International
Finnland

Schäden an Gas-Pipeline in der Ostsee: Finnland vermutet Fremdeinwirkung

A compression station of the Baltic Connector marine gas pipeline is pictured in Inkoo, Finland, Nov. 5, 2019. Finnish government is to hold a press conference later on Tuesday, Oct. 10, 2023, to info ...
Die von einem Schaden betroffene Pipeline Balticconnector verläuft zwischen Finnland und Estland.Bild: AP Lehtikuva

Schäden an Gas-Pipeline in der Ostsee – Finnland vermutet Fremdeinwirkung

Am frühen Sonntagmorgen wurde ein plötzlicher Druckabfall in der Leitung der Gas-Pipeline Balticconnector zwischen Finnland und Estland bemerkt. Die Ursache ist wohl ein Leck. Dass es sich bei den Schäden um einen Unfall handelt, ist unwahrscheinlich.
10.10.2023, 17:4010.10.2023, 19:29
Mehr «International»

Finnland geht davon aus, dass Schäden an einer Gas-Pipeline in der Ostsee sowie an einem Kabel auf Fremdeinwirkung zurückzuführen sind.

«Es ist wahrscheinlich, dass der Schaden sowohl an der Gasleitung als auch am Datenkabel durch äussere Aktivität verursacht wurde», teilte der finnische Präsident Sauli Niinistö am Dienstag mit. «Was den Schaden genau verursacht hat, ist noch nicht bekannt.»

Druckabfall in Leitung

Die betroffene Pipeline Balticconnector verläuft zwischen Finnland und Estland. Die Betreibergesellschaften Gasgrid (Finnland) und Elering (Estland) hatten am frühen Sonntagmorgen einen plötzlichen Druckabfall in der Leitung bemerkt. Der Gastransport zwischen den beiden EU-Ländern wurde daraufhin unterbrochen. Die Betreiber leiteten Untersuchungen ein. Berichten zufolge wurden bei den Ermittlungen auch das Militär und der Geheimdienst hinzugezogen.

«Aufgrund des ungewöhnlichen Druckabfalls liegt die begründete Vermutung nahe, dass die Ursache des Vorfalls eine Beschädigung der Offshore-Gas-Pipeline und ein daraus resultierendes Leck waren», teilte Gasgrid am Dienstag mit. Das Gasleck sei mit der Isolierung des Teilabschnitts gestoppt worden. Der Zustand des finnischen Gassystems sei stabil und die Gasversorgung über ein schwimmendes LNG-Terminal gesichert. Das Terminal verfüge über ausreichende Kapazitäten, auch im Winter das benötigte Gas zu liefern.

Niinistö sprach auch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg über die Schäden und bekräftigte, dass der Vorfall keinen Einfluss auf die Versorgungssicherheit seines Landes habe.

Nach einer vorläufigen Beurteilung sei der Schaden weder durch die normale Nutzung noch durch Druckschwankungen zu erklären, sagte Ministerpräsident Petteri Orpo am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Helsinki. Es sei wahrscheinlich, dass das Leck auf äussere Einwirkungen zurückgeht.

Die finnische Kriminalpolizei leitete am Dienstag eine Untersuchung zu dem Vorfall ein. Auf die Frage, ob es einen Grund für den Verdacht einer Beteiligung Russlands gebe, wich Orpo aus. Das Wichtigste sei, dass die Sache ordentlich untersucht werde. Man lebe in unruhigen Zeiten, aber es gebe keinen Grund, sich Sorgen zu machen.

Die Reparatur der Pipeline dürfte nun mehrere Monate dauern, wie Behördenvertreter auf der Pressekonferenz einschätzten. Der stellvertretende Chef des finnischen Grenzschutzes, Markku Hassinen, berichtete von einer deutlichen Beschädigung des Rohres. Der Schaden scheine durch einen externen Akteur verursacht worden zu sein. Diese Informationen seien an die Kriminalpolizei weitergeleitet worden.

Konkret von Sabotage sprachen Orpo und Niinistö zunächst nicht. Nach Informationen des Rundfunksenders Yle wird jedoch davon ausgegangen, dass es sich nicht um einen Unfall handelt. Die Zeitung «Iltalehti» berichtete gar, Regierung und Militär vermuteten, dass Russland die Leitung angegriffen habe. Von Regierungsseite wurde das nicht bestätigt.

Verstärkte Überwachung strategischer Infrastruktur

Litauen wird nach der Beschädigung der Gas-Pipeline in der Ostsee zwischen Finnland und Estland die Überwachung seiner strategischen Infrastruktur verstärken. Begründet wurde der Schritt am Dienstag vom Nationalen Krisenmanagementzentrum in Vilnius mit Informationen, die das EU- und Nato-Land von internationalen Partnern erhalten habe.

