Nach der erschütternden Messerattacke in Frankreich mit vier verletzten Kindern und zwei erwachsenen Opfern schweigt der Täter weiterhin zu seinem Motiv. Wegen versuchten Mordes war der 31 Jahre alte Mann am Samstag in Untersuchungshaft genommen worden. Alle Opfer sind inzwischen ausser Lebensgefahr. In der Alpenstadt Annecy kamen am Sonntag Hunderte Einwohner zu einem Gedenken in dem Park am See zusammen, wo es am Donnerstagmorgen zu der Bluttat gekommen war.
«Ich bin davon überzeugt, dass die menschliche Solidarität, wenn sie praktiziert wird und sich ausdrückt, grenzenlos ist», sagte der Bürgermeister von Annecy, François Astorg, in einer Ansprache, in der er den Helfern dankte. Es gehe darum, die Zukunft zu wählen und nicht die Zerstörung und aufzubauen, statt zu hassen.
Wie Staatsanwältin Line Bonnet-Mathis am Samstag sagte, habe der Täter im Polizeigewahrsam und vor dem Untersuchungsrichter geschwiegen. Nach Angaben des Sender BFMTV kam der Mann zu seinem eigenen Schutz in eine besonders überwachte Einzelzelle. Dort schweige er weiter zu dem blutigen Geschehen. Wie die Staatsanwältin sagte, hätten sich weiterhin keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund ergeben. Der Mann sei psychiatrisch untersucht worden, es habe keine Hinweise auf Wahnvorstellungen gegeben.
Weiterhin deutet einiges auf psychische Probleme bei dem Täter hin. Ein junger Mann, der sich zeitgleich mit dem Täter im Gewahrsam befand, sagte aus, dieser habe geschrien, geweint, auch religiöse Dinge gesagt und sich auf dem Boden gewälzt, berichtete der Sender France Info am Sonntag. Am Samstag weigerte der Täter sich, den Weg zum Ermittlungsrichter anzutreten. Fernsehbildern zeigten, wie Beamte ihn mit einem Krankenstuhl zum Polizeiauto trugen. Die Psychiater sahen ihn aber in der Lage, sich einer Befragung zu unterziehen und die Untersuchungshaft anzutreten. Hinweise auf Alkohol oder Drogen wurden nicht gefunden.
Wie die Staatsanwältin sagte, habe der Mann nach Zeugenaussagen während der Tat von seiner Frau und seiner Tochter gesprochen sowie von Jesus Christus. Der Syrer habe ein Kreuz getragen, bei ihm seien zudem zwei christliche Bilder, Bargeld sowie ein Führerschein gefunden worden. Zuvor hatte es bereits geheissen, der Täter sei ein christlicher Syrer. Ebenfalls gefunden wurde bei ihm ein Klappmesser, die einzige Tatwaffe. Der Mann war nach der Tat auf einem Spielplatz im Park von Annecy von Umstehenden verfolgt und dann von der Polizei überwältigt worden.
Während der Täter schweigt, konzentrieren sich die Fahnder in ihren Ermittlungen jetzt auf seinen Lebensweg und seine Lebensumstände. Wie die Staatsanwältin sagte, floh der Mann 2013 von Syrien nach Schweden, wo er Asyl erhielt und später heiratete. Er hat eine dreijährige Tochter, im vergangenen Jahr trennte er sich von seiner Frau. Im Mai 2022 sei er nach Italien und in die Schweiz gereist und im Herbst nach Frankreich gekommen, wo er Asyl beantragte. Dieses wurde abgelehnt, weil Schweden ihn schon anerkannt hatte. Den abweisenden Bescheid erhielt er vier Tage vor der Tat. In Annecy habe er als Obdachloser in Hauseingängen gelebt, der Polizei lag den Ermittlungen zufolge nichts gegen ihn vor. (saw/sda/dpa)