International
Deutschland

CSU: Muslimischer Bürgermeisterkandidat scheitert am Widerstand der Partei

Sahin ist Unternehmer, Fussballtrainer und Muslim – mit einem davon hat die CSU Probleme🤔

05.01.2020, 20:0005.01.2020, 21:39
Mehr «International»

3327 Einwohner hat die beschauliche Marktgemeinde Wallerstein im Landkreis Donau-Reis im Freistaat Bayern. Am 15. März sind sie zur Kommunalwahl aufgerufen. Unter anderem gilt es, einen Bürgermeister zu wählen.

Zur Wiederwahl tritt der bisherige Amtsinhaber an, Joseph Mayer von der parteifreien Wählergruppe (PWG). Die wählerstärkste Partei in Wallerstein, die Christlich-Soziale Union (CSU), wollte Mayer mit einem eigenen Kandidaten herausfordern. Das ist die Geschichte, weshalb sie das am Ende jetzt doch nicht tut.

Wallerstein an der Weinstrasse in Schwaben.
Wallerstein an der Weinstrasse in Schwaben.Bild: wikimedia/Tilman2007

Der Ortsvorstand der CSU machte sich schon im vergangenen Jahr auf die Suche nach einem geeigneten Kandidaten. Das Gremium um den Ortsvorsitzenden Georg Kling war sich rasch einig, dass man auf Sener Sahin zugehen und ihn anfragen sollte, ob er sich eine Kandidatur fürs Bürgermeisteramt vorstellen könnte.

Sener Sahin betreibt im Ort eine Firma für Maschinenhandel und trainiert die erste Mannschaft des im Nachbarort beheimateten Fussballvereins SV Holzkirchen. Geboren worden ist der 44-Jährige im fünf Kilometer entfernten Nördlingen. Man kennt Sahin in Wallerstein und Umgebung.

Er besitzt ausschliesslich die deutsche Staatsbürgerschaft. Mit seiner aus einer christlichen Familie stammenden Frau hat er zwei Kinder. An Heiligabend wünschte er seinen Facebook-Freunden schöne Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.

Vorzeige-Wallersteiner: Unternehmer und Fussballtrainer Sener Sahin.
Vorzeige-Wallersteiner: Unternehmer und Fussballtrainer Sener Sahin.Bild: facebook

Doch Sener Sahin hat türkische Wurzeln – und ist muslimischen Glaubens.

Letzteres sorgte an der Basis der örtlichen CSU für Unmut. Wie der Ortsvorsitzende Georg Kling gegenüber Spiegel Online sagte, habe es in Teilen des Ortsverbandes seit der Bekanntgabe des Vorschlags im Dezember «scharfen Widerstand» gegeben.

Sahin zufolge haben von den 15 Kommunalwahl-Kandidaten der Wallersteiner CSU mindestens drei mit einem Rückzug gedroht, falls er auf der Ortsverbands-Versammlung am kommenden Donnerstag zum Bürgermeister-Kandidaten gekürt werde, berichtet der «Bayrische Rundfunk» (BR).

Anrufe aus ganz Deutschland

Nicht nur aus Wallerstein selber, sondern aus ganz Deutschland habe es zahlreiche Anrufe beim Ortsverband wie auch beim nordschwäbischen CSU-Bundestagsabgeordneten Ulrich Lange gegeben, der Sahins Kandidatur ebenfalls unterstützt hatte.

Keiner seiner Kritiker habe seine Eignung oder Qualifikation angezweifelt, sagte Sahin zum BR. Es sei allein um den Einwand gegangen, «ein Moslem als Vertreter der Christlich Sozialen Union, das geht doch gar nicht».

Sahin, der bisher nicht Mitglied der CSU war, aber für die Kandidatur in die Partei eintreten wollte, hat seine Kandidatur nun zurückgezogen, damit es bei der Mitgliederversammlung keinen Streit gebe.

Ablehnung kam von älteren CSUlern

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) sagt Sahin, er sei sicher, dass «das hier auf dem Land noch 30 Jahre dauern wird, bis die Leute bereit sind, einen wie mich als Bürgermeister zu wählen». Die jüngere Generation denke anders. Die Ablehnung sei vor allem von Parteimitgliedern über 60 gekommen, erklärte er dem BR: «Die kannst du nicht ändern.»

Er habe noch nie so schlecht geschlafen wie in den letzten zwei, drei Wochen, erklärt Sahin in der SZ. Dennoch nehme er auch etwas positives mit aus seiner gescheiterten Kandidatur: «Vielleicht ist es ja gut, dass die Leute sich mal Gedanken machen. Es gibt ja viele Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind und sowas erleben. Bei mir ist es vielleicht der Glaube. Bei anderen ist es wieder etwas anderes.»

Die Wallersteiner CSU wird nach dem Rückzug Sahins bei den Kommunalwahlen am 15. März keinen Kandidaten fürs Bürgermeisteramt aufstellen. Der Ortsvorsitzende Georg Kling bedauert das Scheitern von Sahins Kandidatur enorm. Jenen Parteimitgliedern, welche ein Problem mit Sahins Glauben hatten, erklärte Kling jeweils, dass dieser «ja nicht Pfarrer, sondern Bürgermeister» werden solle. Genützt hat es nichts: «Wir sind auf dem Dorf und wir sind noch nicht so weit», so Klings Fazit.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese Politiker scheitern am Feldstecher
1 / 9
Diese Politiker scheitern am Feldstecher
Besuche an der Grenze sind bei Politikern beliebt. Dabei können sie sich als wachsame, zupackende Landesväter inszenieren. Fast schon Pflicht ist dabei ein Blick durchs Fernglas. Nicht immer denken die Politiker daran, die Schutzklappen zu öffnen. Jüngstes Beispiel: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der am Grenzübergang Kirchdorf die neu gebildete bayrische Grenzpolizei besucht. (KEYSTONE/DPA/Lino Mirgeler) ... Mehr lesen
quelle: dpa / lino mirgeler
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Bayernwahl: Die Grünen sind die neue zweitstärkste Kraft
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
32 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
sowhat
05.01.2020 20:26registriert Dezember 2014
Die sollten sich mal ein Beispiel an der CVP nehmen. Wenn das C weg ist, ist das Problem gelöst. 😆
14022
Melden
Zum Kommentar
avatar
kettcar #lina4weindoch
05.01.2020 20:51registriert April 2014
„ Geboren worden ist der 44-Jährige im fünf Kilometer entfernten Nördlingen“

Dass er Muselmann ist? Geschenkt. Aber soweit kommt’s noch. Einen Bürgermeister aus Nördlingen! Das passt uns Südlingern aber gar nicht!
878
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lumpirr01
05.01.2020 21:33registriert März 2014
Ich frage mich, ob der Chef im Himmel so glücklich darüber ist, dass beim Bodenpersonal hauptsächlich zwei Gruppen sich teils verbissen um die Vormachtstellung ringen und sich gegenseitig heftig bekämpfen..............
4010
Melden
Zum Kommentar
32
Jetzt ist es klar: Rumänien und Bulgarien sind ab nächstem Jahr Teil des Schengenraums

Rumänien und Bulgarien treten ab dem 1. Januar 2025 dem Schengenraum vollständig bei. Somit werden die Kontrollen an den Landgrenzen zu den weiteren Schengenstaaten aufgehoben.

Zur Story