Aufatmen in Portugal: Das Atlantik-Ferienparadies, das als erstes Land auf dem europäischen Kontinent von der Delta-Variante erfasst worden war, scheint den Scheitelpunkt dieser neuen Welle überstanden zu haben. Offenbar zeigen die Mitte Juni eingeführten neuen Beschränkungen Wirkung. Die Infektionskurve sinkt seit einigen Tagen deutlich. Premier António Costa kündigte deswegen an, dass das Land am Atlantik vom 1. August an wieder die Öffnung wagt.
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«Die Befreiung der Gesellschaft wird schrittweise erfolgen», sagte Costa. In einer ersten Stufe, die pünktlich mit dem Start des Ferienmonats August beginnt, fällt die bisherige nächtliche Ausgangssperre. Der Lockdown galt von elf Uhr abends bis fünf Uhr morgens in all jenen Regionen mit besonders hoher Inzidenz. Vom Ausgehverbot waren auch die wichtigsten Touristenhochburgen betroffen wie etwa die Algarve-Küste, der Grossraum Lissabon und die Region rund um die malerische Hafenstadt Porto.
Zudem werden in der Gastronomie die Zügel lockerer gelassen. Landesweit dürfen Bars und Restaurants wieder bis zwei Uhr morgens öffnen. Allerdings müssen die Gäste weiterhin bestimmte Regeln beachten: Auf den Aussenterrassen sind maximal zehn Personen pro Tisch erlaubt, drinnen sogar nur sechs. Wer am Wochenende in den Innenräumen speist, kann dies nur mit Gesundheitszeugnis tun, das belegt, dass der Gast geimpft, genesen oder kürzlich getestet ist.
Das Covid-Zertifikat ist auch weiterhin für die Einreise auf dem Land- wie auf dem Luftweg für alle Urlauber Pflicht. Zudem muss bei jedem Einchecken in einer touristischen Unterkunft nachgewiesen werden, dass der Gast gesund ist.
Mitte Juni waren die Infektionen in Portugal explodiert. Der starke Anstieg war vor allem der Delta-Variante zugeschrieben worden. Vermutlich war diese Mutation über Grossbritannien, den wichtigsten Reisemarkt Portugals, eingeschleppt worden. Inzwischen ist die hochansteckende Variante Delta nicht nur in Portugal, sondern in ganz Europa vorherrschend. Portugals Notbremsung mit einem Teil-Shutdown half anscheinend, die Ansteckungskurve langsam wieder nach unten zu drücken.
Corona-Brennpunkt war und ist ausgerechnet die Algarve-Küste, die beliebteste Ferienregion des Landes. Dieser Umstand spricht dafür, dass der Tourismus – und dies wohl nicht nur an der Algarve – ein guter Virus-Nährboden ist. Zuletzt lag die Wochen-Inzidenz an der Ferienküste bei 380 Fällen pro 100'000 Einwohner – ebenfalls mit sinkender Tendenz. Vor zwei Wochen war an der Algarve noch ein Risikowert von nahezu 500 registriert worden.
Portugals Regierungschef Costa glaubt, dass sein Land das Schlimmste überstanden hat. Die Folgen dieser nun abklingenden Corona-Welle seien weniger dramatisch gewesen als jene der vorhergehenden Welle Anfang des Jahres. Damals waren die Krankenhäuser mit Patienten überfüllt. Das war dieses Mal nicht der Fall, die meisten Infektionsverläufe waren sehr viel leichter als früher.
Diese positive Entwicklung sei vor allem der erfolgreichen Impfkampagne zuzuschreiben, sagte Costa. Jetzt, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung den kompletten Schutz erhalten habe, sei es zudem an der Zeit, zur Lagebeurteilung nicht mehr auf den Inzidenzwert zu starren, sondern die hohe Impfrate zu berücksichtigen. 57 Prozent der Portugiesen seien inzwischen doppelt geimpft, damit liege das Land über dem europäischen Durchschnitt.
Der Premier warnte aber zugleich seine Landsleute, die schon die fünfte Viruswelle erlebten, vor zu viel Übermut in diesem Sommer: «Wenn es notwendig sein sollte, werden wir nicht zögern, den Öffnungsprozess zu stoppen.» (aargauerzeitung.ch)
Oder auch nicht, siehe England.