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Donald Trump

Abrissbirne und neuer Bogen: Donald Trump macht den Sonnenkönig

KEYPIX - President Donald Trump addresses a dinner for donors who have contributed to build the new ballroom at the White House, Wednesday, Oct. 15, 2025, in Washington. (AP Photo/John McDonnell)
Präsident Donald Trump präsentierte 15. Oktober 2025 in Washington seinen «Trump’s Arc».Bild: keystone

Donald Trump macht den Sonnenkönig – doch gegen seine Vorgänger ist er ein Milchgesicht

Herrscher wollen ewig leben. Ob sie römische Kaiser oder französische Sozialisten sind. Donald Trump baut Washington um, er macht damit alles richtig.
15.11.2025, 16:1615.11.2025, 16:16
Daniele Muscionico / ch media

US-Präsident Donald Trump enthüllt seine Vision für die Hauptstadt Washington. Ein Triumphbogen soll her. Beim Dinner mit seinen Spenderinnen und Spendern im Weissen Haus präsentiert er drei verschiedene Modelle. Kostenpunkt je nach Grösse, sagt er: «Es gibt ihn klein, mittel, gross, und zufällig finde ich, dass der grösste bei weitem am besten aussieht.» Die Anwesenden, darunter Vertreter der grossen Techfirmen, feiern Trumps Ansicht mit Applaus.

Nach dem Abriss des Ostflügels des Weissen Hauses zum Zwecke eines kugelsicheren, pseudoklassizistischen Ballsaals für 650 Partygäste nun also ein Triumphbogen. Er soll in einer Achse mit dem Lincoln Memorial stehen. Anlass seiner Errichtung ist der 250. Unabhängigkeitstag der Vereinigten Staaten im nächsten Jahr. Gekrönt werden soll der Bogen von zwei Adlern und einem goldenen Engel namens «Lady Liberty».

Trumps Baukasten enthält an diesem Oktoberabend noch weitere Teile. Für das Jubiläum soll Washington glänzen, am hellsten natürlich im Weissen Haus. «In diesem Konferenzraum, in dem sie sitzen, wird es eine Cocktail-Lounge geben, die ganze Etage wird zur Cocktail-Lounge.» Seine Gönnerinnen und Gönner sind begeistert.

Wer hat den Wrestler ins Weisse Haus geholt?

Schon am folgenden Tag trägt der Triumphbogen einen Übernamen: Trump-Bogen, «Trump’s Arc». Das ist überraschend zahm. Als vor ein paar Monaten der Präsident sein aufgemöbeltes neues Oval Office vorstellte – unter seinen Vorgängern ein schlichtes Design, heute vergoldet und vollgestellt mit Goldnippes und Goldtand –, verglichen es Kritiker mit einer «Umkleidekabine eines Profi-Wrestlers».

Donald Trump macht Politik durch Architektur – imperiale Macht für die Ewigkeit gebaut. Originell ist das nicht, sondern konsequent. Er ist in bester Gesellschaft und kann auf prominente Vorgänger blicken. Weltenherrscher haben seit je ihre Bedeutung in den Boden gewuchtet und als Insignien der Nachwelt hinterlassen.

Es gilt als historisches Verfahren und erfolgreiche Praxis: Diktatoren und Autokraten wollen ihr Reich durch kolossale Prunkbauten über ihren Tod hinaus prägen. Blindverliebte ritzen ihre Namen in die Baumrinde, Selbstverliebte prägen die Stadt mit monumentalen Gebäuden. 
Ob Türme, die bei Trump wie Stinkefinger ans Establishment in den Himmel ragen, oder Triumphbogen, wie sie Napoleon I. in Paris erstellen liess – eine Anlehnung an römische Imperatoren, die für ihre erfolgreichen Feldherren einen Bogenbau errichten liessen, durch den sie triumphal in die Stadt einmarschierten: Architektur ist eine politische Kampfarena.

Gerungen wird in Washington allerdings ab und an auch mit illegalen Mitteln. Was Napoleon gelang, kann Trump nur billig sein. Um seinen Triumphbogen zu realisieren – und den Ballsaal – entliess der Präsident vorgängig alle Mitglieder der Kommission für bildende Künste, die potenziell ein Recht auf Einspruch gehabt hätten. Um solche Kinkerlitzchen freilich musste sich Napoleon früher nicht kümmern. Die Idee einer demokratischen Kommission, die dem Herrscher auf die Finger klopft, war noch lange nicht geboren.

A woman sits while people queue to enter Le Louvre museum Monday, Oct. 27, 2025 in Paris. (AP Photo/Christophe Ena)
France Louvre
Eine Frau sitzt, während Menschen am Montag, dem 27. Oktober 2025, in Paris Schlange stehen, um das Louvre-Museum zu betreten.Bild: keystone

Bauen linke Politiker besser?

