2024 wird ein Superwahljahr: Fast die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Ländern, in denen dieses Jahr gewählt wird. In etwa 30 Staaten wird ein neuer Präsident oder eine neue Präsidentin bestimmt, in rund 20 weiteren die Zusammensetzung des Parlaments.
Die Übersicht über das Wahljahr 2024:
Donald Trump steht noch nicht als Kandidat der Republikaner fest. Doch es gilt als wahrscheinlich, dass der Ex-Präsident trotz mehrerer laufender Strafverfahren am 5. November gegen den amtierenden US-Präsidenten Joe Biden antritt. Es wäre die gleiche Konstellation wie bei der letzten Präsidentschaftswahl. Trump hat seine damalige Niederlage bis heute nicht anerkannt, und seine Lüge von der «gestohlenen Wahl» gipfelte im Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol. Desinformation wird voraussichtlich auch den Wahlkampf 2024 bestimmen – und die Diskussion, ob ein 81-Jähriger und sein dann 78-jähriger mutmasslicher Herausforderer geeignet sind, in ihrem hohen Alter das Land zu regieren.
Wladimir Putin ist seit 23 Jahren in Russland an der Macht. 2020 liess er die Verfassung so ändern, dass er theoretisch bis 2036 Präsident bleiben könnte, womit er Josef Stalin übertrumpfen würde. Erst im Dezember hat Putin seine Kandidatur für die am 17. März stattfindende Wahl offiziell angekündigt, der 71-Jährige will weitere sechs Jahre regieren. Gegenkandidaten muss er dabei kaum fürchten. Vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine wurden die Opposition und die Zivilgesellschaft mundtot gemacht. Die wichtigsten politischen Gegner sind entweder tot, im Exil oder sitzen im Gefängnis – wie Alexej Nawalny, der grösste Feind des Kremls.
Fast eine Milliarde Inder sind aufgerufen, im April und Mai das Parlament der bevölkerungsreichsten Nation der Welt zu wählen. Regierungschef Narendra Modi und seine nationalistische BJP-Partei streben eine dritte Amtszeit an. Modis politische Karriere gründet auf der Unterstützung der mehr als eine Milliarde Hindus. Kritiker werfen ihm vor, Feindseligkeit gegen die muslimische Minderheit zu schüren. Seine Anhänger halten ihm zugute, das Ansehen Indiens in der Welt verbessert zu haben. Obwohl Modi die bürgerlichen Freiheiten in den vergangenen Jahren einschränkte, geht er als klarer Favorit in die Wahl, die sich wegen der Grösse des Landes über mehrere Wochen hinzieht.
Bei der weltweit grössten länderübergreifenden Wahl bestimmen im Juni mehr als 400 Millionen Wahlberechtigte aus 27 EU-Ländern die 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments. Nach dem Sieg der Rechtspopulisten in Italien und den Niederlanden sowie der derzeitigen Einwanderungsdebatte ist die Abstimmung ein Test für die Unterstützung der extremen Rechten auf europäischer Ebene.
Fakt ist: Gut fünf Monate vor der Europawahl im Juni prognostizieren Meinungsumfragen einen deutlichen Rechtsruck bei dem Urnengang. So könnte die rechtspopulistische Fraktion «Identität und Demokratie» Hochrechnungen zufolge die viertstärkste Fraktion werden. Die Machtverhältnisse im Europaparlament könnten sich damit verschieben, progressive Fraktionen fürchten um ihre Mehrheit.
In drei ostdeutschen Bundesländern wird 2024 ein neuer Landtag gewählt: In Sachsen und Thüringen am 1. September, in Brandenburg drei Wochen später am 22. September. Den Umfragen zufolge könnte die rechtspopulistische AfD in allen drei Bundesländern die stärkste Kraft werden.
Im Juni könnte zum ersten Mal eine Frau Präsidentin von Mexiko werden. Das wäre ein starkes Symbol in einem Land, in dem jährlich tausende Frauen ermordet werden. Zwei Frauen werden als Favoritinnen für die Nachfolge von Präsident Andrés Manuel López Obrador gehandelt: die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, von der linken Regierungspartei Morena und die Senatorin Xóchitl Gálvez, die Kandidatin des Oppositionsbündnisses.
18 Monate nach dem Tod von Mahsa Amini finden am 1. März Parlamentswahlen im Iran statt. Der Tod der jungen Kurdin nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei löste monatelange Massendemonstrationen gegen politische und religiöse Führer aus. Der Protest wurde brutal niedergeschlagen, Hunderte wurden getötet und Tausende festgenommen.
Vor der letzten Wahl 2020 waren zahlreiche reformorientierte und gemässigte Kandidaten ausgeschlossen worden, so dass die Iraner nur zwischen Konservativen und Ultrakonservativen entscheiden konnten. (sda/afp)