Als Netflix die zweite Staffel der Show «African Queens» unter dem Titel «Queen Cleopatra» ankündigte, liess die Kritik nicht lange auf sich warten. Die Show schaltete sich mit der Wahl einer schwarzen Schauspielerin als Kleopatra in eine kontroverse politische Diskussion mit ein. Neben den üblichen Kritikern aus der rechten Ecke der US-Politlandschaft äusserten sich aber auch viele ägyptische Historiker und auch ägyptische Staatsbürger in den sozialen Medien. Die Kritik war überall die gleiche: Ägypter seien nicht subsaharischer Herkunft und waren es auch nie und wenn man Kleopatra als schwarze Frau porträtiere, missbrauche man sie zu ideologischen Zwecken.
Darum antwortet Ägypten nun mit einem eigenen Dokumentarfilm, der das Leben Kleopatras ins richtige Licht rücken soll. Am 30. April 2023 verkündete der ägyptische Doku-Sender Al Wathaeqya in einer Pressemitteilung auf Facebook, dass man mit der Produktion eines eigenen Dokumentarfilms begonnen habe und dass man dabei auf die wahrheitsgetreue Darstellung von Kleopatra achten würde. Der Sender vermeldete zudem: «Basierend auf den üblichen Praktiken bei Dokumentarfilmproduktionen finden derzeit Abklärungen mit Spezialisten aus den Bereichen Geschichte, Archäologie und Anthropologie statt, um die Genauigkeit und Wahrheitstreue des Dokumentarfilms zu garantieren.»
Am gleichen Tag, als Al Wathaeqya die Produktion des Dokumentarfilms bekannt gab, meldete sich auch der Generalsekretär des ägyptischen Obersten Rates für Altertümer zu Wort und liess über Twitter verlauten, dass das Darstellen von Kleopatra mit afrikanischen Merkmalen und dunkler Haut als «eine Verfälschung der ägyptischen Geschichte betrachtet wird». Weiter veröffentlichte das «Ministerium für Tourismus und Altertümer» mehrere Bilder von Statuenfragmenten und Münzen, die auf ihre hellenistische und makedonische Herkunft hindeuten. Ihr Aussehen variiert jedoch. So wurde sie im ägyptischen Kontext gemäss dem ägyptischen Darstellungskanon abgebildet. Deshalb ist es nicht möglich, das exakte Aussehen von Kleopatra VII. zu verifizieren.
The Secretary-General of the Supreme Council of Antiquities stated that the appearance of a heroine of the documentary "Queen #Cleopatra", which will be shown on the "Netflix" platform, with African features and dark skin, is considered a falsification of Egyptian history. 1/2 pic.twitter.com/d8Zwuho9Bx
— Ministry of Tourism and Antiquities (@TourismandAntiq) April 30, 2023
Der Produzentin der Netflix-Show, Jada Pinkett Smith, wird indessen vorgeworfen, «historischen Revisionismus» und «Afrozentrismus» zu betreiben. Einer ihrer prominentesten Kritiker ist der ehemalige ägyptische Minister für Altertumsgüter und Archäologie, Zahi Hawass. In einem Interview mit MBC Ägypten erzählte er, dass er in den USA schon Vorlesungen über Ägypten abgehalten habe, bei denen er von schwarzen Demonstranten konfrontiert wurde und dabei als Lügner bezeichnet wurde. Er beklagte dabei eine «Denkstörung» einiger Afroamerikaner in Bezug auf das antike Ägypten.
Am 10. Mai 2023, dem Release-Tag der Netflix-Show, wurde vom unabhängigen Filmemacher und Ägyptologen Curtis Ryan Woodside in Zusammenarbeit mit der biomedizinischen Ägyptologin Sofia Aziz ein 90-minütiger Dokumentarfilm auf YouTube veröffentlicht, in welchem das komplette Leben der letzten Pharaonin Ägyptens Kleopatra VII. genauer beleuchtet wird. Das Ziel der Doku sei auch, die Mythen von der Wahrheit zu trennen und diese anschliessend ans Licht zu bringen.
In Woodsides Doku kommen auch der oben erwähnte Zahi Hawass sowie die dominikanische Archäologin Kathleen Martinez zu Wort. Kathleen Martinez und Zahi Hawass sind seit 2002 gemeinsam an Ausgrabungen beim Tempel von Taposiris Magna beteiligt. In der Nähe des Tempels wurde eine Grabstätte entdeckt, in welcher sehr wahrscheinlich ein König oder eine andere wichtige Persönlichkeit begraben liegt. Es wird ebenfalls vermutet, dass Kleopatra VII. und Marcus Antonius (römischer General und ihr zweiter Ehemann) in der Nähe begraben sein könnten. An der Ausgrabungsstätte in Taposiris Magna wurden auch mehrere Büsten und Münzen von Kleopatra entdeckt, die auf ihr hellenistisches Aussehen hindeuten sollen.
Und auch der ägyptische Anwalt Mahmoud al-Semary verkündete, dass er bei der Staatsanwaltschaft eine Beschwerde eingereicht habe, die darauf abzielt, die Produktionsverantwortlichen der Netflix-Serie zur Rechenschaft zu ziehen. Er wirft den Produzenten vor, mit der Serie «afrozentristisches Denken» zu befeuern und damit die ägyptische Identität zu untergraben. Wegen der Verbreitung der Show möchte er auch, dass Netflix im ganzen Land verboten wird und Netflix als Kollaborateur ebenfalls angeklagt wird.
Etwas weniger heftig sind die Forderungen von Zahi Hawass. Er möchte gerne, dass beide Dokumentarfilme, sowohl die Woodside-Doku von YouTube als auch die sich noch in Arbeit befindende Doku des ägyptischen Senders, auf Netflix ausgestrahlt werden, um als Gegenstück zur nicht ganz wahrheitsgetreuen Netflix-Serie «Queen Cleopatra» zu dienen.
Der Begriff Unterhaltungsindustrie impliziert ja bereits, dass es hier um Unterhaltung gehen sollte... gute Geschichten, starke Charaktere und Identifikation mit den Figuren... mehr braucht es nicht. Wenn eine Figur nur da ist, um dabei zu sein, erhöht das die Unterhaltung eben nicht.
Hoffe Hollywood/die Filmindustrie kommt zur Besinnung und wir können wieder Filme gucken, die Spass machen - und nicht solche, die dem Zuschauer eine Ideologie in den Rachen stopfen.