Die Ukraine sowie die Republik Moldau sind offiziell in den Kreis der Beitrittskandidaten von der Europäischen Union gerückt. Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, den beiden Ländern den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu erteilen.
27 mal Ja! Herzliche Glückwünsche an die #Ukraine und #Moldawien: Der Europäische Rat begrüßt zwei neue Beitrittskandidaten zur EU. Auf gute Zusammenarbeit in der europäischen Familie! #EUCO
— Bundeskanzler Olaf Scholz (@Bundeskanzler) June 23, 2022
Diesen Status erhalten die beiden Staaten noch im selben Jahr der Antragsstellung – während andere Staaten seit Jahren darauf warten, einen Schritt weiter im EU-Beitrittsverfahren zu kommen.
Dies bedeutet allerdings noch nicht viel. Bis zur Aufnahme in die Europäische Union können Jahre vergehen. Wie eine Aufnahme in der Regel abläuft – und wo die Ukraine derzeit steht:
Jeder europäische Staat, der die «Werte der Europäischen Union annehmen und fördern möchte», kann einen Antrag stellen. Dies gilt auch die für Mitglieder des Europarats – also auch für Staaten, die zwar geografisch nicht in Europa liegen, aber «politisch und kulturell» zu Europa zählen, wie beispielsweise Zypern.
Doch ein Antrag bedeutet noch lange kein Beitritt. Die EU betreibt aufwändige Zulassungsverfahren, um sicherzustellen, dass neue Mitglieder die europäischen Werte wie Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Demokratie erfüllen können.
Ein Bewerber muss allerdings noch weitere Schlüsselkriterien erfüllen, um in die EU aufgenommen werden.
1993 haben sich die Regierungschefs der Europäischen Union in Kopenhagen auf drei Voraussetzungen – die sogenannten «Kopenhagen Kriterien» – für einen Beitritt zur EU geeinigt:
Wenn ein Staat meint, diese Grundvoraussetzungen zu erfüllen und bereit ist, die EU-Rechte anzunehmen, schickt er dem Rat der Europäischen Union einen Mitgliedsantrag. Dieser wiederum wird weiter an die EU-Kommission zur Prüfung und Beurteilung weitergeleitet.
Im nächsten Schritt entscheidet der Rat der Europäischen Union, ob er dem Land den Kandidatenstatus erteilt. Fällt der Entscheid positiv aus, beginnen die Verhandlungen. In diesen Beitrittsverhandlungen entscheidet man, welche Reformen ein Bewerber umsetzen muss, um sich der EU anpassen zu können.
Weil die EU sehr viele Vorschriften und Regelungen hat, die ein Land bis zum Eintritt umsetzen muss, nehmen die Verhandlungen viel Zeit in Anspruch.
Das Tempo hängt dann davon ab, wie schnell die Reformen und die Angleichung an die EU-Gesetze erfolgen. Die Dauer kann deshalb von Land zu Land stark variieren. Finnland beispielsweise wurde nach nur drei Jahren aufgenommen, Zypern musste sich hingegen 14 Jahre lang gedulden. Die durchschnittliche Dauer beträgt laut EU-Kommission neun Jahre.
Noch immer auf einen Eintritt wartet die Türkei, die ihren Antrag vor 35 Jahren stellte. Und auch die Balkanstaaten befinden sich seit Jahren in einer Warteschleife.
Nein. Nach Abschluss der Verhandlungen muss das Europäische Parlament zunächst der Aufnahme zustimmen – mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder.
Danach kommt es zur Ausarbeitung eines Beitrittsvertrags. Da es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag zwischen den bisherigen Mitgliedstaaten und dem neuen Mitglied handelt, muss dieser von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Normalerweise erfolgt dies durch Parlamentsbeschlüsse, in Frankreich ist dafür allerdings ein Referendum vorgesehen.
Da auch der Prozess zwischen Unterzeichnung und Aufnahme einige Zeit in Anspruch nimmt, erhält das Beitrittsland bestimmte Vorrechte. Beispielsweise dürfen die Bewerber an Sitzungen teilnehmen und mitdiskutieren – sie haben dabei ein sogenanntes Rederecht, aber kein Stimmrecht.
Sobald alle Mitgliedstaaten den Vertrag ratifiziert haben, wird der Staat zum ausgehandelten Zeitpunkt in die Europäische Union aufgenommen.
Gegründet wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1958 durch Frankreich, Italien, Niederlanden, Belgien und Deutschland. Danach kamen einige Staaten hinzu:
Die Beitrittskandidaten unterteilen sich in vier verschiedene Gruppen:
Die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine können laut der EU-Kommission erst beginnen, wenn das Land weitere Reformen eingeführt hat, dazu gehört vor allem eine stärkere Korruptionsbekämpfung. Das Land steht auf dem Korruptionsindex von Transparency International auf Rang 122 von 180 Ländern.