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Analyse

Zoll-Deal mit dem USA: Die Schweizer Wirtschaft ist stärker als Trump

Zoll-Deal mit den USA: Die Schweizer Wirtschaft ist stärker als Trump

Die 39 Prozent waren hart, aber nicht so hart, wie der US-Präsident gerne gehabt hätte. Etwas mehr Selbstvertrauen hätte der Schweiz gutgetan.
15.11.2025, 11:2415.11.2025, 12:01
Florence vuichard / ch media

Es ist unwürdig. Schnippt Donald Trump mit dem Finger, setzt sich Guy Parmelin ins Flugzeug, greift Karin Keller-Sutter zum Hörer, tragen Milliardäre goldene Geschenke ins Oval Office. Ruft der «König von Washington», fühlen sich alle genötigt zu gehorchen – und nicht wenige fühlen sich dabei sogar noch geehrt.

Immerhin: Das kollektive Hofieren scheint sich auszuzahlen. Die Schweiz dürfte ihren Strafzoll von 39 Prozent bald wieder los sein. Demnach müssten die hiesigen Unternehmen künftig ihre Exporte in die USA wie ihre europäischen Konkurrenten «nur» noch mit 15 Prozent verzollen. Die Claqueure aus den Reihen der SVP bejubeln ihren Bundesrat Parmelin, die Schweizer Wirtschaftsleute, die Anfang November bei Trump waren, klopfen sich gegenseitig auf die Schultern.

Angesichts dieses devoten Verhaltens sind die Auftritte von Nick Hayek, dem ewigen Rebellen, eine Wohltat. Denn der Patron der Swatch-Gruppe hat durchaus recht, wenn er betont, dass die Schweiz auch mal ihre Stärken hätte ausspielen können – und die Stärken ihrer Wirtschaft. Diese hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie viel einstecken kann.

President Donald Trump speaks to reporters on Air Force One on his way to his Mar-a-Lago estate in Palm Beach, Fla., Friday, Nov. 14, 2025. (AP Photo/Manuel Balce Ceneta)
Donald Trump
Trump gibt den Weg vor, viele folgen.Bild: keystone

Sie hat gezeigt, dass sie aus Krisen immer wieder gestärkt herauskommt. Und davon gab es viele in den vergangenen zwanzig Jahren. Doch die Schweiz wurde von keiner besiegt: Weder von der Beinahe-Pleite der UBS, noch vom Steuerstreit mit den USA, noch vom Franken-Schock oder dem Lockdown, noch vom CS-Fiasko. Hierfür gibt es viele Gründe.

Einer der wichtigsten dürfte sein, dass die hiesige Wirtschaft nicht nur stark exportorientiert und damit konkurrenzfähig ist, sondern auch, dass sie sehr breit aufgestellt ist. Schweizer Grosskonzerne und mittelständische Unternehmen spielen in verschiedenen Branchen weltweit in der Topliga mit – egal, ob in der Pharma, dem Banking oder der Uhren- und Maschinenindustrie.

Und so hat sie auch den Strafzoll von 39 Prozent erstaunlich gut weggesteckt. Der Schaden war zwar für einzelne Unternehmen immens. Insbesondere in der vergleichsweise tiefmargigen Maschinen- oder Nahrungsmittelindustrie mussten einige Firmen ihr US-Geschäft eindämmen, ganz einstellen oder Verluste in Kauf nehmen. Das ist sehr schmerzhaft. Die Ausfuhren der Schweizer Industrie nach Amerika sind denn auch innert Wochen um über 14 Prozent eingebrochen.

Doch insgesamt war der von Trump angerichtete Schaden überblickbar. Das liegt auch daran, dass nur 4 Prozent aller Schweizer Exporte von seinem Zollhammer getroffen worden sind. Dies erstens, weil «nur» rund 18 Prozent aller Schweizer Exporte in die USA gehen, und zweitens, weil davon ein Grossteil vom Zoll ausgenommen ist. Nebst den Dienstleistungen fallen hier vor allem die Pharmaprodukte und das Gold ins Gewicht.

Viele der leidtragenden Firmen haben sich zudem mit der unschönen Situation arrangiert, so wie etwa Nick Hayeks Swatch-Gruppe. Sie hat mit ihrer quadratischen Zolluhr einen Werbecoup und hierzulande viele Sympathien gewonnen. Und sie hat wie andere Uhren- und Luxusfirmen die Preise in den USA erhöht – und damit letztlich die Rechnung für Trumps erratische Zollpolitik an Trumps Wähler weitergeleitet.

Nick Hayek, CEO Swatch Group AG, anlaesslich der Bilanzmedienkonferenz ueber das Geschaeftsjahr 2021 der Swatch Group AG, am Donnerstag 17. Maerz 2022, in Biel. (KEYSTONE/Marcel Bieri)
Nick Hayek.Bild: KEYSTONE

Wie gut der nun hochgejubelte Deal für die gesamte Wirtschaft ist, wird sich weisen, wenn dann auch klar ist, was das Kleingedruckte wirklich bedeutet und wie viel die Schweiz in Franken und Verlusten an Souveränität hat bezahlen müssen. Zudem ist Trumps Zollregime auch in abgeschwächter Form noch immer äusserst einschneidend für den Welthandel - und bleibt damit weiterhin eine grosse Herausforderung für eine offene Exportnation wie die Schweiz.

Doch der Deal ist nun da. Und auch Hayek profitiert von der Einigung von Trumps Hofierern. Schon als nur ruchbar wurde, dass es ein Abkommen zwischen der Schweiz und den USA geben könnte, machten die Aktien seiner Swatch-Gruppe einen Sprung nach oben.

Und dafür musste er sich nicht einmal vor dem König hinknien. (aargauerzeitung.ch)

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81 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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2r_music
15.11.2025 12:15registriert April 2020
Eigentlich müsste man die 200 Milliarden in Europa investieren. Und die Zugeständnisse an Trump zurücknehmen.
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Rethinking
15.11.2025 12:00registriert Oktober 2018
Insbesondere rechts Bürgerliche, allen voran die SVP sind vor dem „König“ auf die Knie…

Gegen die EU die Hellebarde schwingen und grosse Worte spucken, für Trump den Bückling machen…
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Rannen
15.11.2025 11:44registriert Januar 2018
Selbstvertrauen hat unsere Regierung nur wenn es gegen die eigenen Bürger geht
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