International
EU

Island ruft den Notstand aus – das wissen wir

November 10, 2023, Grindavik, Iceland: The access road to Blue Lagoon has been closed to avoid incidents in the area in the event of a possible volcanic eruption. Iceland is preparing for another volc ...
Grindavik, Island: Die Zufahrtsstrasse zur Blauen Lagune wurde geschlossen, um Zwischenfälle in der Gegend im Falle eines möglichen Vulkanausbruchs zu vermeiden. Bild: imago-images.de

Island ruft den Notstand aus – das wissen wir

Der nordeuropäische Kleinstaat bereitet sich auf einen weiteren Vulkanausbruch auf der Halbinsel Reykjanes vor.
11.11.2023, 19:1821.12.2023, 12:27
Mehr «International»

Auf Island haben zahlreiche Erdbeben Sorgen vor einem Vulkanausbruch geschürt. Sicherheitshalber wurde der Ort Grindavík mit etwa 3700 Einwohnern evakuiert. Auch die nahe gelegene Blaue Lagune, die grösste Touristenattraktion der Insel im Nordatlantik, wurde geschlossen.

Warum wurde der Notstand ausgerufen?

Wegen des sogenannten Erdbebenschwarms rief die Polizei eine Gefahrenlage aus. Diese Stufe des Warnsystems bedeutet, dass die Behörden eine zunehmende Gefahr sehen und Massnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit der Menschen in dem Gebiet zu gewährleisten.

Der nationale Polizeichef habe diese Massnahme «aufgrund der intensiven Erdbeben in Sundhnjukagigar, nördlich von Grindavík, ergriffen», teilte die Zivilschutzbehörde mit.

Durch den Notstand wird der Zivilschutz in Alarmbereitschaft versetzt. Die Behörden befürchten, dass es weitere und noch stärkere Beben geben und die Erdbebenserie zu einem Vulkanausbruch führen könnte.

Welche Schäden sind bekannt?

«Es gab enorme Schäden an Häusern und Infrastruktur, aber das kann alles repariert werden», sagte der isländische Präsident Gudni Th. Jóhanesson am Samstag dem Sender RUV. Die Gefahrenlage dauere zwar an. «Aber wir sind dankbar dafür, dass es keine Opfer gab», sagte Jóhanesson.

Bilder zeigten lange Risse in Strassen, auf dem Golfplatz von Grindavík öffnete sich die Erde teilweise meterbreit. Der Ort glich einer Geisterstadt, niemand durfte mehr hinein.

Risse in der Erde in Island (Grindavik) am 11. November 2023.
Bild: Screenshot: Twitter

Wie hat sich die Erdbeben-Lage entwickelt?

Allein seit Mitternacht registrierten die Behörden mehr als 400 Erdbeben in der Gegend auf der Reykjanes-Halbinsel südwestlich der Hauptstadt Reykjavik. Davon hätten 15 eine Stärke von mehr als 3.0 und 2 von mehr als 4.0 gehabt, berichtete RUV.

Bjarki Kaldalóns Friis von der Wetterbehörde sagte, die Zahl der Erschütterungen habe im Vergleich zum Vortag zwar abgenommen. Sie seien zudem nicht mehr so schwer. Dennoch würde es nach Angaben von Wissenschaftlern zu einem Vulkanausbruch kommen, falls die Erdbeben andauerten.

Der Vulkanologe Thorvaldur Thordarson sagte zu RUV, die Gefahr einer Eruption sei enorm gestiegen. Er rechne mit Stunden oder wenigen Tagen – falls sich die Erde nicht doch noch beruhige. Offenbar habe sich Magma in einer Tiefe von vier bis fünf Kilometern seit zwei Wochen in einer Art Vorratskammer gesammelt, sagte Thordarson. Die Erdbeben seien eine Folge davon, denn die Magma schaffe sich Platz.

Der genaue Zeitpunkt eines Vulkanausbruchs könne nicht vorhergesagt werden, sagte Experte Friis. Auch der genaue Ort könne nur geschätzt werden. Der Magmatunnel verlaufe nun unter Grindavík. Es sei aber möglich, dass die Eruption unter dem Meer stattfinden werde.

Wie fing es an und wie gefährlich ist es?

Der erneute Erdbebenschwarm hatte vor knapp zweieinhalb Wochen begonnen. Seitdem kam es zu Tausenden Beben.

Auf der Halbinsel war es bereits 2021, 2022 sowie in diesem Sommer zu Vulkanausbrüchen gekommen. Sie hatten sich jeweils mit längeren Erdbebenserien angekündigt.

Eine Gefahr für bevölkerte Gegenden bestand bei allen drei Eruptionen nicht. Diesmal wurde jedoch mit Sorge auf das Geothermiekraftwerk Svartsengi neben der Blauen Lagune geblickt.

Präsident Jóhanesson rief die Bevölkerung zur Einheit auf. «Island ist ein kleines Land», sagte er. Dies könne aber durchaus nützlich sein. «Wir können unsere Kleinheit in Stärke verwandeln. Manchmal sind wir wie eine kleine Familie.»

Wie häufig kommt es zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen?

Auf Island gibt es immer wieder Erdbeben und Vulkanausbrüche. Erst im Juli war es im dritten Jahr in Folge zu einem vulkanischen Ausbruch mit spektakulären Bildern gekommen. Auch damals hatten Tausende Ausstösse die Eruption angekündigt.

Während Reykjavik der wesentliche Ballungsraum der Insel mit ihren knapp 390'000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist, leben auf der Reykjanes-Halbinsel relativ wenige Menschen. Der Flughafen Keflavik war von den jüngsten Vulkanausbrüchen nicht betroffen.

Im Frühjahr 2010 hatte das noch ganz anders ausgesehen: Der Ausbruch des Vulkangletschers Eyjafjallajökull hatte den internationalen Flugverkehr damals über Tage ins Chaos gestürzt.

Quellen

(dsc/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
5
Wie die Nelken­re­vo­lu­ti­on in Portugal Schweizer Ängste beflügelte
Im April 1974 brach in Portugal eine der ältesten Diktaturen Europas zusammen. In der Schweiz machte man sich Sorgen um die Zukunft Portugals. Auch wegen des fragilen politischen Gleichgewichts in Südeuropa.

Weit entfernt von der Grossmacht, die es im 19. Jahrhundert war, als es sich über fünf Kontinente erstreckte, wurde das portugiesische Kaiserreich 1974 durch lange und kostspielige Kolonialkriege in Afrika destabilisiert. Der Estado Novo führte in seinen afrikanischen Kolonien an drei Fronten Krieg: in Angola, auf den Kapverden und in Guinea-Bissau und Mosambik. Diese Kolonialkriege dauerten seit etwa zehn Jahren an, ohne dass sich ein Ende abzeichnete.

Zur Story