Am Dienstag gegen 22.45 Uhr habe der AfD-Politiker Heinrich Koch in der Nähe des Marktplatzes einen Plakatabreisser auf frischer Tat ertappt. Als er die Person gestellt habe, sei er von der Person angegriffen und mit einem Messer verletzt worden.
Der Reserveoffizier Koch filmte die Konfrontation selbst. Auf dem Video ist zu sehen, wie er einen jungen Mann mit Wahlplakaten unter dem Arm und einem Teppichmesser in der Hand offenbar auf frischer Tat beim Plakatdiebstahl ertappt.
Im energischen Ton ruft Koch dem Mann zu: «Halt! Bleiben Sie stehen. Sofort hinlegen!» Als sie sich direkt gegenüberstehen, deutet er mit dem Zeigefinger auf das Plakat und ruft noch einmal: «Hinlegen!» Danach kommt es offenbar zum Handgemenge, die Kamera wackelt, ein kurzer Schmerzenslaut ist zu hören. Dann bricht das Video ab.
Er befinde sich jetzt im Spital, wie deutsche Medien berichten. Koch wurde nach Angaben aus der AfD-Gemeinderatsfraktion am Ohr und am Bauch verletzt. Der Täter wurde festgenommen.
In der vorigen Woche war in Mannheim ein Polizist bei einem Messerangriff auf einen Islamkritiker tödlich verletzt worden. Die Behörden gehen von einem islamistischen Tatmotiv aus.
Die AfD sprach von einer Attacke von Linksextremisten – die Angaben konnten offiziell noch nicht bestätigt werden. «Wir sind erschrocken und bestürzt», sagte der AfD-Landesvorsitzende Markus Frohnmaier.
Koch selber geht von einem politischen Motiv der Tat aus. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am Mittwoch äußerte sich Koch persönlich zu dem Vorfall. Das Handy-Video habe er «auch als Eigensicherung» aufgenommen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er habe am späten Dienstagabend mehrere Männer entdeckt, einer von ihnen habe AfD-Plakate getragen. Dass der Mann ein Messer in der Hand hatte, erkannte Koche nach eigenen Angaben zunächst nicht.
Als der Täter flüchtete, verfolgte ihn Koch. Dass er verletzt war, habe er durch den Adrenalinrausch nicht gemerkt. «Ich wollte ihn stellen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Der 62 Jahre alte Heinrich Koch gehört für die AfD dem Beirat im Bezirk Rheinau an. Er habe aktuell gute Chancen auf einen Einzug in den Mannheimer Gemeinderat, weil er auf Listenplatz 3 der AfD steht, wie t-online schreibt. Die Gemeinderatswahl findet zeitgleich mit der Europawahl an diesem Sonntag statt.
Koch ist Ingenieur und Sachverständiger für Verkehrsunfälle. Er ist Oberstleutnant der Reserve, in der Corona-Zeit wurde er reaktiviert und half bei der Koordinierung des Einsatzes der Bundeswehr in Mannheim, um das Gesundheitswesen zu unterstützen. Später sagte er, «Hilflosigkeit und der Dilettantismus von Bundes- und Landesregierungen» hätten ihn in der Corona-Zeit erschüttert.
Bereits 2021 hat er für die AfD für den Landtag kandidiert. 2016 war er für die Partei Alfa (Allianz für Fortschritt und Aufbruch) bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg angetreten.
Der Tatverdächtige ist nach Angaben der Polizei sowie der Staatsanwaltschaft Mannheim 25 Jahre alt. Bei seiner Festnahme hätten sich «deutliche Hinweise auf eine psychische Erkrankung ergeben». Er sei deswegen in ein psychiatrisches Spital eingeliefert worden.
Insgesamt ist ein Anstieg von Angriffen auf Politiker zu verzeichnen: Waren es 2019 noch insgesamt 1'420 Angriffe auf Repräsentanten aller Parteien, stieg die Zahl bis 2021 auf 2'840, und nach einem Einbruch der Zahlen 2022 liegen auch die vorläufigen Zahlen von 2023 auf einem ähnlich hohen Level, hiess es in einer Antwort der Bundesregierung an eine kleine Anfrage der AfD im Januar.
Seit 2021 werden zudem vom Bundeskriminalamt (BKA) Messerangriffe gesondert erfasst: Auch hier lässt sich seitdem ein Anstieg erkennen. 2021 erfasste die Polizei 7.071 Messerangriffe bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung, 2022 waren es 8.160 und im aktuellen Bericht für 2023 stieg die Zahl auf 8.951 Fälle. Ein Großteil der Attacken findet laut Forschern im privaten und nicht im öffentlichen Raum statt. Auch bei Raubdelikten steigt die Zahl der Taten mit Messern.
Im Bereich Islamismus ist laut BKA die Zahl der als Gefährder eingestufter Personen dagegen in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Der Verfassungsschutz geht in seinem 2022 von einem "Personenpotential" von 27.480 Menschen aus, die dem islamistischen Spektrum zugeordnet werden können. Im Jahr zuvor waren es dagegen 28.290.
(yam/hkl/sda/dpa/ mit Material von t-online)