Mögliche weitere Entscheidungen sollen bei einer Sitzung am Mittwoch beraten werden, bei der zusätzliche Informationen der litauischen Sicherheitsbehörden erörtet werden sollen.

Balticconnector war Anfang 2020 in Betrieb genommen worden. Die rund 150 Kilometer lange Pipeline verläuft vom finnischen Inkoo über den Finnischen Meerbusen bis ins estnische Paldiski, der betroffene Offshore-Abschnitt im Meer ist gut 77 Kilometer lang. Sie ist deutlich kürzer als die Gasleitungen Nord Stream 1 und 2, die vor rund einem Jahr bei Sabotageakten in der Nähe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm schwer beschädigt wurden. Wer hinter den Nord-Stream-Anschlägen steckt, ist bis heute unklar.

Anders als bei den Vorfällen an den Nord-Stream-Leitungen verzeichneten Seismologen keine grösseren Explosionen, als das Leck entstand. Das sagte Heidi Soosalu vom Geologischen Dienst in Estland am Dienstag dem estnischen Rundfunk. Ein heftiger Sturm am Wochenende oder eine Beschädigung der Leitung durch den Wellengang könnten als mögliche Ursachen ausgeschlossen werden, sagte Elering-Vorstandschef Kalle Kiik.

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte Finnland im Mai 2022 den Beitritt zur Nato beantragt. Vor rund einem halben Jahr wurde das nordische EU-Land dann als 31. Mitglied in das Verteidigungsbündnis aufgenommen. Es grenzt auf einer Länge von rund 1340 Kilometern an Russland.

(sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die gefährlichsten Cyberwaffen und ihre Folgen
1 / 15
Die gefährlichsten Cyberwaffen und ihre Folgen
Mit der Entdeckung von Stuxnet geriet erstmals eine von staatlichen Hackern entwickelte Cyberwaffe ungewollt in private Hände. Die Schadsoftware war sehr wahrscheinlich von den USA und Israel um 2006 entwickelt worden – auch wenn die beteiligten Verantwortungsträger bis heute schweigen.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Riesiger Ölteppich – beschädigte Pipeline als Ursache
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
30 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Rivka
10.10.2023 18:45registriert April 2021
🙋🏽‍♀️ Ich habe eine Vermutung wer es sein könnte. Er wohnt im östlichen Nachbarland, ist ca. 160 cm gross, lässt seine 25 Doubles für in der Öffentlichkeit agieren, hat Angst abgeschossen zu werden darum fährt er in einem Bunker-Zug und sein Zuhause ist auch Bunker.
6414
Melden
Zum Kommentar
avatar
MartinZH
10.10.2023 21:02registriert Mai 2019
Man merkt, es geht langsam dem Winter entgegen ...

Und ein ganz bestimmtes Land setzt mittels eines hybriden Kriegs – in Europa sowie in der gesamten Welt – alles daran, die Gas-Versorgung zu sabotieren und zusätzlich den Gas-Preis hochzutreiben, um damit schlussendlich auch die eigenen Einnahmen zu erhöhen.

Und dieses Land, das wir alle kennen, verfügt über genügend Gas, um die eigene Bevölkerung und die eigene Industrie problemlos zu versorgen.

Sicher ein guter Grund mehr, die Energiewende zu beschleunigen, um diesem Land die finanziellen Ressourcen allmählich und nachhaltig zu entziehen.
5311
Melden
Zum Kommentar
avatar
Marjorie
10.10.2023 18:25registriert Mai 2021
Dass der Verursacher in Moskau zu suchen ist, ist ja klar. Russland ist ja durch den NATO Beitritt Finnlands in seiner Existenz bedroht und hat Vergeltungsmassnahmen angedroht, die Handschrift ist auch erkennbar, der Russe war schon immer hinterlistig.
227
Melden
Zum Kommentar
30
Tausende demonstrieren in Israel wegen Geiseln – das Nachtupdate ohne Bilder
Die Proteste gegen Benjamin Netanjahu gehen in Israel weiter, ihm wird vorgeworfen, nicht ernsthaft an der Freilassung der Geiseln interessiert zu sein. Hier ist das Nachtupdate.

Kurz vor der geplanten Bodenoffensive in Rafah ringen Israels Regierung und die Hamas erneut um ein Abkommen für eine Feuerpause sowie die Freilassung weiterer aus Israel entführter Geiseln. Ein hochrangiger Hamas-Funktionär kündigte am Samstag bei Telegram an, die Islamistenorganisation werde einen entsprechenden israelischen Vorschlag prüfen und eine Antwort geben. Dieser war der Hamas jüngst vorgelegt worden. Die Verhandlungen waren zuvor lange Zeit nicht vorangekommen. Ob es nun doch noch einen Durchbruch geben wird, der einen grossangelegten Militäreinsatz Israels in Rafah verzögern könnte, bleibt offen.

Zur Story