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Greta Thunberg

Greta Thunberg: Vom Klimastreik zum Palästina-Aktivismus

epa10972120 Swedish climate activist Greta Thunberg (R) and Sahar Shirzad (L), co-founder of the collective Azadi and winner of the PAX Peace Dove 2023, take part in a march for climate and justice in ...
Greta (r.) in Amsterdam neben der niederländisch-afghanischen Aktivistin Sahar Shirzad, die sich an der Klimademo antisemitisch äusserte.Bild: keystone

Die Greta-Frage: Sag, wie hast du's mit Palästina?

Die weltberühmte Klimaaktivistin Greta Thunberg macht mit ihren Pro-Palästina-Äusserungen Schlagzeilen. Wie sie ihren Fokus verloren hat.
14.11.2023, 20:0615.11.2023, 12:41
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Vergangenen Sonntag trat Greta Thunberg in einer Klimademonstration in Amsterdam als Rednerin auf. Die Organisatorinnen sprachen von 85'000 Teilnehmenden, es war die grösste Klimademo in der Geschichte der Niederlande. Greta nutzte die Gelegenheit allerdings nicht, um übers Klima zu sprechen, sondern um zu Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung aufzurufen.

Einem Klimaaktivisten gefiel das gar nicht: Er entriss ihr das Mikrofon und sprach sich gegen die politische Vereinnahmung der Demonstration aus. Er wurde unter Buhrufen von der Bühne geführt und Greta skandierte weiter Pro-Palästina-Parolen.

Zeit, einen Blick darauf zu werfen, wie sich der Fokus der bekanntesten Klimaaktivisten der Welt von ihrem Kernthema abgewendet hat.

Gretas Werdegang

Greta Thunberg wurde 2018 weltweit bekannt, als sie als 15-Jährige mit einem Schild mit der Aufschrift «Skolstrejk för klimatet» (Schulstreik für das Klima) vor dem Schwedischen Reichstag demonstrierte. Die Medien wurden bereits am ersten Tag auf sie aufmerksam – während etwa drei Wochen demonstrierte sie täglich, danach jeweils am Freitag.

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Die 15-jährige Greta, im November 2018.Bild: EPA/TT NEWS AGENCY

Bald schon schlossen sich ihr Schülerinnen und Schüler in Schweden an und es ging nicht lange, da streikten auch in Australien, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und vielen anderen Ländern freitags Jugendliche fürs Klima. Die Klimabewegung bekam darum den Namen «Fridays for Future» verpasst.

Noch im selben Jahr reiste Greta an den UN-Klimagipfel in Katowice, wo sie Generalsekretär António Guterres traf und im Plenarsaal eine Rede hielt.

Wenig später nahm Greta am WEF in Davos teil. Für viel Aufmerksamkeit sorgte ihre Reise an den UN-Klimagipfel in New York 2019: Sie überquerte den Atlantik mit einer Segelyacht. Danach traf sie Angela Merkel und hielt eine Rede vor den anwesenden Staats- und Regierungschefs.

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Greta bei der Atlantiküberquerung, 2019.Bild: EPA
epa07864221 Greta Thunberg, the 16-years-old climate activist from Sweden, addresses world leaders at the start of the 2019 Climate Action Summit which is being held in advance of the General Debate o ...
Greta Thunberg am UN-Klimagipfel in New York 2019.Bild: EPA

Im selben Jahr traf sie Papst Franziskus, sprach vor dem britischen Parlament und wurde vom «Time»-Magazin zur «Person of the Year» ernannt. Im Januar 2020 hielt sie eine Rede beim WEF in Davos.

[strong]2019: Greta Thunberg, Klima-Aktivistin[/strong]
Greta Thunberg, Person des Jahres 2019.Bild: zvg

Dann kam Corona und Greta war auf einen Schlag nicht mehr in den Medien präsent.

