Die grössten Porno-Plattformen ziehen monatlich allein in der Europäischen Union weit über 100 Millionen wiederkehrende Nutzer an. Darunter sind auch viele Minderjährige. Denn eine funktionierende Alterskontrolle gibt es nicht: Mit einem einzigen Klick kann sich wortwörtlich jedes Kind Zugang zu den expliziten Sex-Clips verschaffen.
Das will die EU-Kommission nun ändern.
Die EU-Komission hat am Dienstag eine formelle Untersuchung gegen die grössten Porno-Anbieter «Pornhub», «XVideos», «XNXX» und «Stripchat» eröffnet.
Den Plattform-Betreibern wird vorgeworfen, den Jugendschutz zu missachten und Minderjährige nicht ausreichend vor schädlichen Inhalten zu schützen. Der gängige Mechanismus, bei dem jeder Nutzer selbst seine Volljährigkeit bestätigt, sei ineffizient.
Grundlage für die Untersuchung bildet das Gesetz über digitale Dienste (DSA), eines der Leuchtturmprojekte der EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen. Bei Verstössen drohen Bussen von bis zu 6 Prozent des weltweiten Umsatzes. Die genannten Unternehmen haben ihren Sitz in der EU respektive in Kanada.
Weil die EU mit ihrem Gesetz aber nur bei den grössten Online-Plattformen mit mehr als 45 Millionen monatlichen Nutzern aktiv werden kann, schalten sich gleichzeitig die EU-Mitgliedstaaten ein. Sie sollen kleinere Porno-Anbieter auf nationaler Ebene angehen. Ziel ist es, Inhalte für Erwachsene wirklich nur Erwachsenen zugänglich zu machen.
Wie aber könnte eine Alterskontrolle im Internet funktionieren? Klar ist: Wohl die wenigsten Nutzer haben Lust, ihre Personalien oder ihre Identitätskarte bei einem Betreiber von Porno-Seiten zu deponieren.
Die EU ist der Meinung, auch dafür eine Lösung gefunden zu haben. Bereits im Sommer dieses Jahres soll es eine App geben, mit der Nutzer ihre Volljährigkeit im Internet beweisen können, ohne dass weitere persönliche Daten übermittelt werden. Die von der EU-Kommission entwickelte App würde dem Porno-Anbieter zur Verfügung gestellt und kommuniziert lediglich den Altersnachweis des Nutzers. Sie soll eine Übergangslösung sein, bis die sogenannte «digitale Brieftasche» Ende 2026 vorliegen wird. Damit sollen sich die Bürgerinnen und Bürger im Internet künftig ausweisen können. Die EU-Mitgliedstaaten arbeiten derzeit an der Umsetzung.
Das Ziel ist es, die Sicherheit im Internet zu erhöhen. In der Brieftasche können beispielsweise amtliche Dokumente wie Führerausweis oder Pass, aber auch Berufszertifikate oder Bankkarten abgelegt werden. Die Brieftasche kann zudem zur Interaktion mit Behörden und zur Unterschrift von Dokumenten genutzt werden. Sie soll eine vertrauenswürdige Alternative sein zu privaten Login-Diensten wie jenen von Apple oder Google.
Grundlage ist die EU-Verordnung zur digitalen Identität. Die EU-Kommission betonte, dass die digitale Brieftasche höchsten Privatsphäre-Standards genügen muss. Zum Beispiel werden keine Daten in einer Datenbank, sondern nur auf dem Gerät gespeichert. Auch soll es von der dezentralen Architektur her unmöglich sein, ein Nutzerprofil zu erstellen. Etwas, das gerade beim Besuch von Porno-Seiten vielen wichtig sein dürfte.
(aargauerzeitung.ch)