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Darum kommt Trumps F-47 gar nicht gut an

epa11979206 US President Donald Trump (2-R) with Defense Secretary Pete Hegseth (R) and Air Force Chief of Staff Gen. David Allvin (2-L) and US Air Force Lt. Gen. Dale White (L) delivers remarks from  ...
Donald Trump kündigt am Freitag überraschend an, dass Boeing den Kampfjet F-47 bauen wird. Dies bringt Kritik mit sich.Bild: keystone

Dunkle Schatten über F-47: Darum kommt Trumps neuer Super-Flieger schlecht an

Überraschend kündigte der US-Präsident an, dass Boeing den nächsten Kampfjet der sechsten Generation bauen wird. In den Jubel aus Militär- und Wirtschaftskreisen mischen sich zunehmend kritische Stimmen.
26.03.2025, 18:4127.03.2025, 11:33
Bojan Stula / ch media
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Noch vor einem Jahr sprach US-Luftwaffenchef David Allvin über die «schwierigen Optionen» und Entscheide, vor denen man stehe. Das tönte nach einem kostenbedingten Übungsabbruch im NGAD-Programm, dem Bau eines amerikanischen Luftüberlegenheitsjägers der sechsten Generation (Next Generation Air Dominance). Nun verkündete Donald Trump am vergangenen Freitag aus heiterem Himmel, dass Boeing den Zuschlag zum Bau eines solchen Jets erhalten habe.

Der Boeing-Super-Flieger trägt sinnigerweise die Bezeichnung F-47, was als direkte Anspielung auf Trump aufgefasst werden kann, den jetzt 47. Präsidenten der Geschichte. «Der Typ bei der Luftwaffe muss ein Genie sein, der auf die Idee kam, ein bereits totes Rüstungsprogramm wiederzubeleben, indem man es nach Trump benennt», spottete anschliessend ein Kritiker in den sozialen Netzwerken.

Gleichzeitig machten die Boeing-Aktien einen Kurssprung an der US-Börse um über 10 Prozent. Der Gesamtwert des Auftrags wird von Analysten auf mehrere hundert Milliarden Dollar geschätzt, wobei Trump zu den Kosten aus Sicherheitsgründen keine Angaben machen wollte.

Umgehend sprossen Spekulationen über Insiderhandel aus dem Boden. Hätten doch all jene, die von Trumps Ankündigung im Voraus wussten, gutes Geld mit Boeing-Aktien machen können. Auffällig: Einen ersten markanten Anstieg verzeichneten die Boeing-Papiere bereits zwei Tage vor der Enthüllung im Weissen Haus.

In den Jubel aus Wirtschafts- und Militärkreisen über die spektakuläre Enthüllung mischen sich aber nicht nur deswegen kritische Töne. Die aufkommenden Zweifel betreffen sowohl die Ankündigung durch Donald Trump als auch übergeordnete Kriterien und lassen sich unter folgenden drei Stichworten zusammenfassen:

epa11979171 US President Donald Trump delivers remarks from the Oval Office of the White House in Washington, DC, USA, 21 March 2025. Secretary Hegseth joined President Trump to announce a defense pro ...
Generell wirkte der Ankündigungsakt im Weissen Haus wie eine Hauruckübung.Bild: keystone

Lobbying First

  • Die Vermutung liegt nahe, dass sich Trump-Administration und Pentagon in erster Linie für Boeing entschieden haben, um ein serbelndes US-Traditionsunternehmen zu retten. Laut dem US-Fachmagazin «Aviation Week» fuhr die Raumfahrts- und Rüstungssparte von Boeing im vergangenen Jahr 12 Milliarden Dollar an Verlusten ein. Grossen Anteil daran im Militärsektor trugen die Probleme rund um das Betankungsflugzeug KC-46, das in den vergangenen Jahren mit minus 5 Milliarden Dollar zu Buche schlug.
  • Trotzdem baut Boeing seit rund zwei Jahren in St. Louis, Missouri, eine riesige neue Produktionslinie für künftige Kampfflugzeuge im Wert von 1,8 Milliarden Dollar, die kommendes Jahr eingeweiht werden soll. Ohne den F-47-Zuschlag und angesichts der auslaufenden F-15- und F/A-18-Bauprogramme hätte sich diese Investition als weiteres Milliardengrab erwiesen. Auf X bejubelte Missouris Senator Eric Schmitt den Entscheid von Trump «als grossen Gewinn für Missouri und Amerika». Der Republikaner und bedingungslose Trump-Unterstützer hatte im Vorfeld kräftig in Washington für Boeing lobbyiert.
  • Gleichzeitig verhindert der Boeing-Auftrag eine Monopolstellung von Lockheed Martin beim Bau von künftigen US-Airforce-Kampfflugzeugen, wie der Aviatik-Experte Steve Trimble feststellt. Lockheed Martin ist der Hersteller der F-35, die zuletzt wegen Donald Trumps erratischer Aussenpolitik ins Kreuzfeuer der Kritik geraten ist. Nach dem Ausstieg von Northrop Grumman 2023 war Lockheed Martin der favorisierte Konkurrent in der NGAD-Ausschreibung.

