Die schlimmsten Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Am Freitag willigte Donald Trump wohl nicht dazu ein, dem russischen Machthaber Wladimir Putin ein grosses europäisches Land zum Frass vorzuwerfen. Der amerikanische Präsident scheint dem Kreml-Herrscher kein grünes Licht gegeben zu haben, einzelne Provinzen im Osten der Ukraine zu annektieren.
Das ist eine gute Nachricht für die Demokratien dieser Welt und eine schlechte für Russland. Und Trump kann weiterhin darauf hoffen, für seine Vermittlungsbemühungen im Ukraine-Krieg dereinst mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet zu werden.
Aber so richtig freuen kann man sich über das abrupte und mysteriöse Ende des Gipfels im hohen Norden Amerikas eigentlich auch nicht. Denn der Krieg und damit auch das Blutvergiessen, für das die russischen Streitkräfte verantwortlich sind, wird nun weitergehen.
Trump, der vor dem Treffen mit Putin mehrmals auf einem Waffenstillstand beharrt hatte, scheint diese Forderung nun endgültig fallengelassen zu haben. Aus den angedrohten Sanktionen, die Putin in die Knie zwingen sollten, wird wohl auch nichts. Jedenfalls war davon am Freitag in Anchorage mit keinem Wort die Rede. Und Trump scheint immer noch der Meinung zu sein, dass die Ukraine Gebiete abgeben muss, um den Krieg zu beenden. «Mache einen Deal», laute sein Ratschlag an Wolodimir Selenski, sagte der amerikanische Präsident in einem Exklusiv-Interview mit dem Fernsehsender Fox News Channel.
Beunruhigend ist zudem, wie es Putin gelang, Trump einzuseifen. Während des bizarren Presseauftritts der beiden Präsidenten, in dem sie elf Minuten lang vermieden, konkrete Ergebnisse des gemeinsamen Gesprächs zu verkünden, überschütteten sie sich mit Komplimenten. Da fielen Wörter wie «extrem konstruktiv», «Fortschritte» und «Frieden», obwohl niemand im Publikum wusste, über was die beiden da genau sprachen.
Der russische Präsident lud Trump (auf Englisch) gar nach Moskau ein, für den nächsten Gipfel, der angeblich bald stattfinden soll. Und er sagte auch, der Amerikaner habe recht, wenn dieser (immer und immer wieder) sage, es wäre nie zum Krieg in der Ukraine gekommen, wenn Trump vor dreieinhalb Jahren noch Präsident gewesen wäre. «Ich kann das bestätigen», sagte Putin, als sei er ein Aussenpolitik-Analyst und nicht der Befehlshaber des russischen Militärs, das Kriegsverbrechen begeht.
In Alaska machte Putin also (einmal mehr) keine Zugeständnisse und rückte wohl nicht von seinen Maximal-Forderungen ab. Stattdessen erinnerte er Trump während rund fünf Stunden daran, wie gut es die Chefs der beiden Atommächte miteinander können. Bereits gab der amerikanische Präsident dem Alaska-Gipfel deshalb die Höchstnote 10. Auch überschüttete er Putin mit Komplimenten. Das verspricht nichts Gutes.
Wobei solche Aussagen von Trump natürlich auch immer mit Vorsicht zu geniessen sind. Weil der amerikanische Präsident mit der Einstellung durch die Welt geht, Rückschläge seien für Schwächlinge, schlägt er sich selbst dann auf die Brust, wenn er auf Granit beisst. Wichtig ist also vielleicht nicht, was Trump jetzt in den nächsten Stunden über den gescheiterten Gipfel sagt.
Wichtig ist vielmehr, wie er reagiert. Sucht er nun wieder das Gespräch mit den europäischen Nato-Verbündeten? Geht er auf den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj zu und kommt es nun zu einem Dreier-Treffen? Oder macht er sich umgehend allein auf den Weg nach Moskau, um erneut mit seinem russischen «Buddy» zu sprechen?
Der russische Präsident wird ihn mit Argusaugen beobachten. Und jede Minute, die Putin in diesen angeblichen Verhandlungen mit Trump gewinnt, die nutzt er, um in der Ukraine mehr Territorium zu gewinnen. (bzbasel.ch)