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Geständnis des Attentäters von Lyon: Der 35-Jährige hat seinen Chef enthauptet

Geständnis des Attentäters von Lyon: Der 35-Jährige hat seinen Chef enthauptet

29.06.2015, 01:13
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Nach dem Anschlag auf ein Gaslager bei Lyon hat der mutmassliche Attentäter die Ermordung und Enthauptung seines Arbeitgebers gestanden. Der 35-Jährige habe sein Schweigen gebrochen und den Mord gestanden, teilten die Ermittler am Sonntag mit.

Zuvor hatten sie ein Selfie des mutmasslichen Dschihadisten mit dem abgetrennten Kopf seines Opfers entdeckt. Die Ermittler hätten das Foto auf dem Handy des Attentäters gefunden und einen Empfänger in Syrien ausgemacht, berichtete die Nachrichtenagentur AFP am Sonntag

Der mutmassliche Attentäter habe zugegeben, seinen 53-jährigen Vorgesetzten vor dem Anschlag getötet und enthauptet zu haben, hiess es aus Ermittlerkreisen. Dabei habe er sich auch zu «einigen Elementen zu den Tatumständen» geäussert.

Terror-Anschlag in Frankreich

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Terror-Anschlag in Frankreich
Mindestens ein Angreifer hatte die Fabrik in Saint-Quentin-Fallavier südöstlich von Lyon am Freitagvormittag attackiert. Ein Mann wurde enthauptet, es gab zwei Leichtverletzte.
quelle: x02976 / emmanuel foudrot
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Und das alles wegen eines Streits

Polizisten hatten nach dem Anschlag am Freitag den abgetrennten Kopf des Transportunternehmers am Zaun der Industrieanlage befestigt entdeckt, daneben zwei dschihadistische Flaggen.

Der 35-Jährige soll am Freitagmorgen auf das Gelände der auf Gasprodukte spezialisierten Firma Air Products in Saint-Quentin-Fallavier nahe Lyon vorgedrungen sein und in einem Hangar voller Gasflaschen eine Explosion verursacht haben. Feuerwehrleute konnten den Mann in einem zweiten Hangar überwältigen, als er weitere Explosionen auslösen wollte.

Ein Polist vor dem Industriegelände bei Lyon.
Ein Polist vor dem Industriegelände bei Lyon.Bild: Laurent Cipriani/AP/KEYSTONE

Anschliessend entdeckten Polizisten den abgetrennten Kopf sowie die Leiche des Vorgesetzten. Nach einer ersten Autopsie war unklar, ob der 53-Jährige bei lebendigem Leib enthauptet wurde oder schon vorher tot war.

Nach Angaben aus Ermittlungskreisen hatte der mutmassliche Täter zwei Tage vor dem Anschlag einen Streit mit seinem Arbeitgeber. Er habe eine Palette mit wertvollem Material fallen lassen, sein Chef habe daraufhin eine Bemerkung gemacht, dann habe ein Wort das andere ergeben, sagte demnach ein Angestellter des Transportunternehmens aus.

Hatte er Komplizen?

Der mutmassliche Attentäter schwieg zunächst zu der Tat, am Samstagabend dann stellte er sich doch den Fragen der Ermittler. Am Sonntag sollte er an den Sitz der Anti-Terrorpolizei nach Paris überstellt werden.

Tag des Anschlags: Der 35-Jährige wird abgeführt.
Tag des Anschlags: Der 35-Jährige wird abgeführt.Bild: EMMANUEL FOUDROT/REUTERS

Die Ermittler wollen nun vor allem herausfinden, ob der Attentäter Komplizen hatte. Darauf könnte ein makabres Foto von ihm mit dem abgetrennten Kopf seines Opfers hindeuten, das der 35-Jährige über den Chat-Dienst WhatsApp an eine kanadische Nummer verschickt hatte. Der Teilnehmer hinter dieser Telefonnummer konnte zunächst nicht ermittelt werden.

Die Zeitung «Le Figaro» schrieb, der Mann sei ab 2000 durch den Kontakt zu einem Salafisten in seinem früheren Wohnort Pontarlier radikalisiert worden sein. Dieser Mann werde verdächtigt, vor fünf Jahren mit Aktivisten des Terrornetzwerks Al-Kaida Anschläge in Indonesien geplant zu haben.

Beobachtung abgebrochen

Dieser Kontakt sei den französischen Sicherheitsdiensten aufgefallen, weshalb der 35-Jährige zwischen 2006 und 2008 unter Beobachtung gestellt worden sei. Anschliessend wurde die Beobachtung jedoch nicht fortgesetzt.

Ausser dem mutmasslichen Attentäter wurden auch seine Ehefrau, seine Schwester und ein weiterer Mann festgenommen. Gegen letzteren wird wegen «Terrorvorwürfen» ermittelt, seine Verbindung zum Anschlag ist aber noch unklar. Bislang gibt es laut Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins keine Hinweise, dass der Attentäter einen Komplizen hatte.

Frankreichs Präsident François Hollande beriet am Samstag mit seinen zuständigen Ministern über die weiteren Konsequenzen des Anschlags. Zu diesem bekannte sich zunächst keine Dschihadistengruppe - anders als bei den am selben Tag verübten Attentaten in Tunesien und Kuwait, zu denen sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte. (sda/afp/dpa)

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