In Demokratien sind architektonische Symbolgesten, wie sie Trump in Washington realisiert, die Ausnahme. Eine ist besonders populär: François Mitterrand, der in Paris bis heute seine städtebauliche Gravur hinterlassen hat. Der erste Sozialist im Elysée-Palast hat in den Achtzigerjahren die Hauptstadt nach seinem Architekturverständnis umgepflügt.
Dem Präsidenten zu verdanken sind etwa die Louvre-Pyramide, der Parc de la Villette, die Grande Bibliothèque genauso wie die Opéra Bastille. Verglichen mit dem französischen Sozialisten ist der amerikanische Republikaner als Städtebauer noch ein Milchgesicht. Erst wenn er den Grossteil öffentlicher Gebäude abreissen lässt, darf er sich an Mitterand messen.

Trumps Gestaltungswille rief inzwischen Architekturkritiker auf den Plan. Sie haben für den Stil des Präsidenten – wenn man es denn Stil nennen kann, hier scheiden sich die Geister – den Begriff der «Trumpitektur» (Trumpitecture) geprägt. Im Kern gehe es dem Bauherrn um das Symbolhafte. «Trumpitektur», sagen seine Widersacher, sei die Zeit egal – sie kommuniziere durch Blendung und Einschüchterungsgebaren.

Trump will Las Vegas für alle

Herzstück und Urformel dieser Ästhetik ist Trumps Privatklub in Florida, Mar-a-Lago. Er ist das Zentrum der Maga-Welt (Make America Great Again), das Vorbild für weitere Trump-Gebäude. Hier sind die Reverenzen an sein Idol am klarsten zu sehen: Donald macht den Sonnenkönig.
Verschwendungssucht kombiniert mit Las-Vegas-artiger Vulgarität. Grenzenloser Prunk und Pomp, ein Hofstaat und Claqueure. Mar-a-Lago ist ein Neo-Versailles. Die Versaillisierung von Washington hat ihre Wurzeln in der Begeisterung für den französischen König Ludwig XIV., genannt «Dieudonné», der von Gott Gegebene.

President-elect Donald Trump speaks during a meeting with Republican governors at Mar-a-Lago, Thursday, Jan. 9, 2025, in Palm Beach, Fla. (AP Photo/Evan Vucci)
Donald Trump
Präsident Donald Trump spricht während eines Treffens mit republikanischen Gouverneuren in Mar-a-Lago.Bild: keystone

König Donald hat ja recht. Er verachtet die modernistischen und zeitgenössischen Baustile. Die moderne Architektur gilt seit den 1920er-Jahren als links. Die reduzierte, einfache, nüchterne Ästhetik von Le Corbusier in Frankreich, das klare und auch kalte Bauhaus in Deutschland – moderne Architektur und ihre Baustoffe wie Beton waren die Antwort auf die herrschende pompöse Zurschaustellung von bürgerlichem Schönheitssinn.

Monarchen bauen nicht in Beton! Und dass Trump sich mit einem König gleichsetzt, ist verbürgt. Im Februar teilte das Weisse Haus auf «X» ein Bild, das den ikonischen Covern des US-amerikanischen «Time»-Magazins nachempfunden ist. Darauf trägt Donald Trump eine Krone, hinter ihm die Skyline von Manhattan sowie der Schriftzug «Long live the King.» Die «No Kings»-Bewegung protestierender Bürger bringt inzwischen mehrere Millionen Menschen auf die Strasse.

Der Sonnenkönig realisierte mit Versailles den grössten Hof Europas – 700 Zimmer, 10 000 Einwohner. Und auch militärisch war er aufs grosse Ganze, das spanische Erbe, aus. Dass der blinde Ehrgeiz den Monarchen letztlich ruinierte – nicht nur seinen Charakter, sondern auch die Bevölkerung – wird seinen Nachahmer kaum zum Grübeln bringen. Seine Spender? Wer weiss. (aargauerzeitung.ch)

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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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vicious circle
15.11.2025 16:44registriert November 2019
Ich hoffe der nächste Präsident reisst alles wieder ab;)
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Schlaf
15.11.2025 16:25registriert Oktober 2019
Als ich das Bild vom Mar-a-Lago gesehen habe, ist mir jetzt klar, warum der Ballsaal im weissen Haus so aussehen soll, wie es Trump immer zeigt.

Was für ein Verbrechen das nun schon wieder ist, seinen wirklich schlechten Geschmack, ins weisse Haus zu bringen.
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Big Ghän
15.11.2025 16:41registriert Januar 2024
Trump, Trump und nochmals Trump. Wir leben in der Schweiz, bringt doch mal was hier alles falsch läuft. Viele unsere Politiker schauen doch auch nur noch für ihre "Elite" statt den Job als Volksvertreter zu machen.
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