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Waffenlieferungen an die Ukraine: Lässt der Westen die Ukraine im Stich?

Stockende Waffenhilfe, leere Geldtöpfe: Lässt der Westen die Ukraine jetzt im Stich?

Der Ukraine steht ein harter Winter bevor. Nicht nur drohen russische Angriffe auf die Energieinfrastruktur. Auch saugt der Krieg in Gaza dringend benötigte Ressourcen aus dem Westen ab. Kiew muss härter denn je für Unterstützung kämpfen.
15.11.2023, 04:58
Remo Hess, Brüssel / ch media
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Müssen sich auf einen harten Winter einstellen: ukrainische Soldaten im Feld.
Müssen sich auf einen harten Winter einstellen: ukrainische Soldaten im Feld.Bild: Efrem Lukatsky/AP

Während der Krieg in der Ukraine nach der beendeten Sommeroffensive in einen zermürbenden Abnützungskampf übergeht, wird es für Präsident Wolodimir Selenski immer schwieriger, dringend benötigte Ressourcen zu mobilisieren. Die USA, die Kiew seit dem russischen Angriff mit zig Milliarden Dollars unterstützt haben, befinden sich in einem erbitterten Budget-Streit.

Dazu kommt, dass die Supermacht seit Anfang Oktober auch Israel im Kampf gegen die Hamas-Terroristen unterstützen muss. Die zur Verfügung stehenden Hilfsgelder für die Ukraine seien zu 96 Prozent aufgebraucht, warnt John Kirby, der Sprecher des nationalen Sicherheitsrats. Die Lücke zu schliessen, wird für die Europäer schwierig, zumal sie sich mit internen Streitereien und Fehlkalkulationen selbst das Leben schwer machen. Eine Übersicht.

Wie steht es um neue Waffenlieferungen?

Zwar haben die Amerikaner und die europäischen Staaten der Ukraine versprochen, sie für den bevorstehenden Winter gegen russische Schläge auf die Energieinfrastruktur zu stärken. Deutschland zum Beispiel hat ein weiteres Iris-T-Luftabwehrsystem geliefert. Die USA liefern 60 Gepard-Flugabwehrpanzer via Jordanien. Bei der weiterhin knappen Artilleriemunition aber hapert es: Bereits ist klar, dass die EU ihr Versprechen nicht halten kann, der Ukraine bis im Frühling 1 Million Granaten zu liefern. Davon sind derzeit gerade mal 300'000 an der Front angekommen. Seit Monaten blockiert sind auch über 20 Milliarden Euro an militärischen Hilfsgeldern.

Warum klemmt es in Brüssel?

Bei der Artilleriemunition haben sich die Prognosen als zu optimistisch herausgestellt. Die europäische Waffenindustrie ist nicht in der Lage, ihre Produktion schnell genug heraufzufahren. Daran würde auch eine Umstellung auf Kriegswirtschaft nichts ändern, wie der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius sagt. Bei den militärischen Hilfsgeldern blockiert Viktor Orbán, der prorussische Regierungschef Ungarns.

Erst rechtfertigte sich er sich damit, dass die Ukraine eine ungarische Bank auf einer schwarzen Liste kriegsunterstützender Unternehmen führt. Dann argumentierte er mit der Diskriminierung der ungarischen Minderheit in der Ukraine. Eine Rolle spielt aber auch, dass Brüssel EU-Gelder für Ungarn wegen Demokratiedefiziten blockiert. Orbán will diese mit seinem Ukraine-Veto freipressen.

Wie sieht es mittelfristig aus?

Neben den 20 Milliarden an militärischen Hilfsgeldern will die EU der Ukraine über die kommenden vier Jahre auch 50 Milliarden Euro an Budgethilfen zur Verfügung stellen. Kiew braucht dieses Geld, um Beamtenlöhne und Sozialleistungen zu bezahlen, da der Staatshaushalt wegen des Kriegs eingebrochen ist. In der EU streitet man sich aber darüber, woher man die zusätzlichen Milliarden nehmen soll.

Die EU-Kommission fordert eine Erhöhung des gemeinsamen Budgets. Länder wie Deutschland und Frankreich aber wollen da nicht mitmachen und fordern eine Umschichtung bestehender Mittel. Können sich die EU-Staaten bis Jahresende nicht einigen, droht der Ukraine im schlimmsten Fall, das Geld auszugehen.

Was macht Russland?

Während die Ukraine um Waffenlieferungen aus dem Westen kämpft, läuft in Russland die Produktion auf Hochtouren. Zudem soll Russland neuerdings auch Munitionslieferungen von Nordkorea erhalten. Die westlichen Sanktionen hingegen scheinen nur begrenzt Einfluss auf Moskaus Kriegsfähigkeit zu haben.

Über Länder wie China gelangen weiterhin elektronische Komponenten ins Land, die in Raketen und Kamikazedrohnen verbaut werden. Ein zwölftes EU-Paket, welches Löcher im Sanktionsnetz schliessen will, lässt bislang auf sich warten.

Lässt der Westen die Ukraine also im Stich?

Einigungen auf EU-Ebene mögen zwar immer langwieriger werden, einzelne Staaten weichen dafür vermehrt auf die bilaterale Ebene aus. Diese Woche kündigte Deutschland an, seine Militärhilfe von 4 auf 8 Milliarden Euro zu verdoppeln. Das sei «ein starkes Signal an die Ukraine, dass wir sie nicht im Stich lassen», so Verteidigungsminister Boris Pistorius. Auch ist in Brüssel grundsätzlich unbestritten, dass die 50 Milliarden Euro Finanzhilfen kommen, sobald die internen Budget-Fragen beantwortet sind.

In den USA hat der Senat gerade eine neue Vorlage aufgegleist, die den Haushaltsstreit beenden soll und mehr als 60 Milliarden Dollar Ukraine-Hilfen vorsieht. Und auch wenn es länger dauert als geplant: Die europäischen Rüstungsfirmen haben ihre Kapazitäten um rund einen Drittel gesteigert. Die Frage ist aber, ob der Westen das Richtige zur richtigen Zeit liefert, damit die Ukraine den Krieg gewinnen kann. Oder soll es bloss genug sein, damit sie ihn nicht verliert? (aargauerzeitung.ch)

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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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sowhat
15.11.2023 06:11registriert Dezember 2014
Mit graut immer wieder, wenn mir bewusst wird, dass ein Emporkömmling wie Orban aus einem kleinen Land, das eigentlich völlig von der EU abhängig ist, es schafft, die Hilfen zu bremsen.
Da müsste die EU Stopmassnahmen einbauen. Er unterwandert ja das ganze Gebilde sowieso.
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Schlaf
15.11.2023 09:43registriert Oktober 2019
Alles Andere, wie die UA JETZT zu unterstützen, wird den Westen in Zukunft ein Vielfaches kosten.
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Latvietis1101
15.11.2023 13:16registriert Oktober 2023
Ohnmächtig gegenüber Putins Russland, aber auch ohnmächtig gegenüber der Weltpolitik, welche diese grausame Realität gegenüber der Ukraine zulässt. Wenn die Ukraine verloren ist, dann haben wir alle verloren. Dann wird es kein sicherer Ort mehr geben auf diesem Planeten!
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