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Sicherheitsgarantien im Fokus – kommt jetzt Zeitenwende für Ukraine?

U.S. President Donald Trump, left, speaks to Russian President Vladimir Putin after their joint news conference on Friday, Aug. 15, 2025, at Joint Base Elmendorf-Richardson, Alaska. ((Gavriil Grigorov ...
Trump im Gespräch mit Putin am «Alaska-Gipfel». Bild: keystone

Trump legt Selenskyj Krim- und Nato-Verzicht nahe – die wichtigsten Punkte vor dem Treffen

Nach dem Alaska-Gipfel mit Wladimir Putin reist der ukrainische Präsident Selenskyj, unterstützt von europäischen Staatschefs, zu Donald Trump. Hier sind die wichtigsten Informationen zum Treffen.
17.08.2025, 21:3718.08.2025, 08:46
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Die Ausgangslage

Nach dem Alaska-Gipfel mit Kremlchef Wladimir Putin will US-Präsident Donald Trump am Montag mit der Ukraine und den europäischen Partnern über Wege zur Beendigung des russischen Angriffskriegs sprechen. Dabei gehe es unter anderem um «Sicherheitsgarantien, territoriale Fragen und die fortdauernde Unterstützung der Ukraine in der Abwehr der russischen Aggression», teilte die deutsche Regierung mit. Deren Kanzler Friedrich Merz begleitet Wolodymyr Selenskyj, wie auch weitere europäische Staatschefs.

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Hat Ambitionen auf den Friedensnobelpreis: Donald Trump.Bild: keystone

In den Fokus rückt ein Szenario eines Nato-ähnlichen Beistandsversprechens der USA und europäischer Staaten an die Ukraine. Nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff hat Russland zugestimmt, dass die USA und die europäischen Staaten der Ukraine Sicherheitsgarantien gewähren, die Artikel 5 des Nato-Vertrags ähneln. Dieser regelt, dass die Bündnispartner im Fall eines Angriffs auf die Unterstützung der Alliierten zählen können und ein Angriff auf ein Mitglied als ein Angriff auf alle gewertet wird.

Zusätzliche Brisanz erhält das Treffen durch eine Mitteilung Trumps in den sozialen Medien. Am Montagmorgen (Schweizer Zeit) schrieb er, dass der Krieg fast sofort enden würde, wenn Selenskyj bereit sei, auf die Krim-Halbinsel und einen Nato-Beitritt zu verzichten. Die Ukraine hatte beides in der Vergangenheit strikt abgelehnt. Es dürfte sich bei Trumps Botschaft um einen Vorgeschmack darauf handeln, womit Selenskyj und die Europäer inhaltlich in Washington konfrontiert werden.

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Wie könnten Sicherheitsgarantien aussehen?

Die Idee der Sicherheitsgarantien ist nicht neu. Doch eine griffige Umsetzung ist gemäss den geschichtlichen Erfahrungen schwierig. Selenskyj stimmte sich vor dem Gipfel in Washington mit den europäischen Verbündeten ab. In Brüssel sagte er, Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild der Nato seien für eine Beendigung des Krieges essenziell. Die Garantie müsse funktionieren wie der Artikel 5 der Nato.

Auch unmittelbar nach der Ankunft in den USA unterstrich Selenskyj erneut, dass es sich um stabile Garantien handeln müsse – wirkungsvoller als zuvor getroffene Vereinbarungen wie 1994 oder 2014 und 2015 die Minsker Abkommen. Diese hätten Russland nicht daran gehindert, nach der Annexion der Krim weiter gegen die Ukraine vorzugehen.

Auch Von der Leyen unterstrich die Notwendigkeit solider Garantien – und stellte am Sonntag heraus, dass auch die USA dazu bereit seien. «Wir begrüssen die Bereitschaft von Präsident (Donald) Trump, zu Artikel 5-ähnlichen Sicherheitsgarantien für die Ukraine beizutragen», sagte die deutsche Politikerin. Die «Koalition der Willigen», einschliesslich der EU, sei bereit, ihren Teil beizutragen.

epa12306362 European Commission President Ursula von der Leyen (R) welcomes Ukrainian President Volodymyr Zelensky prior to a meeting in Brussels, Belgium, 17 August 2025. EPA/OLIVIER HOSLET
Selenskyj und von der Leyen fliegen am Montag, 18. August nach Washington.Bild: keystone

Im Fall eines Angriffs sind die Vertragsparteien des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato zu gegenseitigem Beistand verpflichtet. Artikel 5 des Nato-Vertrags sieht vor, «dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird». Der Nato-Rat stellt den Bündnisfall fest, erklärt wurde er bisher erst einmal: nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine war kein solcher Bündnisfall, da das Land nicht Mitglied der Nato ist. Selenskyj sagte am Sonntag, auch eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine sei eine Garantie für die Sicherheit des Landes.

Wie steht Putin zu den Sicherheitsgarantien?

Russland hat sich nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff einverstanden damit gezeigt, dass die USA und europäische Verbündete der Ukraine Nato-ähnliche Sicherheitsgarantien geben. «Wir konnten das folgende Zugeständnis gewinnen: Dass die Vereinigten Staaten einen Artikel-5-ähnlichen Schutz bieten können, was einer der eigentlichen Gründe ist, warum die Ukraine der Nato beitreten möchte», sagte Witkoff dem Sender CNN.