Greta und der Nahostkonflikt

Vereinzelte Palästinafahnen sah man auf den Klima-Demos seit Längerem. Greta selbst fiel 2021 erstmals mit Pro-Palästina-Tweets auf. Sie teilte auf Twitter Beiträge der kanadischen Aktivistin Naomi Klein, die sich für einen umfassenden Boykott Israels einsetzt. Auch damals gab es Kritik, auf die Greta reagierte, indem sie betonte, sie sei weder gegen Israel noch gegen Palästina, jedoch gegen jede Form von Gewalt und Unterdrückung.

Nach Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel im Oktober 2023 teilte sie auf Instagram in einer Story einen Post von «Palästina Spricht», der zu einem globalen Streik aufrief und Israel vorwarf, einen Genozid zu begehen. Westlichen Staaten wurde dabei repressiver Terror gegenüber allen, die sich mit Palästina solidarisch zeigen, vorgeworfen.

Am 20. Oktober teilte sie ein Foto, mit dem sie dazu aufrief, sich mit Gaza zu solidarisieren. Im gleichen Beitrag empfiehlt sie verschiedene Accounts – darunter sind auch solche, die den Hamas-Terror verharmlosen oder sogar feiern. Au-sserdem machte sie das Anliegen zum Thema ihres «Streiks» an diesem Tag und verdrängte damit bewusst und aus eigenem Entscheid den Klimawandel als Thema.

Am 27. Oktober teilte sie auf der Plattform X ein Foto von einem Klimastreik, auf dem sie ein Schild hält, das «Gerechtigkeit für Palästina» fordert. Ihre Mitstreiterinnen sind mit Transparenten und Schildern mit ähnlichen Botschaften vertreten, auf einem Schild steht: «Stoppt den Genozid.»

An der Klima-Demo am vergangenen Sonntag skandierten Thunberg und andere: «No climate justice on occupied land», «keine Klimagerechtigkeit auf besetztem Land». An Gretas Seite war stets Sahar Shirzad, die Israel des Genozids an den Palästinensern beschuldigt.

Bis dato hat sich Greta zwar in Reaktionen gerechtfertigt und vom Hamas-Terror distanziert. Viele werfen ihr jedoch vor, dass sie sich aus eigener Initiative nur pro Palästina äussert und nie die Freilassung der israelischen Hamas-Geiseln fordert.

Für den Antisemitismus-Beauftragten des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg ist der Fall darum klar: Ob bewusst oder unbewusst, Gretas Palästina-Aktivismus sei antisemitisch.

Die Klimabewegung sieht sich also mit der neuen Positionierung von Greta konfrontiert – und gerade in Deutschland ist die Sensibilität für judenfeindliche Aussagen aus historischen Gründen besonders gross. Das Aushängeschild der deutschen «Fridays for Future»-Bewegung, Luisa Neubauer, wurde öffentlich aufgefordert, mit Greta zu brechen.

Diesen Schritt hat die «Fridays for Future»-Bewegung bislang weder in Deutschland noch in der Schweiz getan.

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Greta Thunberg und das Schiff
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Greta Thunberg und das Schiff
Greta Thunberg posiert in Plymouth vor der Abfahrt auf der Hochseejacht "Malizia II".
quelle: ap / kirsty wigglesworth
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Greta Thunberg sticht in See
Video: srf
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200 Kommentare
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Der Micha
14.11.2023 20:17registriert Februar 2021
Man kann den Umgang der israelischen Politik gegenüber der Palästinensas kritisieren, ohne den Terrorismus zu ignorieren oder zu verharmlosen.

Das Eine sollte man niemals mit dem Anderen relativieren.

Dies ist meine Meinung.
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Hyper80
14.11.2023 20:23registriert Juni 2020
Uff. Greta wurde über Jahre durch ihre Klimabewegung getragen. Zu recht. Greta war das Gesicht der Demonstrationen. Mit ihrer Aussage zum Krieg spaltet sie die Meinung vieler. Dies während einer Demo fürs Klima anzusprechen war nicht schlau von ihr.
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wurzeli
14.11.2023 21:14registriert April 2020
Im Marketing nennt man sowas Markenverwässerung. Darauf folgt die mangelnde Identifikation und Wertminderung einer Marke. Das sieht man nun bei Thunberg in Echtzeit.
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