen.
Durch einen Bericht der «Washington Post» vom Samstag dürfte sich Scholz in seiner Furcht vor einer Eskalation des Konflikts bestätigt sehen: Das Blatt hatte aus amerikanischen Geheimdienstberichten zitiert, wonach Selenskyj grenznahe russische Städte besetzen wolle, um die eigene Verhandlungsposition zu stärken. In Berlin bestritt der ukrainische Präsident auf Nachfrage derartige Absichten: Für Angriffe auf russisches Territorium fehlten seinem Land die Zeit und die Kraft. (aargauerzeitung.ch)
Hauptsache. Goldstream funktioniert noch, oder wie?
Wir sind ja wohl die Letzten, die Scholz bzw Deutschland wegen Zögerlichkeit kritisieren sollen.