Fehlendes Know-how

  • Dass im Vorfeld kaum jemand auf Boeing als Gewinner der NGAD-Ausschreibung gewettet hätte, hat handfeste Gründe. Das letzte seriell hergestellte Kampfflugzeug aus Boeing-Eigenentwicklung war der Metall-Eindecker P-26 aus dem Jahr ... 1932. Die F-15 und F/A-18 erbte Boeing bei der Übernahme von McDonnell Douglas 1997. Die technischen Probleme in der Zivilsparte mit der Boeing 737 Max sind inzwischen beinahe schon sprichwörtlich. Langzeit-Boeing-Kritiker Richard Aboulafia, Geschäftsführer der Beratungsfirma AeroDynamic Advisory, zweifelte öffentlich an, ob der Hersteller «genügend Talent in seinem Entwicklungsteam» für ein Hochleistungskampfflugzeug mit Stealth-Eigenschaften habe.
  • Das Fachjournal «Breaking Defence» zitiert anonyme Quellen in der US Air Force, dass dort «eine höllische Angst umgeht, Boeing könne bei NGAD nicht liefern». Vor einem Monat musste Boeing eine Verzögerung im Prestigeauftrag zur Modernisierung der Air Force One zugeben: Anstatt wie geplant Ende 2024 wird die neue Präsidentenmaschine frühestens 2029 fliegen. Wetten, dass die F-47 weder rechtzeitig, in ausreichender Stückzahl noch im budgetierten Kostenrahmen abheben wird? Das schreibt sinngemäss der deutsche Sicherheitsexperte Benjamin Tallis auf X.

Trumps Fehlmarketing

  • Schon die Namensgebung F-47 machte keinen guten Eindruck, wenngleich Donald Trump bei der Vorstellung betonte: «Die Generäle haben den Namen ausgesucht» – offiziell in Anlehnung an das Gründungsjahr der US Air Force 1947. Spötter nennen das Projekt bereits «Felon-47», also «verurteilter Straftäter». Aviatik-Puristen ihrerseits kritisieren, dass es schon einmal eine F-47 gab, die ab 1948 so bezeichnete Propellermaschine «Thunderbolt», eines der erfolgreichsten Kampfflugzeuge im Zweiten Weltkrieg. Dieselbe Bezeichnung zweimal zu vergeben, ist eigentlich ein No-Go.
  • Richtig daneben griff der US-Präsident bei der Vorstellung im Weissen Haus mit der Bemerkung, für die Verkäufe im Ausland an «gewisse Alliierte» müsse dann wohl eine um 10 Prozent weniger leistungsfähige Version angeboten werden. Schliesslich könnten diese Alliierten «bald einmal nicht mehr unsere Verbündeten sein». Der Zusammenschluss der Mitte-Parteien im EU-Parlament forderte umgehend auf, lieber auf «Made in Europe» zu setzen. Mit dem britischen Tempest und dem französisch-deutsch-spanischen Future Combat Air System FCAS sind gleich mehrere europäische Projekte für ein Kampfflugzeug der sechsten Generation in Entwicklung.
  • Generell wirkte der Ankündigungsakt im Weissen Haus wie eine Hauruckübung. Im November hatte Trumps engster Vertrauter Elon Musk öffentlich verkündet, «nur Idioten (morons) würden heutzutage noch Jets wie die F-35 bauen». Stattdessen solle man lieber auf die Drohnentechnologie setzen. Nur vier Monate später stellt der US-Präsident einen Jet-Nachfolger für die überteuerte F-22 vor, von dem man weder die Kosten, die genauen Leistungsdaten, das Aussehen, ja nicht einmal etwas über die Flüge von Prototypen weiss (angeblich seit 2019). Mit weniger zugänglichen Informationen hat kaum je ein derart gigantisches Rüstungsprojekt den öffentlichen Ritterschlag durch einen US-Präsidenten erhalten.
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61 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jobara64
26.03.2025 19:02registriert Dezember 2024
Trump ist Top 👍 im Ankündigen von Projekten, die sich dann entweder als unwahr oder undurchdacht (oder beides !!) herausstellen. Deshalb ist er ein Flop 👎 im Umsetzen. Dem Durchschnitts-Amerikaner fällt das nicht auf, da er/sie sehr vergesslich ist.
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redEye
26.03.2025 19:20registriert August 2018
Ich kriege den Film „Idiocracy“ nicht aus dem Kopf, einfach nicht als Komödie, sondern als kassandrischer Horror-Dokumentarfilm. Wie wenn man den Clown im Zirkus durch denjenigen in Stephen King‘s „Es“ ersetzt. Es ist alptraumhaft, was aus den USA geworden ist. Und die F-47 ist dabei noch das kleinste Problem.
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Haarspalter
26.03.2025 19:06registriert Oktober 2020
Beruhigend ist die Tatsache, dass der Jet nicht F-48 heißt:

Somit müssen wir nicht mit Trump als 48. POTUS rechnen.
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