Witkoff spricht bei CNN über US-Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
Witkoff spricht bei CNN über US-Sicherheitsgarantien für die Ukraine.Bild: CNN

Für Kremlchef Putin sei ein Nato-Beitritt der Ukraine nicht diskutierbar. «Wir konnten das sozusagen umgehen und eine Vereinbarung erzielen, dass die Vereinigten Staaten einen Schutz ähnlich dem in Artikel 5 bieten könnten.» Die Russen hätten erstmals so einem Szenario zugestimmt.

Über mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine wurde allerdings schon bei den Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau 2022 in Istanbul gesprochen. Nach allem, was darüber bekannt ist, wollte Russland selbst eine der Garantiemächte sein. Es forderte ausserdem für den Konfliktfall ein Vetorecht gegen das Eingreifen anderer Garantiemächte. Dies war weder für die Ukraine noch für potenzielle westliche Garantiemächte akzeptabel. Es gilt als ein Grund, warum die Verhandlungen aufgegeben wurden.

Waffenstillstand oder nicht?

Die USA hoffen auf eine schnelle Vereinbarung zwischen der Ukraine und Russland – allerdings sind die Positionen der Kriegsparteien noch immer unvereinbar. Zum Beispiel verlangt Russland, dass die Ukraine auf eine Vielzahl von Gebieten verzichtet, was Selenskyj kategorisch ablehnt. Ob er nach Trumps jüngsten Äusserungen, die Krim abzugeben, von seinem Standpunkt abweicht, ist noch unklar.

Nach seinem Treffen mit Putin war Trump von seiner zentralen Forderung nach einem Waffenstillstand als Bedingung für Friedensverhandlungen abgerückt. Stattdessen will er – im Sinne Putins – direkt über eine Friedensvereinbarung sprechen. In der Folge hatte Kanzler Merz zu erkennen gegeben, dass auch er Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland ohne vorherigen Waffenstillstand für vertretbar hält – vorausgesetzt, es komme schnell zu einem Abkommen. «Wenn das gelingt, ist das mehr wert als ein Waffenstillstand, der möglicherweise über Wochen andauert – ohne weitere Fortschritte in den politischen, diplomatischen Bemühungen.».

Secretary of State Marco Rubio shows his tie to Russia's Foreign Minister Sergey Lavrov before a news conference with President Donald Trump and Russia's President Vladimir Putin at Joint Ba ...
Marco Rubio im Gespräch mit Sergei Lawrow am Alaska-Gipfel. Bild: keystone

US-Aussenminister Marco Rubio betonte am Sonntag, ein Waffenstillstand sei nicht vom Tisch. Das übergeordnete Ziel sei aber, ein «umfassendes Friedensabkommen» abzuschliessen, sagte er dem US-Sender NBC News. «Ich denke, das ist der beste Weg, um den Krieg zu beenden.»

Erinnerungen an Fiasko in Washington

Vom Treffen in Washington dürfte massgeblich abhängen, wie es in den Bemühungen um einen Frieden in der Ukraine weitergeht. Viel steht auf dem Spiel – vor allem nach dem Alaska-Gipfel, bei dem Trump Putin de facto auf der Weltbühne rehabilitierte.

Im Februar war eine Begegnung zwischen Selenskyj und Trump im Oval Office vor laufenden Kameras eskaliert, der Ukrainer musste unverrichteter Dinge abziehen. In der Folge setzten die USA ihre für die Ukraine enorm wichtigen Militärhilfen vorübergehend aus. Eine Wiederholung solcher Szenen soll um jeden Preis vermieden werden.

Selenskyjs letzter Besuch bei Trump eskalierte.Video: extern

Kommt es zum Dreier-Gipfel?

Es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass auf Selenskyjs Besuch bei Trump auch ein Dreiertreffen mit Putin folgen könnte. Von dieser Möglichkeit sprach auch der deutsche Kanzler Merz, ihm zufolge gibt es dafür aber noch keinen Ort und Zeitpunkt. Einem unbestätigten «Axios»-Bericht zufolge liess der US-Präsident seine europäischen Gesprächspartner wissen, dass er ein solches Treffen am Freitag anstrebe. (mke/con/sda/dpa)

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Trump empfängt Putin in Alaska
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Trump empfängt Putin in Alaska

Donald Trump bei der Ankunft in Anchorage.

quelle: keystone / julia demaree nikhinson
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192 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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call me ray
17.08.2025 21:59registriert August 2023
"Nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff hat Russland zugestimmt, dass die USA und die europäischen Staaten der Ukraine Sicherheitsgarantien gewähren[...]"
Was solche Sicherheitsgarantien taugen, hat man ja beim Budapester Memorandum gesehen... Und diesmal erst noch mit einem Taco als Vertragspartei.
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Flexon
17.08.2025 22:02registriert Februar 2014
Die Ukraine braucht nicht das Versprechen. Sie braucht den Beistand. Jetzt.
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fewral
17.08.2025 22:12registriert März 2022
Sicherheitsgarantien würden dann auf dem Papier stehen. Auf dem Papier…. PAPIER.
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