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Frankreich: Parlament verabschiedet verschärftes Einwanderungsgesetz

Macron bringt Ausländergesetz durch Frankreichs Parlament – mit Hilfe von Rechtsaussen

Frankreich erhält ein verschärftes Ausländergesetz. Emmanuel Macron zahlt dafür einen hohen Preis: Der Präsident der Mitte wird abhängig von den Rechtspopulisten.
21.12.2023, 11:01
Stefan Brändle, Paris / ch media
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French President Emmanuel Macron, right, meets French far-right Rassemblement National (RN) leader and Member of Parliament Marine Le Pen at the Elysee Palace in Paris, France, Tuesday, June 21, 2022. ...
Die Rechtspopulisten Marine Le Pen, hier zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, spielte eine gewichtige Rolle beim Ausarbeiten des neuen französischen Migrationsgesetzes.Bild: keystone

Wie ein Filmstar, der gerade einen Oscar erhalten hat: So trat Marine Le Pen in der Nationalversammlung in das Blitzlichtgewitter. «Wir haben einen ideologischen Sieg errungen», freute sich die Gründerin des Rassemblement National (RN). «Das Prinzip der nationalen Priorität ist endlich anerkannt.»

Die «nationale Priorität» oder «Bevorzugung» (préférence nationale) ist eine vierzig Jahre alte Forderung der französischen Rechtsextremisten. Sie findet Eingang in das neue Ausländerrecht, das die Nationalversammlung am Dienstagabend mit 349 gegen 186 Stimmen genehmigte. So gilt die unentgeltliche Krankenhilfe, von Lepenisten als «Einwanderungsmagnet» bezeichnet, nicht mehr vollumfänglich für Zugewanderte. Sie wird verschärft, wobei die Details erst Anfang des nächsten Jahres bekanntwerden.

Familienhilfe gibt es für Ausländer erst 30 Monate nach ihrer Ankunft, Wohnungszuschüsse frühestens ab drei Monaten. Für die Familiennachführung steigt die Wartefrist von 18 auf 24 Monate.

Riss im Wohnsitzprinzip

Die Linke lief gegen diese «Ungleichbehandlung», wie sie sagte, Sturm. In einer leidenschaftlichen Parlamentsdebatte stimmte sie dramatisch die Marseillaise an, als wäre die Nation in Gefahr. Die Le-Pen- und die konservativen Abgeordneten fielen aber donnernd ein, um sich die Nationalhymne wieder anzueignen. In die aufgewühlte Stimmung rief die Linken-Abgeordnete Mathilde Panot: «Dieses Gesetz entstellt Frankreich!»; sie erinnerte daran, dass das Prinzip der «nationalen Präferenz» auf den Urvater der französischen Rechtsextremen, Jean-Marie Le Pen, 95, zurückgehe.

Das neue Einwanderungsrecht relativiert auch das in Frankreich gültige Wohnsitzprinzip, das die Staatsbürgerschaft - im Unterschied zum vielerorts üblichen Prinzip der familiären Abstammung - an die Geburt im Land knüpft. Dieser Automatismus wird nun durchkreuzt, indem die Jungbürger vor ihrem 18. Altersjahr eine schriftliche Erklärung abgeben müssen, wenn sie Französin oder Franzose werden wollen.

Verschärft wird das Ausländerrecht auch für ausländische Studenten. Um zu verhindern, dass sie nach dem Studium in Frankreich bleiben, müssen sie bei der Zureise eine Kaution entrichten, die sie erst bei der Ausreise wieder erhalten. Das Asylverfahren wird zudem beschleunigt und eingeschränkt. Wer wie viele Nordafrikaner die Doppelbürgerschaft besitzt, verliert nach einem Tötungsdelikt den französischen Pass - was vor allem auf Terroristen gemünzt ist.

Premierministerin Elisabeth Borne bezeichnete das Gesetz am Mittwoch als ausgewogen. Denn zugleich enthalte es auch neue Möglichkeiten der Zuwanderung für ausgebildete Fachkräfte, etwa im Hotel- oder Bausektor. Die ehemalige Sozialistin verwahrte sich auch gegen den Vorwurf, Macrons Mittepartei Renaissance habe das Gesetz nur mithilfe der Lepenisten durchgebracht.

Arithmetisch wäre sie in der Tat nicht auf die Stimmen der Rechtspopulisten angewiesen gewesen, da die konservativen Republikaner das Gesetz geschlossen unterstützen. Die linke Pariser Zeitung «Libération» wirft dem Staatschef dagegen vor, er mache inhaltlich gemeinsame Sache mit Le Pen, die er bisher als seine Hauptgegnerin bezeichnet habe. (aargauerzeitung.ch)

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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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GustiGR
21.12.2023 11:16registriert November 2015
Da sind sie aber recht spät dran...
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dmark
21.12.2023 11:44registriert Juli 2016
Man muss mal endlich damit aufhören in "Kasten zu denken". Es ist in der Politik wichtig Mehrheiten für "seine Sache" zu finden und dabei ist es völlig wurscht, ob da nun irgend welche Linken oder Rechten mitstimmen - weil diese bei der Sache eben eine gleiche oder ähnliche Meinung haben.

Alles andere ist Kindergarten - "Nein, mit denen will ich nicht, weil die Rechts oder Links sind, Mimimi und so ;-)
Falsch - die wurden, aus welchen Gründen auch immer von Bürgern des Landes gewählt, welchem man selbst auch angehört.

Demokratie ist keine Einbahnstrasse, sondern braucht Mehrheiten.
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naturwald
21.12.2023 11:59registriert Oktober 2023
Herr Macron hat dies richtig gemacht, auch wenn es auf Druck der Nationalisten geschieht. Solche Kompromissbereitschaft würde auch andern Länder gut tun, so z.B d er Schweiz..
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