In Nepal ist überraschend der frühere kommunistische Rebellenführer, Pushpa Kamal Dahal, zum neuen Premierminister ernannt worden. Dies teilte das Büro von Präsidentin Bidhya Devi Bhandari am Sonntag mit. Dahal soll seinen Amtseid voraussichtlich Anfang der Woche ablegen, berichteten lokale Medien. Damit wird der 68-Jährige, der auch unter dem Namen Prachanda («ungestüm») bekannt ist, zum dritten Mal Premierminister des Landes. Dahal habe die Unterstützung von 169 der insgesamt 275 Abgeordneten im Parlament, berichtete die «Kathmandu Post». Formell muss er noch ein Vertrauensvotum im Parlament überstehen, das belegt, dass er dort eine Mehrheit hat.
Die Ernennung Dahals kam überraschend, da seine maoistische CPN-Partei bei den Parlamentswahlen im November nur den dritten Platz erreichte – mit 32 von den 275 Sitzen. Er wird nun von mehreren Parteien und unabhängigen Kandidaten unterstützt. Dies dürfte die politische Instabilität in dem armen Himalaya-Land mit knapp 30 Millionen Einwohnern und häufigen Regierungswechseln verstärken, da er nun eine Vielzahl von unterschiedlichen Partnern zusammenhalten muss.
Dahal stammt aus einer armen Bauernfamilie und arbeitete als Lehrer, bevor er in die Politik ging. Er war ein Anführer im nepalesischen Bürgerkrieg (1996-2006), bei dem die Kommunisten die Monarchie beenden wollten. In dem Krieg starben rund 17 000 Menschen. 2008, zwei Jahre nach Kriegsende, wurde die hinduistische Monarchie abgeschafft. Premier war Dahal in den Jahren 2008 bis 2009 und von 2016 bis 2017.
Nepal gehört laut Vereinten Nationen zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf etwa lag Daten der Weltbank zufolge im vergangenen Jahr nur bei gut 1200 US-Dollar.
In China und Indien – Nepals grosse rivalisierende Nachbarländer – wurde die Wahl aufmerksam verfolgt. Beide Länder haben mit Blick auf Nepal strategische und wirtschaftliche Interessen. China will Projekte im Rahmen seiner Initiative «Neue Seidenstrasse» umsetzen und das Land damit näher an sich binden, etwa mit einer neuen Bahnverbindung über den Himalaya aus dem tibetischen Lhasa in die nepalesische Hauptstadt Kathmandu. Indien hingegen sieht das ebenfalls mehrheitlich hinduistische Nepal traditionell als seinen politischen Hinterhof und strebt eine enge Verflechtung an – wohl auch als Puffer gegen China. (sda/dpa)