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Besonderer Passagier an Bord des Tauchboots: Das ist «Monsieur Titanic»

Besonderer Passagier an Bord des Tauchboots: Das ist «Monsieur Titanic»

Die Passagiere des Titanic-U-Bootes sind nicht nur reiche Luxustouristen. An Bord ist auch der französische Wissenschafter Paul-Henri Nargeolet. Er kennt das weltberühmte Wrack wie kein zweiter.
22.06.2023, 06:2522.06.2023, 22:15
Stefan Brändle, Paris / ch media
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Er war schon 30 mal «unten». So nannte Paul-Henri Nargeolet den Ort auf einer Meerestiefe von gut 3800 Metern, wo das Wrack des 1912 gesunkenen Ozeandampfers Titanic liegt. Der französische Wissenschafter hatte in seiner langen Karriere schon zahllose Schiff- und auch Flugzeugwracks erforscht. Doch die Titanic hatte es ihm besonders angetan.

Paul-Henri Nargeolet: Er wird auch "Mr. Titanic" genannt.
Paul-Henri Nargeolet, einer der fünf Passagiere des U-Bootes, das zum Titanic-Wrack unterwegs war.Bild: r4924_italyphotopress/imago images

Am Sonntag startete der 77-jährige U-Boot-Spezialist neben drei zahlenden Passagieren und dem Kapitän zu einer neuen Erkundungsmission. Nargeolet ist der mit Abstand erfahrenste Beteiligte, was sich auch in seinem Übernamen «Monsieur Titanic» äussert. Der aus dem Alpenort Chamonix stammende U-Boot-Profi hatte 22 Jahre Dienst im Unterwasserdienst der französischen Marine geleistet. Später arbeitete er für das reputierte französische Meeresinstitut Ifremer.

Er erledigte Tauchaufträge in den Antillen und im chinesischen Meer; im Atlantik spürte er die Blackbox der zwischen Rio und Paris abgestürzten Air France-Maschine auf, und vor der irischen Küste erforschte er das Wrack der RMS Carpathia, die 1912 mehrere hundert Titanic-Passagiere aufgefischt hatte, bevor sie Jahre später von einem deutschen U-Boot versenkt wurde.

«In sehr tiefem Wasser sind Sie tot, bevor sie merken, etwas ist passiert»

1987 übernahm Nargeolet beim Ifremer die Forschungen zur Titanic. Von den Behörden erhielt er das seltene Recht, Objekte des legendären Dampfers hochzubringen. 5000 Objekte von Metalltellern bis zu Goldschmuck schaffte an die Meeresoberfläche. Doch Nargeolet interessierte sich vor allem für die Titanic. «Es ist ein sehr schönes Wrack, wie es nur wenige von dieser Qualität und Grösse gibt», erzählte er vor Jahren in einem Interview.

«Sie ist von Bakterien überzogen, die ihm wie ein Mantel anliegen und einen speziellen Aspekt verleihen. Es ist ein mythisches Wrack, und wenn man es zum ersten Mal aufsucht, haut es einen völlig um.» Nargeolets (auf Französisch) erschienenes Buch «In den Tiefen der Titanic» liest sich wie eine Liebeserklärung an das wohl berühmteste Wrack der Schifffahrtsgeschichte.

Der U-Boot-Experte, den sein Presseagent als ruhig und gutmütig schildert, war sich der Gefahr seines Metiers durchaus bewusst. 2019 erklärte er einmal: «Wenn Sie sich in sehr tiefem Wasser bewegen, sind Sie schon tot, noch bevor sie auch nur merken, dass etwas passiert ist.» Das Risiko ging er ein, wenn er bei dem Titanic-Wrack war.

«Selbst wenn Sie dort vier, fünf oder bis zu acht Stunden verbringen, haben Sie nicht wirklich Lust, wieder hochzusteigen. Manchmal warte ich, bis die Batterien leer sind. Ich bin dafür schon mehrmals getadelt worden.»

Den aktuellen Tauchgang kommandiert offiziell der Amerikaner Stockton Rush, Gründer und Besitzer der Firma OceanGate, die seit 2021 für 250'000 Dollar Reisen zur Titanic anbietet. Doch Nargeolets, der das Riesenwrack der Titanic bis in die Einzelheiten kennt, war sicher nicht nur als wissenschaftlicher Berater dabei, sondern auch als Troubleshooter und auch als Ortsvertrauter. Das relativiert Spekulationen, dass sich das 6.5 Meter lange U-Boot Titan in Wrackteilen verfangen haben könnte. Weggefährten Nargeolets wunderten sich am Mittwoch eher, dass das U-Boot über keinerlei behördliche Zulassungen verfüge. (aargauerzeitung.ch)

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Antaios
22.06.2023 14:24registriert Mai 2022
Mich wundert, dass Nargeolet als langjähriger Expeditionsteilnehmer in diese Büchse eingestiegen ist und die fehlende Sicherheitslkultur nie bemängelt hat. Offenbar sind auch Profis nicht immun gegen die 'Hat bis jetzt immer geklappt'-Routine. Dies ist das eigentlich Tragische!
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