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AfD-Verbot: Was denkt Friedrich Merz

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Partei unter Druck: Eine Szene von der Delegiertenkonferenz der AfD im Januar im sachsen-anhaltischen Halle.Bild: EPA/Hannibal Hanschke

AfD-Verbot: Vance und Rubio haben eine Meinung, doch was denkt Merz?

Dass der deutsche Verfassungsschutz die Partei für rechtsextrem hält, verschafft den Befürwortern eines Verbotsantrags Aufwind. Eindeutig ist die Stimmungslage allerdings nicht einmal innerhalb der SPD.
05.05.2025, 22:5706.05.2025, 07:07
Hansjörg Friedrich Müller, Berlin / ch media
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Dass Friedrich Merz' Kanzlerschaft, die voraussichtlich am Dienstag beginnen wird, kein Spaziergang werden dürfte, zeichnete sich bereits am Abend der Bundestagswahl ab. Der Entscheid des deutschen Verfassungsschutzes, die AfD für «gesichert rechtsextrem» zu erklären, dürfte die Sorgen des Christdemokraten noch einmal vergrössert haben.

Bisher stellte sich Merz auf den Standpunkt, die Rechtsradikalen müssten politisch bekämpft werden, vor allem durch eine strengere Asylpolitik. Nun wächst der Druck auf den künftigen Kanzler, der Einleitung eines Verbotsverfahrens zuzustimmen.

Diejenigen, die der AfD schon lange durch ein solches zu Leibe rücken wollen, haben mit der Einschätzung der Verfassungsschützer ein weiteres Argument zur Hand. Wer Bedenken anmeldet, ob ein Verbotsversuch wirklich der richtige Weg wäre, sieht sich dem Verdacht ausgesetzt, die AfD verharmlosen zu wollen oder sogar mit ihr zu sympathisieren.

Jens Spahn rudert zurück, was die Ausschüsse angeht

Ein Verbot fordern vor allem Politiker der Grünen und der Linkspartei, aber auch solche der künftigen Koalitionspartner SPD und CDU. Die SPD-Chefin Saskia Esken hat sich schon vor längerer Zeit dafür ausgesprochen; ihr Co-Parteichef Lars Klingbeil, der als neuer starker Mann der Sozialdemokraten gilt, hat AfD-Mitglieder auch schon als Nazis bezeichnet.

In Merz' eigener Partei, der CDU, tritt unter anderem der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther, einer der Wortführer des linken Parteiflügels, für ein AfD-Verbot ein. Merz selbst hat sich noch nicht geäussert, seit die Verfassungsschützer am Freitag ihr Verdikt bekannt gemacht haben; sein Adlatus Thorsten Frei hat seither allerdings bekräftigt, er halte es nach wie vor für besser, die AfD politisch zu stellen.

Dass die Frage für die künftige Koalition zur Zerreissprobe wird, ist möglich, aber nicht unausweichlich. Auch in der SPD gibt es eher nachdenkliche Stimmen: So sieht der scheidende Kanzler Olaf Scholz ein Verbotsverfahren nach wie vor skeptisch, und auch Klingbeil gibt sich zurückhaltender, als seine «Nazi»-Äusserung hätte erwarten lassen.

Eine kalte Dusche muss die Einschätzung des Inlandsgeheimdiensts für Jens Spahn, den künftigen Chef der Unions-Fraktion im Bundestag, gewesen sein: Er forderte vor kurzem noch, der AfD Chefposten in Parlamentsausschüssen, die ihr aufgrund ihrer Stärke zustünden, nicht länger vorzuenthalten. Am Sonntag erklärte er, eine Empfehlung, AfD-Politiker zu Ausschussvorsitzenden zu machen, werde es von Seiten der Unionsparteien nicht geben.

Einen Verbotsantrag müsste entweder die Bundesregierung, der Bundestag oder der Bundesrat stellen. Bis das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung fällen würde, würden mindestens zwei Jahre vergehen, wie der Verfassungsrechtler Ulrich Battis letztes Jahr gegenüber CHMedia sagte.

Die amerikanische Einmischung bleibt ohne grösseres Echo

Um die Erfolgsaussichten eines solchen Antrags beurteilen zu können, müsste man den Inhalt des Gutachtens kennen, das der Verfassungsschutz erstellt, aber noch nicht veröffentlicht hat. Dass sich Repräsentanten der AfD immer wieder extremistisch äussern, weiss jeder aufmerksame Zeitungsleser; entscheidend dürfte sein, ob Mitglieder der Partei im Geheimen an einem Umsturz der Verhältnisse arbeiten.

Eine Meinung zu einem möglichen AfD-Verbot haben auch JD Vance und Marco Rubio, der Vizepräsident und der Aussenminister der USA: Rubio nannte das Vorgehen des Verfassungsschutzes bereits am Freitag «verdeckte Tyrannei»; Vance behauptete, «das deutsche Establishment» sei dabei, eine neue Berliner Mauer zu errichten.

Das deutsche Aussenministerium wies dies zurück, doch sorgten die Äusserungen in Berlin für relativ wenig Aufregung: Die Provokationen der Trump-Regierung scheinen sich mit der Zeit abzunutzen.

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117 Kommentare
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Hans Jürg
05.05.2025 23:53registriert Januar 2015
Vance und Rubio haben ganz viel Meinung und sehr wenig Wissen. Und ein Gewissen fehlt ihnen komplett.
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FrancoL
05.05.2025 23:12registriert November 2015
Die Frage zum Verbot kann Merz sehr schnell entschärfen indem er eine gute und mehrheitsfähige Politik auf die Beine stellt und in Sachen Asyl eine klare und härtere Linie fährt. Mit einer Politik bei der das Volk sieht, dass mit dem Geld vernünftig umgegangen wird, kann da mehr als nur helfen. Auch kann eine pragmatische SPD ebenfalls gut mithelfen der Regierung einen guten Schub zu gaben.
Kritik wird immer bleiben, aber bei vernünftigen Resultaten wird diese abnehmen.
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dmark
05.05.2025 23:13registriert Juli 2016
Es hat noch keiner den Bericht vom Verfassungsschutz gesehen, geschweige denn gelesen, aber schon kommt wieder die Geschichte mit dem Verbot der Partei medial hoch.
Klar wollen die Grünen, Linken und auch Teile der Sozen die AfD am Liebsten weg haben, aber umgekehrt genauso.
Nur ganz so einfach ist das allerdings auch nicht.
Warten wir doch erst ein mal die Sache mit der Klage seitens der AfD ab und hören, was die Gerichte dahingehend zu sagen haben.
Erst dann kann man sich ggfs., wenn überhaupt Gedanken über einen Verbotsantrag machen.
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