Die berühmtesten Dichter ihrer Zeit schwärmten in den höchsten Tönen von ihr. Eine gekonnte Verführerin war sie: Die mächtigsten Männer des römischen Imperiums lagen ihr zu Füssen, was ihr schliesslich zum Verhängnis wurde. Seit 2042 Jahren ist sie tot – doch noch heute gilt sie als eine der einflussreichsten Frauen: Kleopatra VII.
Um die letzte Herrscherin der Ptolemäer-Dynastie (332 v. Chr.–30 v. Chr.) ranken sich zahlreiche Mythen und Legenden, die noch heute Gegenstand akademischer Debatten sind – was sind Fakten, wo beginnt Fiktion? Und nun hat sich eine weitere Frage in den Vordergrund gedrängt: Welche Hautfarbe hatte Kleopatra eigentlich?
Ein regelrechter Streit ist darüber entbrannt.
Auslöser dieses Streits ist der Trailer einer geplanten Kleopatra-Doku aus dem Hause Netflix. Mit der Dokumentarserie «African Queens» porträtiert der Streaming-Riese zwei Frauen, die auf dem afrikanischen Kontinent einst herrschten: Njinga, im 17. Jahrhundert Königin von Ndongo und Matamba, sowie eben Kleopatra VII., die im 1. Jahrhundert vor Christus Ägypten regierte. Produziert wurde die Serie von der US-Amerikanerin Jada Pinkett Smith, selbst eine Person of Color.
Für Kleopatra will der Streamingdienst nicht nur das Leben der «berühmtesten, mächtigsten und am meisten missverstandenen Frau der Geschichte» aufgreifen, sondern sich auf ihren Intellekt konzentrieren, heisst es in einer Ankündigung.
Der Vorspann verrät: Die ägyptische Königin wird von der dunkelhäutigen Schauspielerin Adele James verkörpert.
Nach der Veröffentlichung des Trailers meldet sich unter anderem der Ägyptologe Zahi Hawass zu Wort. Der ehemalige Generalsekretär der ägyptischen Altertümerverwaltung gilt als einflussreichster, aber auch als umstrittenster Ägyptologe der Gegenwart. Hawass wirft Netflix vor, durch die Besetzung einer dunkelhäutigen Kleopatra Verwirrung zu stiften, mit «falschen und irreführenden Fakten».
Einen Schritt weiter geht der ägyptische Anwalt Mahmud al-Semary. Er reichte bei der Staatsanwaltschaft eine Klage ein und fordert, dass der Streamingdienst aus dem Land geschafft wird. Dem Anwalt zufolge verstösst Netflix gegen das Mediengesetz und zielt darauf ab, die «ägyptische Identität auszuradieren», wie BBC berichtet.
Netflix bezeichnet die Wahl als «Wink zu der jahrhundertelangen Debatte über die Ethnie der Herrscherin». Auch die Schauspielerin Adele James reagiert gelassen auf die «Blackwashing»-Vorwürfe. Auf Twitter schreibt sie: «Wenn euch das Casting nicht gefällt, schaut euch die Filme nicht an.»
Das Irre dabei: Bereits vor drei Jahren lösten Pläne für einen neuen «Kleopatra»-Film eine Debatte aus, als bekannt wurde, dass die israelische Schauspielerin Gal Gadot die Rolle der ägyptischen Herrscherin verkörpern wird. In den Augen der Kritikerinnen und Kritiker galt sie als zu weiss. Man bevorzugte eine arabische oder afrikanische Schauspielerin.
Durch zahlreiche Filme hat sich in unseren Köpfen ein stereotypisches Bild von einer weissen Kleopatra eingeprägt. Doch war Kleopatra wirklich hellhäutig?
Seit mehr als 2000 Jahren ist Kleopatra Gegenstand von Fantasien. Künstler und Dichter verklärten die letzte Frau auf dem ägyptischen Thron als Regina meretrix (Königin Hure) oder intelligente und begabte Frau, die zahlreiche Sprachen fliessend und äusserst eloquent gesprochen habe.
Viel Zeit habe sie in ihr Äusseres investiert – und zum Beispiel in Eselsmilch gebadet. Unglaublich schön soll sie entsprechend gewesen sein, schreibt Cassius Dio – eine der schönsten Frauen überhaupt. Plutarchs Meinung ist dagegen eher dezidiert: Maximal durchschnittlich habe sie ausgesehen.
Aber wie Kleopatra tatsächlich aussah, das ist nicht bekannt. Kleopatras sterbliche Überreste wurden nämlich nie gefunden. Die antiken Darstellungen, die es von ihr gibt – im Flach- oder Rundbild –, sind idealisiert.
Im ägyptischen Kontext hat Kleopatra eine schmale Taille, runde Brüste und ausgeprägte Oberschenkel, ein rundliches Gesicht sowie eine betonte Nabelpartie – genau so, wie es dem ptolemäischen Darstellungskanon für Frauen des Königshauses entspricht. Zudem trägt sie typisch ägyptische Perücken und Kleider sowie Kopfbedeckungen. Und ist in den zu erwartenden Körperhaltungen abgebildet.
Doch neben diesen ägyptischen Darstellungen wurde Kleopatra auch in griechischer Tradition abgebildet. Denn die Ptolemäer waren nicht etwa eine alteingesessene ägyptische Familie, sondern stammten ursprünglich aus dem griechisch-makedonischen Raum. So war die ägyptische Königin eine Nachfahrin des makedonischen Heerführers Ptolemaios. Dieser kämpfte an der Seite von Alexander dem Grossen, der im Jahr 332 vor Christus Ägypten besetzte. Nach Alexanders Tod sicherte sich Ptolemaios den fruchtbarsten Teil der Alten Welt – eben Ägypten – und etablierte eine neue Herrscherdynastie: die Ptolemäer, die von Alexandria aus regierten. Damit ja kein fremdes Blut die Dynastie verunreinigte, heirateten die Ptolemäer ihre eigenen Schwestern.
Allerdings könnte die Geburt Kleopatras VII. hier eine Ausnahme darstellen. So gibt es die weitverbreitete These, dass Kleopatra die Tochter von Ptolemaios XII. Auletes und einer Ägypterin aus einer einflussreichen Priesterfamilie gewesen sei. Kleopatra hätte in diesem Fall sowohl griechisch-makedonische als auch ägyptische Wurzeln.
Liess sich die Königin in griechisch-makedonischer Tradition darstellen, wie das bei den Ptolemäern üblich war, sah sie (ebenfalls idealisiert) so aus:
Wahrscheinlich war es wirklich so, dass Kleopatra keine Schwarzafrikanerin war. Aber wie sie ausgesehen hat, weiss man schlicht nicht. Die Debatte über ihre Hautfarbe im Rahmen der Netflixserie scheint überflüssig. Denn porträtiert wird eine mächtige Frau, die seit 2000 Jahren immer wieder dem Zeitgeist angepasst abgebildet wird. Meistens weiss. Und nun eben schwarz – eine «African Queen» in einer US-amerikanischen Produktion. Ihren Legendenstatus wird das nicht schmälern.
Dann nennt es nicht eine Doku. Ausserdem ist die Aussage dieser einen Frau im Tailer äusserst bedenklich: "Meine Grossmutter sagt glaubt nicht, was die euch in der Schule erzählen. Cleopatra war schwarz, Punkt. Dieses Thematik hätte man durchaus besser behandeln können.